ALIÉNOREin dumpfes Pochen drang an mein Ohr, sodass ich aus meinem Tiefschlaf aufschreckte. „Euer Majestät! Euer Majestät, geht es Euch gut?"
Verschlafen öffnete ich meine Augen und schaute mich um. Ich lag in meinem seidenen Himmelbett, welches sich in meinem Schlafgemach befand - keine Frage. Aber wie war ich hier hergekommen? Und wieso war ich ganz alleine hier? Sonst waren um diese Zeit meine Dienstmädchen, Diener oder meine Hofdamen schon längst anwesend...
Gähnend rieb ich mir den Kopf und blinzelte schlaftrunken. Erneut rief die Person nach mir, sodass ein Seufzer meine Lippen verließ.
„Mir geht es gut. Vielen Dank, Comtesse", antwortete ich müde, ehe ich die Luft anhielt, als ich an mir hinuntersah. Ich trug nicht wie gewohnt mein Nachtgewand, sondern war vom Hals bis zu den Knien vollkommen nackt. Erschrocken stellte ich wenig später fest, dass ich nach wie vor meine Strumpfhose und hochhackigen Tanzschuhe trug.
Plötzlich schienen sich meine vagen Erinnerungen zu vervollständigen. Der Maskenball, die Unmengen an Alkohol und ein unbekannter Mann am Buffet, da mich indirekt davon abgehalten hatte, so viel Kuchen zu essen, dass ich mich am Ende noch übergeben hätte.
Ein Blick in den Spiegel verriet mir, dass auch meine Frisur noch wie am gestrigen Abend saß, ich war geschminkt - wenn auch mein Lippenstift stark verschmiert war - und ich trug meine Perlenkette kombiniert mit den wertvollen Ohrringen.
Auf dem Boden entdeckte ich mein Abendkleid mit dem dazugehörigen Unterteil und mein Korsett; einige Kissen fanden sich wild verstreut entweder auf oder um das Bett herum wieder, und meine Seidendecke hing unordentlich zur Hälfte auf dem Boden.Ich schlug mir die Hand vor den Mund und realisierte langsam, was geschehen sein musste.
Ich hatte höchstwahrscheinlich Louis-Antoine mit diesem mysteriösen Mann betrogen, an den ich mich kaum erinnern konnte. Ich. Hatte. Antoine. Betrogen.
Der gesamte Abend, nachdem ich den Ballsaal kurzzeitig verlassen hatte, war wie aus meinem Gedächtnis gestrichen. Ich wusste nicht, was schlimmer war: Dass ich die Liebe, die Louis-Antoine und mich verband, verraten hatte, oder dass ich Geschlechtsverkehr mit einem fremden Mann gehabt hatte.
Wenn er... es getan hatte, war ich möglicherweise bald eine Mutt- Nein, ich traute mich nicht, daran zu denken, geschweige denn mir die Situation auch nur im geringsten auszumalen. Als Kaiserin konnte ich mir so etwas nicht erlauben... man würde mich hinausschmeißen und Schlimmeres: Antoine würde es das Herz brechen...
Mir wurde augenblicklich schlecht und schwindelig zugleich.
„Majestät, Eure verehrte Mutter Marie-Louise und Eure Schwester Marie Brienne von Savoyen-Piemont sind soeben eingetroffen. Es wird langsam Zeit, Euch herzurichten", sprach die Gräfin und klopfte erneut einige Male an meine Tür, was mich schließlich vollkommen in die Realität zurückholte.
„Oh...", meinte ich daraufhin bloß, ehe ich begann, hektisch meine Kleidungsstücke vom Parkett aufzusammeln und sie mir vor die Brust presste, aus Angst, sie könnte eintreten. „Wartet, ich komme sofort, m-meine Hofdamen helfen mir bereits."
„Seid Ihr sicher, dass Ihr keine Hilfe benötigt?", wollte sie erneut wissen, und Besorgnis schwang in ihrer Stimme mit. Ob sie wohl wusste, dass ich log?
„Nein, nein, Sie können gehen, Comtesse", rief ich höflich und schaute mich keuchend um. Ich musste mich schnellstmöglich umziehen.
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PRINCESS OF DAISIES ᵗᵉⁱˡ ᵈʳᵉⁱ
Ficción histórica❀ 𝐅𝐑𝐀𝐍𝐊𝐑𝐄𝐈𝐂𝐇 ─ 1819 Das Leben hinter den Mauern von Versailles sollte sich als Herausforderung herausstellen. Aliénor ist unglücklich, fühlt sich allein, unter Druck gesetzt und in ihrer Rolle nicht gut aufgehoben. I...