T W E N T Y S E V E N

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Nervös zupfte ich an meinem kurzen Kürkleid. Ich hatte diese Dinger schon immer geliebt, denn sie schmiegten sich so schön an die Haut an und der Rock wurde bei Drehungen hochgewirbelt. Trotzdem sah man meine Unterwäsche nicht, weil es einen Body eingenäht hatte.
Aber jetzt, neben Caleb, war ich mir plötzlich sehr bewusst, wie eng das Kleid war. Auch er trug Eiskunstlaufkleidung und sah verdammt gut darin aus. Obwohl es echt gewöhnungsbedürftig war, ihn in diesem Outfit zu sehen.

Doch wenigstens lenkte mich das davon ab, über den Wettbewerb zu stressen. Zwar hatten wir in den letzten Wochen ein paar kleine Wettbewerbe gehabt, aber heute war wichtiger. Wenn wir heute weiterkommen würden, wären wir zu den Staatsmeisterschaften zugelassen und dann wäre es nur noch die Landesmeisterschaften um die Jury dazu zu bringen in den Kader aufgenommen zu werden und nun bekam ich doch Panik. Nur die fünf besten von heute würden weiterkommen. Wie sollten wir das nur schaffen?

James stand neben uns und fuhr sich alle zwei Sekunden durch die Haare. Zwar versuchte er uns weiszumachen gelassen zu sein, aber diese Geste sagte genug. Damon war der einzige, der halbwegs ruhig war. Er machte sich aber Sorgen um mein Knie und hatte mir mindestens zwanzig Mal gesagt, dass ich es nicht übertreiben solle. Calebs Art sich zu beruhigen mochte ich am liebsten. Er hatte nämlich begonnen meinen Arm auf und abzustreichen und irgendwie half auch mir das mich zu beruhigen.

Das Kurzprogramm hatten wir wirklich gut hinbekommen, aber es war meistens schwierig eine gute Kür zu zeigen, wenn das Kurzprogramm gut war, weil man dann nicht mehr konzentriert war. Deshalb war ich noch nervöser.

Der Kommentator rief uns auf. Die Scheinwerfer wurden gedimmt. Das Publikum wurde leise. Damon und Jem klopften uns auf die Schultern, wünschten uns Glück. Dann betraten wir nebeneinander das Eis.

Gemeinsam gingen wir in Position. Ein Scheinwerfer ging an, zeigte genau auf uns. Aufgeregt sah ich zu Caleb. Unsere Blicke trafen sich kurz und ich spürte seine Hand besänftigend an meinem Rücken. Dann begann auch schon die Musik und ich ließ mich einfach davontreiben.

Jem war die letzten Trainingseinheiten so angespannt gewesen, dass es unmöglich war, jetzt die Choreografie zu vergessen. Ohne wirklich darüber nachzudenken lief ich über das Eis, drehte mich und sprang. Doch dann kam die erste gemeinsame Figur und ich spannte mich automatisch an. Aber sobald ich Caleb sah, beruhigte ich mich wieder. Er würde mich nicht fallen lassen – das hatte er noch nie getan und tatsächlich: es funktionierte.

Die Figur war perfekt, genauso wie die nächste und die darauf. Wir waren beide voll und ganz in unserem Element. Es war, als hätten wir endlich unseren gemeinsamen Rhythmus gefunden und ich genoss jede Sekunde.
Das Lied fand langsam sein Ende und so auch unsere Kür. Schließlich fanden wir uns in unserer Schlusspose ein. Ich strahlte übers ganze Gesicht. Wir hatten es geschafft!
Aber gleichzeitig war ich auch etwas traurig, dass wir nicht einfach weiterlaufen konnten.

Langsam drangen die Geräusche, die ich während unserer Performance ausgeblendet hatte, wieder zu mir durch: der tosende Beifall der Zuschauer, der Kommentator, der sagte, dass wir auf Höchstform waren und Calebs leise Stimme, die mir zuflüsterte, dass wir es geschafft hatten.
Lächelnd gingen wir vom Eis und wurden sofort von James und Damon umarmt. Auch wenn er kein Trainer war, verhielt sich Damon immer mehr wie einer, was ich echt lustig fand.
„Ihr wart gut. Ihr wart gut."; murmelte er immer wieder vor sich her.

Trotzdem war die Spannung noch nicht zu Ende. Denn erst jetzt würden die Punktrichter unseren Lauf bewerten. Ich versuchte eine gelassene Miene aufzusetzen. Meine Konkurrenten sollten nicht wissen, wie nervös ich war. Dennoch konnte man mir meine Gefühle an den Händen, die ich zusammenquetschte bis meine Köchel weiß anliefen, ansehen.
James begann auch gleich zu rechnen.
„Ihr wart eines der letzten Paare, deshalb müsst ihr bei den Wertungen nur über 37 bleiben. Das könnte sich ausgehen. Naja, Kelsea, deine Bielmann-Pirouette war nicht perfekt. Du warst ein bisschen schief und auch von dir Caleb hätte ich mir bei den Drehungen mehr Haltung gewünscht. Aber daran können wir arbeiten.", zählte er sofort seine Beobachtungen auf.

Jump Until It Feels Like FlyingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt