Kapitel 15

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Trigger Warning
(Ende des Kapitels steht explizit für was!)

Elisha

Nachdem ich an jenem Nachmittag Zuhause ankam und mich in meinem Zimmer verkrochen hatte, gingen mir viele Gedanken durch den Kopf. Der Gedanke an meinen Wert, der Wert der Ereignisse, der Wert meines Bettes und der Dusche und die Welt und die Rosen und mein Leben und den Tod. Der Wert meines Todes. Es war nicht der erste Gedanke in meinem Kopf, aber er war einer der markantesten.

 Meine Familie war noch außer dem Haus - bei der Arbeit, in der Schule, bei Freunden. Sie waren nicht da und auch wenn ich froh darüber war, hat es einen Teil in mir aufgerissen, der sich versucht hat wieder zuzunähen, doch die Narbe war wohl zu frisch; fünfzehn Minuten zu frisch. Jedenfalls stand ich dann in meinem Zimmer, ungewaschen, mich nicht trauend mich auf meinem Bett zu legen, aus Angst, die Erinnerung an den Morgen zu verwischen. Ein Teil von mir erhoffte sich wohl, dass ich immer noch in meinem Bett lag, das es noch morgens war, dass ich gleich von meiner Mutter geweckt werden würde. Doch die Hoffnung verblasste schnell und wurde durch den schmerzenden Druck in mir ersetzt.

Und dann tauchte zum ersten Mal der Gedanke auf, mein Leben zu beenden.

Mein Herz zog sich zusammen, mein Mageninneres wollte raus, doch ich blieb starr stehen und ließ den Gedanken zu. Um genauer zu sein, ich akzeptierte ihn. Der Gedanke war vollendet; ich debattierte nicht drum, ob ich mein Leben beenden möchte, sondern wie und wann. Ich lief in mein Badezimmer, ich hatte immer noch meine Schuhe an und eigentlich trage ich sie nie im Haus, geschweige denn in meinem Zimmer, und sah mir meine Dusche an, meine Badewanne und dann huschte mein Blick zum Spiegel. Natürlich stand ich nicht davor, ich wollte mich nicht ansehen, nicht das neue Ich sehen, wobei ich doch gar nicht mit dem Alten abschließen konnte; wollte.

Mich sauber machen. Ich wollte mich sauber machen. Das Gefühl von überschrittenen Grenzen, fremden Händen, Tränen, Schmerz, Wut und Hass von mir waschen. Doch meine Augen wanderten nicht nur zu der Dusche, in der ich tun konnte, was ich wollte, sondern zu der Badewanne, die nicht nur das Gefühl von überschrittenen Grenzen, fremden Händen, Tränen, Schmerz, Wut und Hass verschwinden lassen würde, sondern mein vollkommendes Ich. Ich dachte darüber nach, wann meine Familie nachhause kommen und wer als erstes mein Zimmer betreten würde. Würde es meine Mutter sein? Die gerade vom Einkaufen zurückgekommen ist? Oder mein Vater, der sich nach einem langen Arbeitstag eigentlich nur ausruhen wollte? Oder wäre es mein Bruder, dessen Baseballschläger ihm aus den Händen gerutscht wäre, genauso wie es sein Herz getan hätte?

Ich dachte darüber nach, wie lange ich brauche, ob ich genug Zeit hätte, damit niemand mich retten könnte. Ich dachte an so vieles und alles was ich dachte war nichts außer mein Tod, der in dem Moment alles in mir war. Und ich dachte daran, ob ich lieber Wut oder Trauer hinterlassen würde. Wollte ich wirklich meinen Bruder für immer und ewig traumatisieren, weil ich zu faul war, ein paar Minuten länger zu laufen? Ich habe mich gefragt, ob ich die verlorenen Minuten nun aufholen könnte, in dem ich die Minuten zu eine Weg wandle, ein Weg der mich dort hinführt, wo keiner nach mir sucht und mich keiner finden würde. Aber wo war dieser Ort, wenn nicht im Tod?

"Komm mit mir, ich bringe dich wieder in dein Zimmer."

Also, wo ist dieser Ort, wenn nicht im Tod?

Trigger Warning
Selbstmordgedanken

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 27, 2023 ⏰

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Dangerous MateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt