-Kapitel 84:Was in der Nacht geschieht, sollte immer geheim bleiben....-

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Harper


"Frohe Weihnachten.", sagt er leise. Ich schlucke und starre ihn weiterhin schweigend an. Nicht einmal die Kälte ändert meine Position. Wie erstarrt stehe ich vor ihm und sage nichts. Nicht einmal die Frage, warum ausgerechnet er hier ist und nicht Liam. Ich klatsche nicht einmal die Tür vor seiner Nase zu. Rein gar keine Reaktion. Aber ich spüre es. Ich spüre die Enttäuschung, die Sorge und die Sehnsucht nach ihm, nach Liam. Ich spüre, dass ich gleich weinen werde, aber ich halte mich mit aller Kraft zurück. Nicht hier. Nicht an diesem Abend. Nicht jetzt! 

"Harper...ich....", fängt er an, doch ich hebe meinen Hand und gebe ihm so das Zeichen, ruhig zu bleiben. Er gehorcht und sieht mich ernst an. Ich weiß, er hat gerade keine Schuld an meinem Verhalten, aber er selbst sollte hier auch nicht sein. Ausgerechnet er. "Woher wusstest du, dass ich hier bin?", will ich nur wissen, weil ich mir sicher bin, dass er hier wegen mir aufgekreuzt ist. "Ich wollte nur..."-"Woher, River?!", unterbreche ich ihn. "Harper, ist das River?", höre ich Dylans Stimme und schon steht er bei uns. "Hey, Dylan!", begrüßt er ihn. Ich schaue Dylan fragend an. "Harper....wieso lässt du ihn nicht rein?", fragt er mich und ich schaue zu River. Dieser senkt seinen Blick. "Ach...komm schon, Süße!", lächelt er, schiebt mich leicht zur Seite und fährt fort:"Darf ich vorstellen, das ist..."-"Harper.", entgegnet River. "Wie? Ihr zwei kennt euch schon?" Dylan sieht uns verwundert an. "Nein. Nein, wir kennen uns nicht.", antworte ich und verlasse den Flur. Ich laufe hinein und stürze mich sofort an die Bar. Ich wollte diesen Abend nicht viel trinken, aber jetzt scheiße ich darauf. Es ist mir verdammt nochmal alles egal! Ich greife nach einem Shot und kippe ihn runter. Bäh, ist das ekelhaft! Trotz dessen höre ich nicht auf und kippe zwei weitere hinunter, als mich plötzlich jemand an der Hand packt und meinen nächsten Shot verhindert. Ich schaue diese Person grimmig an. "Ich denke, es reicht, oder?", meint Mason und sieht mich mit einem leichten Lächeln an. Ich schlucke. "Das hast du nicht zu entscheiden, Mason!", entgegne ich und will meine Hand aus seiner reißen, doch es gelingt mir nicht. "Harper, das ist keine Lösung."

Nun klingt er ernster. 

"Ich töte mich schon nicht!", schimpfe ich und schaffe es, mich zu befreien. Dann nehme ich zwei Gläser mit irgendeinem Alkoholgemisch zur Hand und begebe mich irgendwohin, wo es ruhig ist. Irgendwo, wo ich alleine  sein kann. Dabei laufe ich an River vorbei und werfe ihm wütende Blicke zu. 

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Es ist kalt, doch langsam umgibt mich eine Wärme. Nicht, weil ich meinen Mantel anhabe, sondern weil ich die Kälte einfach vergesse.  Ich setze mich auf die Treppe, die zum Garten führt und selbst dann keine Kälte. Allerdings  spüre ich schon, dass ich so langsam betrunken werde, doch es macht mir nichts aus. Gerade jetzt will ich nur vergessen und an nichts mehr denken....allerdings schaffe ich das auch nicht. Wütend werfe ich das Glas zu Boden und starre die Glasscherben an. "Wieso?", fange ich an und setze mich auf die Treppe. "Wieso tust du mir das an? Was habe ich gemacht? Was habe ich, verdammt nochmal, falsch gemacht?! Habe ich zu sehr geliebt? Oder zu wenig? Was war mein Fehler?!"

