Kapitel 1

15.4K 374 399
                                    


Elisha

𝗧𝗿𝗶𝗴𝗴𝗲𝗿𝘄𝗮𝗿𝗻𝘂𝗻𝗴 𝗩𝗪

Stumm seufzend wandern meine zitternden Finger in meine Jackentasche, bevor ich meine Nase an meinen dicken Schal schmiege und mich danach forschend nach Melina, meiner besten Freundin, umschaue und sie auch direkt erblicke, denn sie hüpft wie eine Verrückte auf einer Stelle herum, während sie mit ihrem Arm zu mir herüber winkt. Wahrscheinlich möchte sie mich anhand dieser komischen Geste zu sich bitten, ich jedoch stelle mich dumm und ignoriere sie und grinse amüsiert vor mich hin, da ich sehe, wie Mitglieder aus unserem Rudel sie amüsiert beobachten, was sie aber nicht weiter stört.

Eher durchlöchert sie mich durch vor Wut funkelnden Augen, was ich bemerke, als ich unauffällig zu ihr rüber schiele. Gespielt uninteressiert drehe ich ihr nun den Rücken zu und steuere in Richtung Ausgang, denn mein Körper schreit förmlich nach meinem Bett, weswegen ich mich auch etwas beeile. Dennoch spüre ich Melinas durchlöchernden Blick auf mir und ehe ich den Ausgang erreicht habe, steht sie auch schon vor mir und verschränkt ihre Arme vor ihrer Brust.
»Was fällt dir ein mich zu ignorieren, du dumme Kuh?!«, schimpft sie mich an, jedoch sehe ich, wie sie sich ein Grinsen verkneifen muss, weshalb ich nur mit meinen Schultern zucke und meinen Weg, nun mit Melina, fortsetze.

Schade, ich hatte eigentlich gedacht, dass ich sie für paar Minuten loswerden würde. Sie aber beachtet meine schlechte Laune nicht und seufzt nur kurz auf, schüttelt ihren Kopf, bevor sie anfängt zu reden. »Naja ist ja jetzt auch egal. Ich wollte dir nur sagen, dass wir shoppen gehen müssen. Morgen ist der 18. Geburtstag des König und er feiert ihn hier, da sein Onkel hier wohnt. Ist das nicht toll? Vielleicht ist einer von uns beiden seine Mate, das werden wir aber leider erst übermorgen erfahren, also falls das der Fall sein sollte, müssen wir gut aussehen!«, quasselt sie mich voll und nimmt am Ende hin einen trauernden Ton an, wird wenige Sekunden danach aber wieder euphorisch.

Tief ausatmend nicke ich nur geistesabwesend. Bei allem Respekt, aber der Alpha interessiert mich nicht wirklich, schließlich ist er bloß ein Wolf wie jeder andere, nur dass er viel mehr Macht hat und wahrscheinlich zehn Mal stärker ist, als andere Werwölfe. Und überhaupt — warum sollte ich genau ihn als meinen Mate wollen? Solange ich meinen Seelenverwandten finde ist mir egal, welchen Rang er oder sie besitzt. Für Melina würde ich mich natürlich freuen, sie wollte schon immer einen Alpha an ihrer Seite haben und dass gleich ein König mit Alpha Rang hier auftaucht ist ein wahr gewordener Traum für sie.

»Ich muss jetzt aber echt los, sonst muss ich noch ne' Stunde nachsitzen und eine halbe ist schon zu viel mit dieser alten Schabracke«, mit diesen Worten verabschiedet sie sich von mir und drückt mir schnell einen Kuss auf die Wange, was mir ein kleines Lächeln entlockt. Da ich ihr nicht antworten kann, weil Melina keine Gebärdensprache beherrscht, forme ich meinen Mund zu einem Kussmund und sende ihr Luftküsse zu, während sie wieder in Richtung Schule läuft, um dort ihre Strafe abzusitzen. Sie muss nachsitzen, da sie einen Lehrer angeknurrt hat und das in der Öffentlichkeit strengsten untersagt ist, schließlich wissen Menschen nichts von unserer Existenz. Zwar sind alle Lehrer auf meiner Schule Werwölfe, doch nicht alle Schüler gehören unserer Spezies an.

Müde werfe ich ihr noch einen letzten Blick zu, gehe dann aber weiter und bleibe wenige Meter an einer Ampel stehen, die mir so verhasst ist, dass ich gar nicht erst wage mich ihr noch weiter zu nähren, stattdessen biege ich ab und nehme meine geliebte Abkürzung, die mir schon einiges an Nerven und Zeit erspart hat. Eigentlich nehme ich diesen Weg nur, wenn Melina mich begleitet, da er eher einer Gasse ähnelt und sich hier nicht viele Leute rumtreiben. Vielleicht manchmal vereinzelte gehetzte Menschen, doch das auch nur selten, denn diese Ecke hier stinkt wirklich fürchterlich. Doch solange ich schnell Nachhause komme nehme ich diesen Gestank auf mich.

