Teil18

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Yoongi warf die letzten Anziehsachen in die Waschmaschine und drückte auf Start. In seinen Ohren erklangen die neusten Songs von Namjoon, der ihm diese per Mail geschickt hatte und seine Meinung dazu wollte. Der Rapper hatte sie daraufhin auf seinen iPod geladen und Namjoon versprochen, sie sich anzuhören, wenn er Zeit hatte. Und wann war die Zeit besser, als bei der Hausarbeit? 

Erleichtert darüber, dass Jimin von Tag zu Tag Fortschritte machte, dass ihr Leben wieder einigermaßen normale Züge angenommen hatte, hatte er sich vorgenommen, die meiste Hausarbeit zu übernehmen. So konnte sich Jimin um sich selber kümmern. Und das tat dieser auch.
Jimin trainierte hart um wieder in Form zu kommen. Er hatte Hoseoks Angebot angenommen und es war manchmal fast wie früher, wenn sie sich alle trafen und Jimin beweisen wollte, was er bisher geschafft hatte und sie alle 7 gemeinsam im Wohnzimmer alte Choreos tanzten. Dabei lachten sie sich schlapp, weil viele Schritte schon in Vergessenheit geraten waren, einzig und alleine Hoseok und Tae wussten so gut wie alle Schrittfolgen noch. Je mehr die Schmerzen verschwanden, desto mehr trainierte Jimin und nachdem Yoongi anfänglich etwas besorgt war, hatte ihm der Arzt versichert, dass es okay war, solange er sich nicht übernahm. Und Yoongi war stolz auf seinen zukünftigen Ehemann.

Für Yoongi wäre es auch in Ordnung gewesen wenn Jimin mehr Zeit gebraucht hätte, doch er wusste, dass sich dieser wohler fühlte, wenn sein Körper gestärkt war und so zeichneten sich bereits die ersten Muskeln wieder unter seiner samtigen Haut ab. Die Stelle am Kopf, wo die Haare kurz gewesen waren, war bereits kaum noch zu erkennen und wenn jemand nicht Bescheid wüsste, er würde nicht merken, das etwas nicht stimmte. Manchmal hatte Yoongi bemerkt das der Jüngere noch Schwierigkeiten mit Feinheiten hatte, wie die Gabel zu führen ohne das Essen runter fiel, oder etwa, wenn er etwas schrieb. Seine Hände zitterten relativ stark oder wollten manchmal einfach gar nichts machen, waren einfach steif. Doch auch das, versicherten ihm die Ärzte, würde mit ein wenig Übung wieder verschwinden. Der Rapper musste lächeln, als er die Textzeile 'I would follow you everywhere' hörte, schnappte sich den leeren Wäschekorb und machte sich auf den Weg zurück in den Flur. Er musste noch das Chaos im Schlafzimmer beseitigen, welches er angerichtet hatte, in seinem Wasch-Wahn.

Er konzentrierte sich auf den neuen Song, den er gerade hörte. Namjoon war wirklich gut und er hatte das Gefühl, das dies eines seiner Lieblingslieder werden könnte. Er dachte gerade noch darüber nach, dass er diesen Song unbedingt Jimin vorspielen musste, als er um die Ecke bog und nur einen großen Schatten auf sich zukommen sah. Im selben Augenblick nahm er das Messer wahr, welches er aus dem Augenwinkel auf sich zugeflogen kommen sah und ohne darüber nachzudenken, riss er seine Arme hoch und wehrte den Schlag ab. Das Messer stieß in den Wäschekorb, blieb darin stecken und er sprang erschrocken bei Seite, wobei er stolperte und zu Boden ging, genau wie der Korb und sein iPod, welche aus seinen Händen glitten und über die glatte Oberfläche des Fußbodens schlidderten. Er blickte erschrocken nach oben, nicht wirklich bereit, seinen Angreifer auszuschalten, doch mit genug Adrenalin im Körper um zu flüchten. Seine Augen weiteten sich geschockt, als er einen schwer atmenden Jimin vor sich sah.

"Jimin?", keuchte er heiser. Er verstand nicht was hier los war.

