XII

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Ich würde mich erholen. Schließlich hatte ich bereits genug durchgemacht, um nicht an soetwas unbedeutendem zu zerbrechen. Außerdem war ja nichts passiert. Es war fast etwas passiert, aber eben nur fast.

Theodore hatte mich zu meinem Zimmer gebracht. Er kannte sich offenichtlich im Palace aus, und er sorgte dafür, dass uns niemand über den Weg lief. Und er tat sein Bestes, damit ich am nächsten Tag so wenig arbeiten musste wie möglich, und die Schicht, die ich heute Abend übernehmen musste, hatte er extra dorthin versetzt, wo ich bestimmt niemandem begegnen würde: In den Weinkeller. Ich hatte nichts dagegen. Er hatte ihn als gemütlich und Still beschrieben, und mir war nicht danach, irgendjemanden zu sehen. Theodore hatte mich gefragt, ob ich wollte, dass er seinen Eltern berichtete, was Maxwell getan hatte, doch ich hatte seinen Vorschlag abgelehnt. Ich wollte nicht in irgendwelche Dramen verwickelt werden, und irgendwie trug ich doch auch ein bisschen Mitschuld, oder? Schließlich hatte ich alle Warnsignale übersehen. Das einzige, was ich wollte, war ihn nie wieder zu sehen. Wenn das passierte, würde ich womöglich meine Balance verlieren.

Ich machte die Nacht kein Auge zu, nichtmal die Hypnose half, und ich war froh, dass ich erst Abends arbeiten musste. Mein Bett würde ich bis dahin wahrscheinlich nicht verlassen. Ich würde mein Bett wahrscheinlich garnicht verlassen, wenn es nicht für die Arbeit wäre.

Theodore brachte mir mein Frühstück und mein Mittagessen, obwohl er sicher besseres zu tun hatte, als sich um mich zu kümmern. Mein Verhalten war wirlklich kindisch. Ich verschwendete seine wertvolle Zeit, nur weil ich nicht wollte, dass irgendjemand anderes um mich kümmerte, und notwendigerweise erfuhr, was geschehen war. Theodore hatte diese Möglichkeit zwar nie erwähnt, doch ich war mir sicher, dass sie auch ihm durch den Kopf gegangen war. Wenigstens geb er sich Mühe, sich nicht anmerken zu lessen, wie sehr ich ihm zur Last fiel.

Irgendwie wirkte seine anwesenheit seltsam beruhigend auf mich. Es gab immerhin nur zwei Möglichkeiten: Er oder die Einsamkeit. Andere Leute hatte ich seit Gestern nicht mehr gesehen. Gegenüber allen Männern hatte ich jetzt dieses seltsame Misstrauen, als hätte jeder die Absicht, mir etwas anzutun, und meine Freunde wollte ich auch nicht sehen. Jessica und Amy hätten bestimmt versucht, mich aufzumuntern, mit ihrer fröhlichen Art, doch das konnte ich gerade gar nicht gebrauchen. Ich trauerte ja nicht. Ich fühlte mich nur geistig erschöpft und verwirrt, als wäre mein ganzes Weltbild eine Täuschung gewesen. Ich bräuchte nur ein paar Stunden, um wieder Ordnung in mein Bewusstsein zu bringen. Vielleicht wäre es eine gute Idee gewesen Shion einzuladen, doch sie arbeitete vermutlich, und außerdem wollte ich auch nicht, dass sie es wusste. Sie war ziemlich undurchsichtig, und ich wusste nicht, wie sie darauf reagieren würde.

Also für heute nur Theodore.

"Bist du nicht beschäfitgt?", fragte ich ihn, als er mir mein Mittagessen gebracht, und sich anschleißend auf das Fußende meines Bettes gesetzt hatte. Die Stille war zwar keine uangenehme gewesen, doch meine Gadanken hatten begonnen zu wandern, und daran wollte ich sie lieber hindern.

Er sah mich verwirrt an. "Warum?"

"Naja, es ist nicht so, als ob ich dich loswerden will, ich frage mich nur weil du der Prinz bist", erklärte ich leise.

"Nur weil ich der Prinz bin, kann ich also nicht zu Mittag essen?"

"Tut mir leid, dumme Frage", sagte ich verunsichert und senkte den Blick. Er wollte nicht hier sein, das merkte ich. Doch ich wollte, dass er blieb. Gleichzeitig wollte ich ihm aber nicht unangenehm sein. Aber warum war er noch hier, zehn Minuten nachdem er mir mein Essen gegeben hatte? Er aß nichteinmal selbst, er saß nur da, den Blick scheinbar auf die Wand gerichtet.

"Nein, ich habe das als Spaß gemeint", sagte er schnell und drehte sich zu mir. "Ich habe heute nichts zu tun. Andrew ist ziemlich beschäftigt, aber ich habe in dieser Woche bereits genug getan"

Servant of the RoyalsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt