XIX

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Seine Cousine. Das hieß sie konnte nicht sein Lover sein, oder? Beim Adel konnte man ja nie wissen.

"Warum schaust du so komisch?", fragte Andrew.

Ups. Themawechsel. "Andere Frage: Warum sind die Briefe nicht abgestempelt?"

Andrew zuckte mit den Schultern und setzte gerade zu einer Antwort an, da klingelte das Telefon, das scheinbar auf seinem Schreibtisch stand.

"Entschuldige mich bitte" Er stand auf und hob ab, und ich wusste nicht ob ich den Raum verlassen sollte. Wahrscheinlich nicht, oder? Ich sollte ja eigentlich die Briefe sortieren, also konzentrierte ich mich einfach darauf, und hörte dem Telefonat einfach nicht zu. Ein Paar genervte Seufzer und das ein oder andere "Ich will das aber nicht tun" konnte ich aber nicht ausblenden. Meine volle Aufmerksamkeit erlangte er wieder, als er den Hörer unsanft auflegte und sich wieder neben mich setzte. Ich tat nichts außer ihn fragend anzusehen.

"Denkst du wir schreiben uns per Post? Denkst du, dass wenn irgendein Briefträger einen Brief von mir in der Hand halten würde, er ihn nicht unterschlagen, und für viel Geld an die Presse verkaufen würde? Unsere Telefonleitungen werden regelmäßig angezapft! Sobald ich das Grundstück verlasse, bekomme ich Gesellschaft von mindestens zwanzig Menschen mit Fotoapparaten, die so gut wie keine Empathie besitzen!", er fuhr sich unsanft mit der Hand durchs braune Haar. Entweder hatte ich vorhin mit diesem Thema einen Nerv getroffen, oder das Telefonat war eher ungünstig abgelaufen. Wahrscheinlich beides. "Selbst wenn wir falsche Namen und ein Postfach verwenden finden sie es heraus. Deshalb haben wir einfach immer einen Butler hin und her geschickt. Die bekommen zu viel bezahlt, um untreu zu werden. Aber so ist es eben; man kann Menschen nur vertrauen, wenn man der höchste Bieter ist"

Ich schwieg. Ich wollte nicht noch mehr Schaden anrichten. Es schien ihm nicht sonderlich leicht zu fallen, adelig zu sein. Vielleicht war das der Grund, aus dem er sich fast nie in der Öffentlichkeit zeigte. Er konnte den ganzen Rummel um sich nicht ausstehen und genauso wenig die Menschen, die ihn verursachten.

"Tut mir Leid", sagte er und vergrub das Gesicht in seinen Händen.

"Ich wollte auch immer frei sein", sagte ich und Andrew hob seinen Blick. "Ich wollte nicht nur als Stütze für meinen Dad leben. Ich wollte mein eigener Mensch sein" Ich spürte wie mir die Tränen in die Augen stiegen. Gott, ich war ja so erbärmlich, ich konnte nicht mal über das Thema sprechen. Ich drehte meinen Kopf zur Seite, damit Andrew nicht sah wie ich mir über die Augen wischte.

"Weinst du?" Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter.

Dann schüttelte ich den Kopf. "Nein", sagte ich bestimmt. Ich hatte schon genug wegen meines Vaters und um meine Mutter geweint. Jetzt war nicht die Zeit, und die Zeit wurde auch nie wieder kommen.

"Hey", sagte Andrew sanft, und hob mein Kinn sachte an, sodass ich gezwungen war, meinen Blick vom Boden zu heben. Seine grünen Augen schienen mir tief in die Seele zu sehen, und ich fühlte mich gleichzeitig so völlig ausgeliefert und so sicher. Aber diese Verbindung war nicht einseitig; auch ich konnte etwas in ihnen lesen, es aber nicht zuordnen.

Andrew war mir plötzlich so nah, dass der Raum um uns nicht mehr zu existieren schien. Wir waren wie zwei Magneten, je näher wir uns kamen, desto stärker wurde die Anziehungskraft, mit jeder Sekunde. Aber die Vernunft hielt dagegen. Mein verschwommener Blick fiel kurz auf seine Lippen, seiner wanderte über mein Gesicht.

Und dann klopfte es. Wir zuckten auseinander.

"Ja?", rief Andrew, der aufgesprungen war und sein dunkelblaues Hemd glatt strich.

William trat mit einer Kiste in den Händen in den Raum und ich fragte mich, ob ich träumte. Als er mich sah, lächelte er nur leicht verwirrt.

"Hier sind die restlichen Briefe, die Sie wollten. Wohin soll ich sie stellen? ", fragte er und Andrew deutete vage in meine Richtung. "Brauchen Sie noch etwas?"

Servant of the RoyalsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt