Kapitel 15 ❀ satisfaction

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ALIÉNOR

„N-Nein", hauchte ich mit leiser Stimme und trat einen Schritt zurück, als könnte ich dadurch diesem Schrecken entkommen.

„Deshalb ist es auch besser, dass du in Zukunft hier bleibst", erklärte Louis-Antoine mit einem düsteren Gesichtsausdruck. „Falls dir etwas passiert oder etwas geschieht, werden immer die besten Ärzte in deiner N-"

„Wo ist sie?", unterbrach ich ihn, ohne seine weiteren Befehle für meine Gefangennahme zu beachten. Um die Führung meines Lebens konnte ich mich mit ihm noch irgendwann anders streiten; doch konnte meine Schwester an den Folgen dieser Krankheit sterben - nein, sie tat es höchstwahrscheinlich auch. Mir drehte sich der Magen um.

„In ihrem Gemach. Wenn du möchtet, lasse ich einen Boten nach ihr sehen...", bot mir mein Gemahl an, woraufhin ich bloß mit dem Kopf schütteln konnte: „Nein... ich muss zu ihr. Sie ist meine Schwester."

„Nun gut. Man wird dir den Weg zeigen." Er nickte einem Bediensteten, der sich augenblicklich vor uns beiden verbeugte, zu. Brienne und krank, kam es mir immer wieder in den Sinn, als ich in Gedanken versunken meinen Dank aussprach. Sie war so eine starke Person gewesen. Stets gesund und zäh.

„Ach, und Aliénor...", meinte er noch, bevor ich aus seinem Büro verschwand. Blinzelnd drehte ich mich zu ihm um, erwartete bereits die nächste Anweisung, die mein Leben noch mehr bestimmen würde.
„Der Krieg mit den Spaniern", sagte er. „Ich habe die Papiere dafür unterschrieben. In zwei Wochen reise ich ab."

Perplex blickte ich ihn an und wollte schon meinen Mund öffnen, um eine Diskussion anzufangen. Welche Überraschung kam als Nächstes?

Normalerweise hätte ich ihn wütend gefragt, was ihn dazu gebracht hatte, doch nicht mit den Spaniern verhandeln zu wollen, dass zwischen uns beiden sowieso eine schlechte Stimmung herrschte und wie er mir diese Nachricht in meiner derzeitigen Gefühlslage mitteilen konnte.

Jedoch nickte ich bloß, von der Gesundheit meiner Schwester vollkommen eingenommen, bevor der Bedienstete die vergoldete Türklinke hinunterdrückte und ich den Raum verließ.

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„Maman." Ich konnte meine Mutter vor der Tür von den Gemächern Briennes auffinden, und erschrak gewaltig, als ich dieselbe Leere in ihren Augen feststellen musste, die ich schon bei Matteo bemerkt hatte. Jedoch handelte es sich hier um eine Mutter, die möglicherweise ihr Kind verlieren würde.
„Maman...", sprach ich sie erneut an, ehe ich sie in den Arm nahm, als sie kurzzeitig in Tränen ausbrach. „Ist es so schlimm?"

„Nein, ma belle", entgegnete meine Mutter beschwichtigend und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. „Ich reagiere nur über."

„Kann sie wieder gesund werden?", wollte ich leise wissen und spähte durch den Türspalt. Meine Schwester lag in ihrem Himmelbett und sprach mit Monsieur Larrey, dem Hofarzt. Als sie mich entdeckte, verengten sich ihre Augen plötzlich und eine Gänsehaut überkam mich. Sie blickte mich an, als hätte sie ihren Todfeind vor sich.

„Nur wenige überleben diese Krankheit, Aliénor", erklärte unsere Maman erschöpft. „Aber lass' dich nicht davon hinunterziehen. Hauptsache, du bist gesund. Für Louis-Antoine, für Frankreich."

Liebevoll strich sie über meine Wange, woraufhin mir nur noch schlechter wurde. Sie wusste doch ganz genau, dass ich jedes Leben auf dieser Welt gleich wertschätzte. Ich war nicht die Hauptsache - schon gar nicht, wenn ich nur Probleme brachte und es mir gesundheitlich gut ging. „Zudem reisen wir morgen wieder ab. In unserer Heimat wird es ihr sicherlich... besser gehen."

PRINCESS OF DAISIES  ᵗᵉⁱˡ ᵈʳᵉⁱWo Geschichten leben. Entdecke jetzt