Ich versuche immer noch meine Tränen zurückzuhalten. "Es tut weh....ich will Antworten, verdammt!"

Ich lege die Gläser zur Seite und starre die Gegend an, die langsam von der Dunkelheit verschluckt wird. Ich weiß nicht, wie lange ich hier schon sitze, aber eins ist klar, ich bin betrunken....oder? Ich meine, ich spüre weder Kälte, noch weiß ich nicht, was ich denke....oh Gott, dabei fängt schon mein Kopf an zu pochen. 


Ich will meine Hände in die Jackentasche stecken, als ich etwas eckiges spüre. Langsam ziehe ich das kleine Päckchen heraus. "Wer hat mir das in den Mantel geworfen?", frage ich laut und packe es aus. Eine kleine goldschwarze Schachtel erscheint unter dem Geschenkpapier. Ich öffne die Schachtel und lese die Notiz, neben welcher eine kleine linke Azalee liegt:


Ich weiß, dass Azaleen deine Lieblingsblumen sind, aber leider konnte ich kein Geschenk dazu finden. Dennoch hoffe ich, dass dieses Geschenk dir gefallen wird. 

Frohe Weihnachten, Harper.


Ich lege die Notiz weg und bewundere die goldene Kette.  

Woher weiß Liam, dass ich Azaleen mag? Oh Gott....fuck! Trotzdem ändert das nichts daran, dass ich ihn im Moment hasse. Er erscheint nicht, aber ein Geschenk kann er mir geben?! Vollidiot! Ich stecke das Geschenk weg und starre wieder in die Leere, als mein Handy klingelt und ich dabei erschrecke. Ohne auf das Display zu schauen, wer das ist, hebe ich ab.

"Spreche ich mit Harper Connor?", kommt eine tiefe Stimme. Sie klingt verstellt. Die Person will sich nicht identifizieren. 

"Ähm...ja. Wer sind Sie?", frage ich. 

Auf meine Frage geht er nicht ein. "Vor deiner Haustür liegt eine schwarze Schachtel. Wenn du wissen willst, was wirklich passiert ist, dann gehorchst du, gehst jetzt sofort nach Hause und schaust dir die CD an, die sich in der Schachtel befindet."

Ich weite meine Augen. "Was meinen Sie?", will ich wissen und stehe auf. "Tu, was ich dir sage, oder es wird schlimmer.....Frohe Weihnachten."

So legt er auf. 

Ich schlucke.

Was sollte das eben? 

Jedoch zögere ich nicht und laufe die Treppe hoch. Jedoch bleibe ich stehen. Was ist, wenn er mich verarscht und mich töten will? Was ist, wenn das alles nur eine Falle ist? Aber was ist, wenn Liam zu Hause auf mich wartet und all das bloß eine Überraschung ist?

Ich hoffe auf den letzten Gedanken und mache mich auf den Weg. 


"Harper, wohin?", fragt Dylan. "Ich...ich komme wieder. Ich muss kurz etwas erledigen.", sage ich. "Aber es ist bereits dunkel. Was willst du erledigen?"

"Dylan, ich komme. Ich muss jetzt los. Sag Mila Bescheid. Sollte ich nicht kommen, dann wisst ihr, dass ich zu Hause bin."

So laufe ich an ihm vorbei und höre:"Aber du hast getrunken!"

Ich ignoriere ihn, laufe durch die Haustür, steige in mein Auto und fahre los. 


Wieso dauert die Strecke so? Die Straße wirkt  verschwommen. Ich muss mehrmals blinzeln. 

Nach gefühlter Unendlichkeit komme ich an, steige sofort aus und laufe auf die Schachtel zu, die ich trotz schwachem Licht erkenne. Dabei schaue ich gar nicht um mich herum. 

Dann stehe ich vor der Schachtel und öffne den Briefumschlag:


Was in der Nacht geschieht sollte immer geheim bleiben....



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