Von Innsbruck über Minnesota nach Straubing

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Die Sonne brennt, wie es für Ende Juni üblich ist, heiß auf die Tiroler Berge, der Inn fließt relativ hoch durch die sonst so belebte Stadt, die sich aber langsam zur Ruhe legt. Die ersten Studenten verlassen Innsbruck Richtung Heimat, die, die noch hier sind, lernen für ihre Prüfungen.

So geht es auch mir, einem einfachen jungen Mann, der einst von Niederbayern ins ferne Tirol aufgebrochen war, um dort zu studieren.

Doch diese Zeit sollte nun enden, keine Vorlesungen, keine Seminare und vor allem keine Prüfungen mehr.

Um das Ende des Sommersemesters gebührend zu feiern hatten wir beschlossen eine Heimfete abzuhalten. Wir bauten ein schönes Buffet auf und etwa 30 Mitbewohner stießen hinzu. Es war eine herrliche Feier, es wurde gegessen, gelacht, getanzt und der Ethanol floss kubikmeterweise. Und das auch in meinen Venen.

Ich erblickte ein hübsches blondes Wesen, das sogleich meine Aufmerksamkeit ungeteilt auf sich ziehen konnte. Ich sprach das süße Mädchen an, sie stellte sich mir als Hanna vor. Wir unterhielten uns gut, wir waren auf einer Wellenlänge, wir kamen uns immer näher.

Langsam zog ich ihren schlanken Körper an mich heran, unsere Hände spielten miteinander, ihr langes blondes Haar viel über ihre Schultern bis zu ihrer zarten Taille. Unsere Lippen berührten sich

Fast.

Eben nur fast. „Was hast du denn?", fragte ich sie.

„Du bist so ein netter Bursche, ich will mich nicht in dich verlieben, ich geh doch nächste Woche nach Minnesota."

Minnesota? dachte mein „leicht" betrunkenes Hirn. Wo ist das? USA? Kanada? Jedenfalls sehr weit weg.

Ich verstand sie aber. Eine solche Entfernung ist sicher nicht gut.

Enttäuscht ging ich zu meinen Kollegen.

„Was hast du jetzt mit der gehabt?", fragte mich einer.

„Ja, die will nix, die geht nach Amerika."

„Und was ist mit deiner Alten?"

Ach ja, genau. Jetzt fiel es mir wieder ein. Aber die war ja auch weit weg. Weit weg, für drei Monate.

Ich sah mich im Raum um und blickte in die mir so vertraut gewordenen Gesichter.

Er geht nach Belgien, er nach Schweden, sie nach Hamburg, er kommt gerade von Singapur.

Und ich gehe nach Straubing.

Wenigstens einer, der da bleibt.

Aber warum eigentlich?

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