Der Jüngere stand da wie versteinert, als ihm klar wurde was beinahe passiert wäre. "H... Hyung..." Fast schon unbeholfen streckte er seine Hand nach seinem Verlobten aus, sah in dessen erschrockenes Gesicht. Er blickte auf den Holzboden und sah das Messer in dem blauen Wäschekorb stecken. Sein Magen drehte sich um und er machte auf den Absatz kehrt Richtung Bad. Nicht mal zwei Schritte weit kam er, als er sich im Flur übergab.

Yoongi saß auf seinem Hinterteil und war ein wenig überfordert. Er starrte auf Jimin, der sich auf den Holzboden übergab und erst als dieser anfing trocken zu würgen, kam er wieder in die Gänge, lehnte sich an der Wand ab, als er aufstand und ging langsam auf den Jüngeren zu. "Jiminie?", fragte er und rieb seinem Freund sachte über den Rücken. "Alles okay! Hörst du? Nichts passiert. Nur den Wäschekorb hat's zerrissen!", versuchte er zu scherzen.

"Ohgottohgottohgott", war alles was Jimin raus brachte. Er hätte fast seinen Freund erstochen, sie wollten heiraten, und er hätte ihn fast erstochen. Sein ganzer Körper rebellierte und er fing wieder das Würgen an, doch außer Galle kam nichts mehr hoch. Er hatte Yoongi beschützen wollen und ihn beinahe umgebracht. Ein irres Lachen brach aus ihm heraus, bei dieser Ironie und erschrocken schlug er die Hände vor seinen Mund. Das Lachen wurde zu Schluchzern. Er kniete sich hin und vergrub sein Gesicht in seinen Händen, so wie zwischen der Wand und den Boden. Es schüttelte seinen ganzen Körper durch, sein Kopf wurde leicht und es kam ihm vor als könnte er einfach nicht genug Sauerstoff in seine Lungen bringen.

Yoongi bemerkte die Anzeichen. Alles deutete darauf hin das Jimin anfing zu hyperventilieren. Er kniete sich zum ihm und sprach sanft aber ernst auf ihn ein.
"Jimin-ssi, hör mir zu. Shh, ganz ruhig, ja. Es ist alles okay, atme einfach ganz tief und ruhig ein und aus. Okay?" Er packte Jimins Kopf und drehte ihn zu sich. "Es ist nichts passiert, siehst du, ich bin okay. Komm schon, schön tief ein und ausatmen... es ist alles okay!", versuchte er seinen Geliebten zu motivieren. Er wusste nicht was passiert war, aber er wusste zu 100% das es einen Grund für Jimins Verhalten geben musste.

Der Tänzer hörte und sah Yoongi, er versuchte auf das zu hören was dieser sagte, blinzelte die hellen Punkte vor seinen Augen weg. Atmen, ja das konnte er, aber irgendwie verarbeiteten seine Lungen wohl den Sauerstoff nicht richtig. Er verkeilte seine Hände in Yoongis T-Shirt. Langsam schaffte er es wieder Herr seiner Sinne zu werden. Yoongi hätte tot sein können, er packte ihn und drückte ihn so fest er konnte an sich. "I-ich d-dd-dachte ee-esss wäre Fr-f-Frank," stotterte er atemlos in seine Halsbeuge.

"Keine Angst," sagte der Ältere mit sanfter Stimme und drückte ihn ebenfalls. "Frank ist nicht hier, okay? Niemand ist hier außer uns beiden. Wie kommst du denn darauf?", fragte er und streichelte ihm über seinen Rücken.

Jimins Körper bebte von dem Schock. Und er musste einige mal tief Luft holen und bitter schlucken, bevor er sprechen konnte.
"Ich hab dich gerufen und gesucht und nicht gefunden, oben d-das Schla-schlafzimmer... Ich dachte er hätte dich. Ich....." Er schluchzte leise auf und vergrub sein Gesicht so tief er konnte.