Entschlossen betrete ich die Menschenleere Gasse und bereue es bereits nach wenigen Sekunden, denn auch, wenn es nicht dunkel ist, jagt sie mir eine Menge an Angst ein. Vielleicht sollte ich doch umdrehen und..nein, jetzt bin ich schon hier und mit Melina an meiner Seite ist mir auch noch nie etwas passiert, warum also jetzt? Trotz meiner innerlichen Rede, die mir eigentlich Mut machen sollte, beiße ich mir wie ein Angsthase auf meine Lippen, als ich Schritte hinter mir ertönen höre. Unnötigerweise umgreife ich die Träger meines Rucksacks etwas fester, wobei ich ihn gleichzeitig enger an mir presse. Warum muss ich nur so ein Angsthase sein? Es ist einfach nur jemand, der sich wie ich es getan habe, dazu entschieden hat seine kostbare Zeit nicht an einer Ampel zu verschwenden.

Doch auch meine überzeugenden Worte scheinen nicht zu helfen, denn in mir breitet sich ein ungutes Gefühl aus, als die Schritte immer näher kommen. Ich hätte vermutlich doch lieber diese verdammten zehn Minuten verschwenden sollen. Reflexartig verschnellere ich meine Schritte, da ich auf mein Bauchgefühl höre, dass die starke Präsenz hinter mir nichts gutes bedeutet.

𝗧𝗿𝗶𝗴𝗴𝗲𝗿𝘄𝗮𝗿𝗻𝘂𝗻𝗴 𝗩𝗪

»Bleib stehen!«, ertönt eine betrunkene, tiefe und dazu noch angsteinflößende Stimme hinter mir, weswegen ich augenblicklich stoppe und meine Augen weit auf reiße. Ich muss stehen bleiben, dieser jemand ist ein Werwolf und hat einen deutlich höheren Rang als ich. Unsicher bleibe ich stehen, hoffe innerlich, dass er mich bloß ausraubt und mich dann gehen lässt, aber nachdem er mich zu sich gedreht hat, presst er mich unsanft gegen die dreckige, feuchte Wand.

Giftige grüne Augen, welche mich an das Gift einer Schlange erinnern, blicken mich gierig an. »Was macht ein schönes Mädchen, wie du es bist, hier ganz alleine?«, eine Antwort erwartet er nicht, die könnte ich ihn sowieso nicht geben. Und als der betrunkene Werwolf unerwartet mein Rucksack von meinen Schultern reißt, mir meine Jacke mitsamt Schal vom Leib zieht und mein Shirt dann zu Boden reißt, verfalle ich in eine Schockstarre. Es sind nur wenige Sekunden in den ich mich in dieser Starre befinde, ehe mein Verstand einsetzt und mich eine Flut von Panik überfährt und ich versuche mich aus seinem Griff zu lösen — erfolglos, denn er ist viel stärker als ich. Ich möchte instinktiv nach Hilfe schreie, doch ich kann nicht, schließlich bin ich stumm und ich habe mich dafür noch nie so sehr gehasst, wie jetzt gerade. Innerlich fluchend rannen mir Tränen die Wangen runter, die sich innerhalb kurzer Zeit gebildet haben.

Der Wolf verteilt leichte Küsse auf meinen Hals, weshalb eine Schicht von Ekel mich überzieht. Weinend versuche ich ihn mehrmals von mir zustoßen, doch vor allem unser Größen und Stärken Unterschied macht es mir schwerer. Nach paar weiteren Sekunden, indem er nur seine Lippen auf meine Haut gelegt hatte, bin ich meine Hose auch los. Völlig wirr versuche ich sie hochzuziehen, der Wolf jedoch macht mir einen Strich durch die Rechnung und entzieht mir meine Unterwäsche.
Scham durchfließt mich, als mir bewusst wird, dass er nun alles sehen kann. Gierig mustert er mich, als würde er es kaum abwarten können seinen nächsten Schritt zu wagen.  Scheiße verdammt nochmal! Ich versuche mit allen Mitteln, meinen Körper zu überdecken - den Fremden wegzustoßen, ich versuche sogar nochmal zu schreien. Nur kommt natürlich kein einziger Laut über meine Lippen.

»Bleib still!«, knurrt er mir in mein Gesicht, während ich leicht würgen muss, da sein Atem nach Alkohol riecht. Wieso verdammt nochmal tut er das?! Was möchte er genau von mir? Der Junge, welcher eigentlich nicht viel älter als ich zu sein scheint, nimmt meine beiden Handgelenke und drückt sie feste über meinen Kopf. Die Hose von ihm liegt auf dem Boden, während seine Boxershorts nur leicht nach unten gezogen ist. Augenblicklich wende ich meinen Blick ab. Nein, bitte. Mach es nicht.

Hysterisch schüttel ich immer wieder meinen Kopf, wehre mich, aber es bringt nichts. Er lacht nur über meine Versuche zur Flucht.

»Es wird dir gefallen.«

Und in diesen Moment wünschte ich, dass ich die zehn Minuten hätte verschwenden sollen und die Ampel hätte nehmen sollen, die ich eigentlich so verabscheue, mich jetzt aber nach ihr sehne.

Dangerous MateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt