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„Mimi!", rief jemand durch mein Zimmer, Socken rutschten über das Parkett. Verschlafen blinzelte ich. Sonnenschein erhellte den unordentlichen Raum, Staub flog im Lichtschein wild durcheinander. Meine kleine Schwester sprang fröhlich auf mein Bett und zerstörte damit jeglichen Komfort. „Du musst aufstehen." Sie hüpfte auf meinem Bett herum und hatte dabei ihren Spaß. Ich knurrte.

„Mama hat gesagt, du sollst nicht immer so knapp aufstehen", erzählte Alea brav, während sie wild weiter herumhüpfte. Warum war sie kein Morgenmuffel wie ich?

Mir fiel ein Trick ein, den ich schon einmal benutzt hatte. Stürmisch sprang ich auf und tat, als würde ich sie packen. Sie kreischte und rannte aus meinem Zimmer.

Schnell hatte ich mich für die Schule fertig gemacht. Eigentlich hatte Mum Recht, wenn sie sagte, dass ich zu spät aufstand. Für gewöhnlich erinnerte mich auch Dad jeden Morgen daran, dass ich mir mehr Zeit zum Frühstücken nehmen sollte, aber er war irgendwo in Südostasien unterwegs. Aber ich schlief einfach lieber länger, als früher aufzustehen.

In der Küche reichte mir Mum mein Pausenbrot, Alea war bereits verschwunden. Titus saß noch am Tisch und las Zeitung. „Musst du nicht los?", fragte ich ihn verwirrt. Normalerweise war er immer pünktlich. Er murmelte, bei ihm würde die erste Stunde entfallen.

„Wie war's gestern noch?", entwischte mir eine Frage. Vielleicht erzählte er ja etwas von Niklas, aber das begann ich im selben Moment zu bezweifeln. Titus sah verwirrt auf und überlegte kurz, als könnte er sich bereits nicht mehr erinnern. Er nuschelte genervt: „Wie immer halt." Er war mal wieder super gesprächig.

„Mimi, jetzt los. Die Schule wartet nicht auf dich", rief meine Mum und scheuchte mich aus der Küche.

Etwas später kam ich genau beim Läuten ins Klassenzimmer. Mein Erdkundelehrer, der von allen nur Wabbelbauch genannt wurde, grummelte in meine Richtung: „Gerade noch Glück gehabt."

Als ich mir meinen Weg in die letzte Reihe suchte, ließ ich meinen Blick durch die Klasse schweifen. Ashley, sozusagen unsere Klassenzicke, saß mit einem verträumten Lächeln in der zweiten Reihe und feilte ihre langen Fingernägel.

Mein Blick blieb allerdings nicht bei ihr hängen, sondern bei Niklas, der nur wenige Plätze links von ihr saß. Er starrte auf das Erdkundeblatt vor ihm und redete mit seinem Kumpel Rafael. Seine dunkelbraunen Haare waren leicht gelockt und erinnerten mich an einen Italiener, obwohl sein Nachname „Bouvier" eher französisch klang.

Er bemerkte, dass ich ihn beobachtete und sah auf. Seine dunklen Augen zogen mich in ihren Bann, mein Herz raste. Immer wieder musste ich daran denken, dass er vielleicht viel mehr wusste. Dass er wie ich zu einem Agenten ausgebildet wurde. Dass er nächstes Jahr seinen Abschluss in der Tasche hätte. Dass er vielleicht zu den besten Freunden meines Bruders zählte.

So viele Fragen verwirrten mich, ich beeilte mich, zu meinem Platz zu kommen. Natürlich passte ich nicht auf. Niklas wandte seinen Blick in dem Moment ab, als ich gegen Theas Tisch rannte. „Autsch", kam es automatisch aus meinem Mund.

Meine beste Freundin lachte. Ashley kicherte blöd hinter mir und meinte höhnisch: „Hast du keine Augen im Kopf, oder was?" Ein paar Mädchen lachten mit ihr, um sich cool zu fühlen. Aasgeier.

Ich ignorierte sie und trottete auf meinem Platz. „Hey", murmelte Thea leise. „Super Auftritt, aber du musst dir mal was Neues einfallen lassen. Sogar Ashley wiederholt ihre Sprüche schon." Thea schien sich über die Situation zu amüsieren und normalerweise wenn ich gegen ihren Tisch lief – was viel zu häufig passierte – lachte auch ich. Heute fehlte mir die Kraft und ich nickte nur.

Wabbelbauch rief die Klasse zur Ruhe, der Unterricht begann und meine Gedanken landeten bei Niklas. Warum war er mit angeblich siebzehn Jahren in dieser Klasse? Nach Gerüchten war er einmal Sitzen geblieben und später eingeschult worden. Aber niemand, der den Betrieb besuchte, durfte Sitzen bleiben.

Mimula UndercoverWo Geschichten leben. Entdecke jetzt