"Shh... komm schon, beruhige dich.", versuchte der Rapper seinen Freund weiterhin zu beruhigen. "Alles ist gut!" Er zog ihn fest in seine Arme und drückte ihn an sich. "Du musst dich beruhigen, Jiminie, bitte!", flehte er und kämpfte mit seinen eigenen Tränen. Es tat so unendlich weh ihn so zu sehen. "Soll ich lieber den Arzt rufen? Kannst du atmen?", fragte er während er sanft begann Jimins Schultern zu kneten, die sich extrem versteift hatten.

Der Jüngere zog geräuschvoll seine Nase hoch und atmete immer noch schwer. Er konnte die Wärme von Yoongis Händen durch den Stoff seines Shirts spüren und lehnte sich zu ihm.
"Ist auch wirklich alles k-klar? Was'n mit dem Schla-schlafzimmer passiert?" Mit zitternden Fingern fuhr er über den Oberkörper seines Freundes. Kein Blut. Obwohl ihm das Sicherheit geben sollte, schlug sein Herz so heftig in seiner Brust, dass er es im Kopf spüren und hören konnte. Er machte sich solche schreckliche Vorwürfe, dass ihm abermals übel wurde, doch er riss sich zusammen. Er merkte gar nicht wie er immer wieder über Yoongis Körper, dessen Gesicht und Arme fuhr und vor sich hin redetet, das alles in Ordnung sei.

"Wirklich Jimin, ich bin okay... du hast nur den Wäschekorb zu Kleinholz verarbeitet.", lächelte Yoongi. "Und wegen dem Schlafzimmer, ich hab die ganze Wäsche gemacht und dabei ein bisschen Chaos veranstaltet. Das ist alles." Er sah seinem Verlobten fest in die Augen, als dessen Finger über seine Wangen streiften. "Alles gut? Bist du okay?", fragte er dann vorsichtig. "Es ist niemand hier, vertrau mir!"

"Oh. Okay.",war alles was der Jüngere dazu sagte. Mehr fiel ihm nicht ein. Er schaute den Flur lang, konnte die am Boden zerstreute Wäsche sehen, roch und sah sein Erbrochenes, legte seine zitternden Hände in den Schoß und sah schließlich wieder Yoongi an. "Okay."

"Gut.", sagte Yoongi sanft und seufzte. "Hör mal, was hältst du davon, wenn du dich einen Moment hinlegst? Ich beseitige inzwischen das Chaos hier, okay? Soll ich dich hochbringen?" Er sah ihn besorgt an.

Jimin verneinte, stemmte sich an der Wand ab und hievte sich hoch. Seine Beine zitterten wie Espenlaub, doch er ging schließlich mit kleinen Schritten zur Treppe. "Tut mir leid.", flüsterte er und winkte dabei in Richtung des Flurs. Das Adrenalin war aus seinem Körper gewichen und er fühlte sich schlapp und ausgelaugt in jeglicher Hinsicht.

Yoongi sah ihm nach, wie er die Treppen hinauf schlich. Er sah fast wieder so zerbrechlich aus wie an dem Tag als die Polizei ihn gefunden hatte. Er seufzte und machte sich daran mit einem Wischmop das Erbrochene zu beseitigen. Danach sammelte er die Wäsche ein und betrachtete sich den Wäschekorb. Er hielt die Luft an, als er sah wie das Messer darin steckte und war einfach froh, das er ausweichen konnte.

Jimins erster Gang führte ihn ins Bad, wo er sich mit einem Waschlappen etwas sauber machte. Wasser direkt konnte er nicht ertragen und selbst mit dem Lappen war es eine immer wiederkehrende Überwindung. Seine Haare waren fettig, doch er wollte sich jetzt dieses Drama nicht antun. Er wusste das Yoongi ihm gerne half, aber es war ihm einfach peinlich, dass ihm sein Freund diese waschen musste und häufig dabei mit ihm redete als sei er ein Kleinkind. Aber auf einer anderen Seite genoss er diese Zuwendung und Yoongi wusste genau wie er es machen musste, ohne das er dabei ausflippte. Zumindest war dies meistens der Fall.
Yoongi war sein Ruhepol, er blieb auch ruhig wenn mal etwas über sein Gesicht lief und er seine Panik nicht mehr kontrollieren konnte. Frank hatte mit dieser Foltermethode etwas in ihm kaputt gemacht, dass sich einfach nicht reparieren lies. Nur die sanften Hände und durchdringende Stimme seines Verlobten konnten zumindest eine Linderung bewirken.

