XVIII

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Annie war eine herzliche, etwas fülligere Afro-Britin, wie ich herausfand. Sie war eine der Köchinnen hier, so lange schon, dass sie einst eine Kollegin meines Vaters gewesen war. Sie freute sich, als ich ihr von ihm erzählte, und meinte ich könnte jederzeit vorbeikommen, wenn ich etwas bräuchte. Ich wusste nicht, was genau das sein sollte, aber ich versprach ihr trotzdem dass ich auf jeden Fall wiederkommen würde.

Anschließend ging ich nach draußen und wartete auf Shion. Die frische Luft tat gut, ich war schon seit Tagen fast ununterbrochen nur in stickigen Zimmern gesessen. Je mehr ich hier mit Shion draußen war, desto besser varstand ich ihre Obsession mit der Natur. Die Pflanzen hatten etwas tröstliches, genau wie Shion selbst. Obwohl ich eben vorhin noch geschworen hatte, es sei nichts, merkte uhh nun dennoch, dass mich etwas bedrückte.

Ich erzählte Shion von dem Ball und den Ereignissen, die darauf gefolgt waren und mich dahin geführt hatten, wo ich nun war. Den echten Auslöser modifizierte ich aber ein wenig, da es sich nicht richtig anfühlte, ihr zu erzählen, dass Maxwell zudringlich geworden war. Statt dessen tat ich einnfach so, als wäre ich nur zufällig in den Keller gechickt worden.

Shion redete mir ein, dass ich die Wohnung sehr wohl verdient hatte, als ich ihr von meinen Zweifeln erzählte. Sie wusste ja auch nicht, dass ich sie nur aufgrund von Theodores Schuldgefühlen bekommen hatte. Trotzdem fühlte ich mich danach ein bisschen besser, und schlug sogar vor, den nächsten Filmeabend bei mir abzuhalten. Ein bisschen Gesellschaft konnte ich gut brauchen, außerdem würden sicher alle die Wohnung sehen wollen.

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"Guten Morgen", sagte Andrew, der am nächsten Tag gut gelaunt vor meiner Türe stand. Es war kurz nach zehn, und ich war bereits seit sieben Uhr fertig angezogen und wartete auf Aufgaben. Ich wollte auf keinen Fall enttäuschen, und ich hatte ja nicht gewusst, wann sie mich brauchen würden, deshalb war ich mal auf Nummer sicher gegangen. Das Outfit hatte ein weiteres Problem dargestellt. In Theorie hätte ich ja gewusst, was ich angezogen hätte. Da Theodore immer in einer Hemd, Hose und Weste-Combo rumlief, wollte ich mich auch eher formell kleiden. Eine Hose und eine Bluse. Das Problem war nur, dass ich keine einzige Hose besaß, die keine Jeans war. Nichteinmal eine schwarze Jeans hatte ich. Mein letzter ausweg war ein Bleistiftrock gewesen, den ich nur für den absoluten Notfall eingepackt hatte, denn er machte es mir ziemlich schwer normal zu gehen. Und den hatte ich jetzt zusammen mit einer weißen Bluse und den schwarzen Pumps meiner Putz-Uniform an.

"Guten Morgen", wiederholte ich, weil mir nichts besseres einfliel und er grinste.

"Bereit für deinen ersten Tag?"

Ich nickte so selbstbewusst, wie ich konnnte. "Auf jeden Fall"

"Gut", sagte er, und sein Blick fiel für den Bruchteil einer Sekunde auf meinen Rock. "Heute gibt's aber leider nichts so Spannendes. Du musst mir nur helfen, ein paar Briefe zu sortieren"

Briefe sortieren. Das bekam ich hin. Und es hörte sich auch nicht danach an, als müsste ich sonderlich viel herumlaufen.

"Genau die Art von Spannung, die ich brauche", erwiederte ich.

"Gut, dann komm mit", sagte er, während ich meine Tür hinter mir schloss. Er ging mit wenigen Schritten zu seiner eigenen Wohnungstür und öffnete diese galant, damit ich eintreten konnte. Ich fand mich in einem ziemlich großen quadratischen Wohnzimmer wieder, das um längen imposanter war als das meine. Die Wände waren in einem royalen Rot gestrichen, vor ihnen standen wie in den Gängen kleine Tische mit Blumen oder Ähnlichem und von der mit Gold verzierten Decke hing ein ebenfalls goldener Kronleuchter. Direkt darunter standen sich zwei rote, mit -überraschung- Gold verziehrte Sofas gegenüber, an der Wand daneben ein großer Kamin. Ich konnte insgesamt sechs Türen zählen: Die Eingangstür, zwei Türen links und rechts vom Kamin, zwei auf der rechten und eine auf der linken Seite des Raumes.

Servant of the RoyalsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt