Morbid Metal - Poetry Schläm

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Immer, wenn ich mit Leuten, die, als sie mich kennen lernten, sich freuten weil ich so nett war, auch immer adrett, mit der gesunden Prise Humor, mit der es sich oft lachen ließe, redete über Musik, kam schnell die Ernüchterung: Ich bin nicht hell, sondern zappenduster, passe nicht ins Standard-Muster, weil ich lieber Metal höre und Satan meine Treue schwöre.

Doch ist es immer wirklich so, dass verzerrte Gitarren, geschminkte Musiker mit ihren bizarren Nietenlederhemden, die spielen vor der ungehemmten Masse, immer Belzebub anbeten, und dann auf ihren Metal-Feten scharenweise Hähne schlachten, Fledermäusen den Kopf abbeißen und sich dann Big-Tiddy-Goth-Chicks aufreißen, um mit ihnen Rituale zu vollziehen, die auf die Beschwörung von Dämonen abzielen?

Also als Insider würde ich erstmal sagen: Ja, klar, seit Weihnachten 2015 hab ich sogar mein eigenes Pentagramm im Garten, dass hat mir das Century-Child gebracht, als ich, mit der Pommesgabel Fledermausköpfe essend "Hark, now hear, the demons sing, Ozzy [W]Osbourne today" gesungen habe.

Und natürlich gehe ich auch auf Festivals, mit jenen schwarzen Nietenjacken sieht man mich immer jedes Jahr in Wacken. Ich nehme mein Zelt mit, dass ich, nachdem ich den dritten Kasten Bier gelehrt habe, wobei die Regel "Kein Bier vor Vier" natürlich gilt, leicht angetrunken aufbaue, dann mit den Hexenschwestern auf den Putz haue und mir das Konzert von "Trve Dvnkelheit" oder einer anderen Band, deren Name in Schriftform an einen Haufen Äste erinnert, anhöre, mich dabei mit Rauschgift betöre und das nächste Goth-Girl abschleppe, denn mit Mephisto hab ich ja die Wette, wer in Wacken die meisten Kinder zeugt, ich siege, weil sich das 11te Goth-Girl tief vor mir verbeugt, während Lindemann "Bück dich" ins Mikrofon ruft und uns mit seinem riesigen Plastik-Schwanz von oben bis unten natürlich ganz mit Sekt bespritzt, wobei Kruspe splitternackt und mit Leine am Boden sitzt.

Ich könnte natürlich auch die Wahrheit sagen, dann würde mein Gesprächspartner auch nicht an mir verzagen, aber die Wahrheit ist nun mal eben nicht so cool. Dass ich, nach der Arbeit auf der Couch liegend, zur Entspannung leisem Atmosphären-Black-Metal lausche, dabei mit der Katze Liebkosungen austausche und am Kreuzworträtsel der Süddeutschen verzweifle, eingekuschelt im weichen Plüschkissen von meiner Oma, das muss ja niemand wissen.

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