Das Schlafzimmer war immer noch ein Chaos und Jimin ballte seine Hände zu Fäusten um die Ruhe zu bewahren. Er schmiss die Sachen vom Bett auf den Boden und legte sich hin. Draußen war der Himmel grau geworden und es sah nach Regen aus.

Ein lautes Knallen ließ ihn aus seinem Schlummer hochfahren und sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Zuerst dachte er an Gewitter, doch als er das Fluchen von Yoongi hörte wurde er eines besseren belehrt. Aber einschlafen konnte er nicht mehr. Er fühlte sich aufgewühlt und war unruhig. Er hatte etwas geträumt, erinnern konnte er sich allerdings nicht mehr. Jedoch waren die Eindrücke noch in seinem Unterbewusstsein. Er spürte wie er langsam Kopfschmerzen bekam, drehte und wendete sich immer wieder im Bett. Schließlich schaltete er den Radiowecker ein und hörte etwas dem lokalen Sender zu. Doch zur Ruhe kam er einfach nicht mehr. Immer wieder schweiften seine Gedanken ab, egal wie sehr er auch versuchte sie zu verdrängen oder durch andere zu ersetzen.

Nachdem Yoongi das kleine Schränkchen wieder aufgestellt hatte, welches er aus Versehen umgestoßen hatte, als er mit einem Fuß in dem Kabel vom Staubsauger hängen geblieben war, machte er sich auf den Weg ins Schlafzimmer. Es war nun knapp drei Stunden her, das Jimin hochgegangen war und er hatte keinen Mucks mehr gehört. Vorsichtig machte er die Tür auf und erwartete einen schlafenden Jimin, doch dieser war hellwach und lag auf dem Bett. "Hey. Ich dachte du schläfst.", sagte er sanft und setzte sich auf die Bettkante. "Alles okay?", fragte er nach.

"Kann nicht. Jedesmal wenn ich die Augen zu mache... na, weißt es ja." Er setzte sich langsam auf, lehnte sich an das Kopfende. "Ich hab nachgedacht. Heute war nur ein dummes Versehen, aber Frank ist noch frei und das macht mich fertig. Ich habe Angst. Vor allem um dich." Jimin strich ihm dabei über seinen breiten Rücken. "Was hältst du davon wenn wir nochmal eine neue Alarmanlage einbauen lassen? Eine richtig Gute. Und ich dachte daran wieder jemanden in das Gästehaus einziehen zu lassen. Also einen Bodyguard, vielleicht einen der einen guten Wachhund hat. Es würde mich einfach... ich weiß auch nicht, mehr beruhigen. Was hältst du davon? Und ich weiß das es viel kostet, aber ich habe auch gespart und, nun ja, ich meine das nur deswegen, weil wir ja gerade keinen Job haben und... hm, was denkst du?" Er wollte das schon länger mit Yoongi besprechen, hatte es aber teils immer wieder vergessen.

Yoongi krabbelte über Jimins Körper rüber und setzte sich neben ihn, so dass er ebenfalls am Kopfende angelehnt war. Er nahm seine Hand in seine und spielte mit dessen kleinen Fingern. "Eine neue Alarmanlage wäre gut. Hab ich auch schon drüber nachgedacht. Aber ein Bodyguard? Ich weiß nicht. Es ist eine fremde Person und wenn ich ehrlich bin, gefällt mir das gar nicht. Nicht das ich nicht den besten Schutz für dich will... es ist nur... er wäre fremd. Und ich hab was gegen Fremde in unserer Nähe. Aber wenn du es unbedingt willst, dann fällt uns schon was ein. Vielleicht können wir Bang PD fragen, der kennt garantiert jemanden." Er blickte Jimin kurz an und lehnte sich zu ihm herüber um ihn sanft auf die Wange zu küssen.
"Saranghae, Jiminie", sagte er. 


Suddenly 3 ➛ ʏᴏᴏɴᴍɪɴWo Geschichten leben. Entdecke jetzt