LILIETTE„Glaubt ihr, dass sie etwas gemerkt hat?"
In Charlottes Stimme schwang etwas Angst mit, auch wenn es dafür eigentlich keinen Grund gab. Wie deprimierend es auch klang: Wie mussten alle Angst vor dem Zorn der Madame von Frankreich haben. Wenn uns jemand rauswarf, war es entweder Aliénor, wenn sie erfuhr, dass wir für ihre Schwiegermutter arbeiteten oder jene selbst, wenn wir ihr nicht genügend Informationen lieferten.Dabei war ich die einzige von ihnen, die nur vage in dieser Verschwörung drinsteckte. Denn es war Aliénors ausdrücklicher Wunsch gewesen, dass ich hier in Versailles blieb. So hatte Marie-Thérèse von Frankreich mich nicht vollständig in der Hand.
Trotz alledem war ich jedoch schuldig. Ich wusste, dass die Hofdamen Aliénor belauschten, beobachteten und ihrer Schwiegermutter ihre Geheimnisse verrieten.
„Ich denke, nein", sagte Perenelle desinteressiert. Sie spielte stets die fürsorgliche, war in Wirklichkeit aber diejenige, die sich um wenige Dinge Sorgen machte. So wie die strenge Henriette nur zu oft Witze riss und die deutsche Charlotte nicht vor Mut strotzte, sondern ein Angsthase war.
Als die Krönung aller betrachtete ich mich selbst. Selbst wenn ich der Madame nicht half und meine Aktionen stets von einem schlechten Gewissen begleitet wurden, da ich Aliénor lieb gewonnen hatte, waren sie von ganz anderer Größe.
ALIÉNOR
Es war, als würde mir das Blut für einen kurzen Moment in den Adern gefrieren, ehe ich mir so schnell ich konnte mein Kleid an die Brust presste und herumwirbelte.
Rafael stand mit einem hochgezogenen Mundwinkel und gutaussehend wie eh und je in seiner dunklen Uniform vor mir. Die Tür meines Bades hatte er geschlossen.
„Was fällt Ihnen eigentlich ein, einfach hier aufzutauchen? Nach allem, was Sie mir angetan haben?", zischte ich und trat einen Schritt vor dem Spanier zurück. „Wo waren Sie überhaupt die ganze Zeit lang?!"
„Ihr wolltet mich nicht sehen, somit ging ich Euch wie befohlen aus dem Weg. Doch als ich sah, dass Ihr alleine wart, dachte ich-", begann er bevor ich eigenständig seinen Satz beendete: „Ich würde mich erneut auf dieses Spielchen einlassen?"
Bitter lachend schnappte ich nach Luft. Was geschah heute eigentlich noch alles? Trennte sich Florentina von meinem Bruder oder überfielen die Spanier Paris?
„Dachtet ihr das wirklich?", wollte ich erneut wissen.„Wer weiß", entgegnete er, als würden wir gerade eine lockere Unterhaltung über das Wetter führen. Dann zog er eine Augenbraue in die Höhe.
„Doch was soll ich Euch angetan haben?", wollte er glucksend wissen und seine Augen blitzen auf, sodass sich meine Nackenhaare aufstellten. „Ich habe diese Nacht anders in Erinnerung, Majestät. Ihr konntet kaum noch in Euer Schlafgemach alleine finden. Und dort habt Ihr halb Versailles zusammengeschrien, dass ich Euch endli-"
„Spielt das noch eine Rolle?", überging ich die Vorstellung, ich würde ihn anbetteln, mich zu befriedigen. Meine Augen verengten sich.
„Der Alkohol bestimmte meinen Kopf, ich war nicht ganz bei mir und Sie haben den Moment ausgenutzt! Sie könnten exekutiert werden, dafür, dass sie die Kaiserin von Frankreich geschwängert haben!"„Ihr erwartet.... ein Kind?", wollte er wissen, plötzlich wohl doch nicht mehr so mutig wie zuvor. Auch mein Selbstbewusstsein schwand augenblicklich, als ich mir erst einmal darüber bewusst wurde, was ich gesagt hatte.
![](https://img.wattpad.com/cover/136165276-288-k765572.jpg)
DU LIEST GERADE
PRINCESS OF DAISIES ᵗᵉⁱˡ ᵈʳᵉⁱ
Historical Fiction❀ 𝐅𝐑𝐀𝐍𝐊𝐑𝐄𝐈𝐂𝐇 ─ 1819 Das Leben hinter den Mauern von Versailles sollte sich als Herausforderung herausstellen. Aliénor ist unglücklich, fühlt sich allein, unter Druck gesetzt und in ihrer Rolle nicht gut aufgehoben. I...