Aber auch die Woche ohne Training verging und am Montag stand ich schon wieder am Eis. Jem war zwar sehr vorsichtig, machte Übungen mit mir und zwang mich dazu lange zu dehnen, was aber kein Problem war, weil ich in der letzten Woche so viel gedehnt hatte, dass ich ganz einfach wieder in den Spagat rutschte. Doch solange ich mich wieder auf der Eisfläche bewegen konnte, mich drehen und springen und den Gegenwind spüren konnte, war mir eigentlich alles recht.
„Bist du sicher, dass es noch geht? Wenn etwas weh tut, musst du es nur sagen und wir hören auf.", sagte James bestimmt schon zum neunten Mal. Ich nickte nur und schenkte ihm ein breites Lächeln. Es war zwar aufgesetzt, aber das musste er ja nicht wissen. Wenn ich ihn heute nochmal fragen hörte, ob es mir eh gut ging, würde ich wahrscheinlich kotzen.
Klar, er machte sich nur Sorgen und ich war froh, dass er mich ernst nahm, aber es begann mittlerweile echt zu nerven. Außerdem begann mein Knie langsam weh zu tun und ich wollte noch nicht aufhören. Wir trainierten erst seit drei Stunden und die Eishalle hatte noch zwei Stunden offen, die ich unbedingt nutzen wollte. Trotzdem wusste ich, dass ich es nicht jetzt schon übertreiben durfte, sonst würde James mein Training gleich wieder streichen und noch eine Woche ohne Eislaufen würde ich beim besten Willen nicht aushalten.Mittlerweile begann sich die Eishalle langsam zu leeren, es ertönten nur noch vereinzelte Kinderschreie, dafür hörte man immer mehr Eltern nach ihren Kindern rufen, dass sie endlich gehen wollten. Bald würde ich die ganze Fläche für mich alleine haben - naja, James war auch noch am Eis, aber er stand nur am Rand oder lief neben mir her, um mich aus anderen Winkeln zu sehen oder um mich auszubessern. Auch die Bänke auf der Tribüne waren in der Zwischenzeit fast ganz leer geworden - einerseits weil die Leute weg waren, andererseits da diese ihre ganzen unnötigen Sachen mitgenommen hatten - außer einem jungen Mann, der ungefähr in James' Alter war und mich unverwandt anstarrte. Ich war mir aber nicht ganz sicher, weil ich mich während ich meine Kür tanzte nicht unbedingt auf eine Stelle fokussieren konnte. Außerdem konnte es mir egal sein, normalerweise ließ ich mich auch nicht von Fans oder Hatern ablenken.
So verging die nächste halbe Stunde: ich versuchte mich auf mein Training zu konzentrieren. James half mir, änderte noch ein paar Dinge bei der Choreografie und ließ es mich immer wieder wiederholen.
„Nein, stopp. So passt das doch irgendwie nicht.", meinte James und unterbrach mich nun schon zum dritten Mal. Genervt kam ich vor ihm zum Stehen.
„Was war es diesmal? Ich hab' doch alles so gemacht, wie du es wolltest.", fragte ich und versuchte dabei nicht ganz so böse auszuschauen.
„Ja, ich weiß und es tut mir auch leid. Aber ich glaube es liegt am Ablauf. Das ist noch nicht ganz flüssig.", erklärte er schulterzuckend. Jetzt musste ich mich wirklich zusammenreißen nicht auszuflippen. Wie sollte ich mir den Blödsinn denn merken, wenn er alle zwei Minuten geändert wurde?„Wie wäre es, wenn wir da einen vierfachen Toeloop einbauen?", fragte mein Trainer mit einem breiten Grinsen.
Ich betrachtete ihn nur mit großen Augen. Dann explodierte ich: „Einen Vierfachen?! Ich bin ja schon stolz, wenn es mich beim Dreifachen nicht auf die Fresse haut. Wie soll ich denn einen vierfachen Toeloop springen? Ich habe den erst ein einziges Mal geschafft und dann nie wieder. Beim Wettkampf ist das ein viel zu großes Risiko!"Doch James begann nur zu lachen. Perplex starrte ich ihn an. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, würde ich meinen, dass er eingewiesen gehört....
„Wenn du es eh schon einmal geschafft hast, kannst du es sicher bald perfekt - jetzt wo du mich als deinen Trainer hast."
Nun war ich diejenige, die zu lachen begann. „Und wir beginnen zuerst natürlich mit dem Dreifachen und wenn es dir dann beim Wettbewerb ein zu großes Risiko ist, entscheidest du dich eben kurzfristig um. Das ist doch kein Problem. Es würde eben gute Punkte bringen. Punkte, die du brauchen wirst, wenn du zur Weltmeisterschaft und dann zur Olympiade willst!"
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Jump Until It Feels Like Flying
Teen FictionThey say that no matter how old you become, when you are with your siblings, you revert back to childhood. - Karen White Alles, was Kelsea je wollte, war mit ihrem Vater an der Seite bei den olympischen Spielen im Eiskunstlauf anzutreten. Doch diese...