Andacht

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1. Votum
Wir feiern diese Andacht im Namen Gottes des Vaters, Quelle unseres Lebens,
im Namen des Sohnes, der uns Hoffnung schenkt,
und im Namen und des Heiligen Geistes, der uns miteinander verbindet.
Amen

2. Jetzt singen wir zur Einstimmung auch schon das erste Lied "Who Am I" (Casting Crowns)

3. Geschichte vom Elefanten & Predigt

„Als ich klein war, war ich vollkommen vom Zirkus fasziniert.
Während der Zirkusvorstellung stellte der Elefant sein ungeheures Gewicht, seine eindrucksvolle Größe und seine Kraft zur Schau. Nach der Vorstellung aber und auch in der Zeit bis kurz vor seinem Auftritt blieb der Elefant immer am Fuß an einen kleinen Pflock angekettet. Der Pflock war allerdings nichts weiter als ein winziges Stück Holz, das kaum ein paar Zentimeter tief in der Erde steckte. Und obwohl die Kette mächtig und schwer war, stand für mich ganz außer Zweifel, dass ein Tier, das die Kraft hatte, einen Baum mitsamt der Wurzel auszureißen, sich mit Leichtigkeit von einem solchen Pflock befreien und fliehen konnte.
Was hält ihn zurück? Warum macht er sich nicht auf und davon?
Man erklärte mir, der Elefant mache sich nicht aus dem Staub, weil er dressiert sei.
»Aber wenn er dressiert ist, warum muss er dann noch angekettet werden?«
Der Zirkuselefant flieht nicht, weil er schon seit frühester Kindheit an einen solchen Pflock gekettet ist.
Ich schloss die Augen und stellte mir den wehrlosen neugeborenen Elefanten am Pflock vor. Ich war mir sicher, dass er in diesem Moment schubst, zieht und schwitzt und sich zu befreien versucht. Und trotz aller Anstrengung gelingt es ihm nicht, weil dieser Pflock zu fest in der Erde steckt. Ich stellte mir vor, dass er erschöpft einschläft und es am nächsten Tag gleich wieder probiert, und am nächsten Tag wieder, und am nächsten ...
Bis eines Tages, eines für seine Zukunft verhängnisvollen Tages, das Tier seine Ohnmacht akzeptiert und sich in sein Schicksal fügt.
Dieser riesige, mächtige Elefant, den wir aus dem Zirkus kennen, flieht nicht, weil er glaubt, dass er es nicht kann. Allzu tief hat sich die Erinnerung daran, wie ohnmächtig er sich kurz nach seiner Geburt gefühlt hat, in sein Gedächtnis eingebrannt. Und das Schlimme dabei ist, dass er diese Erinnerung nie wieder ernsthaft hinterfragt hat. Nie wieder hat er versucht, seine Kraft auf die Probe zu stellen."
Uns allen geht es ein bisschen so wie diesem Zirkuselefanten: Wir bewegen uns in der Welt, als wären wir an Hunderte von Pflöcken gekettet. Wir glauben, einen ganzen Haufen Dinge nicht zu können, bloß weil wir sie ein einziges Mal, vor langer Zeit ausprobiert haben und gescheitert sind. Wir haben uns genauso verhalten wie der Elefant, und auch in unser Gedächtnis hat sich die Botschaft eingebrannt: Ich kann das nicht, und ich werde es niemals können. Mit dieser Botschaft, der Botschaft, dass wir machtlos sind, sind wir groß geworden, und seitdem haben wir niemals mehr versucht, uns von unserem Pflock loszureißen. Manchmal, wenn wir die Fußfesseln wieder spüren und mit den Ketten klirren, gerät uns der Pflock in den Blick, und wir denken: Ich kann nicht, und werde es niemals können. Unser Leben ist von der Erinnerung an eine Person geprägt, die es gar nicht mehr gibt und die nicht konnte.
Der einzige Weg herauszufinden, ob wir etwas können oder nicht, ist, es auszuprobieren, und zwar mit vollem Einsatz. Aus ganzem Herzen!

Die Geschichte vom kleinen Elefanten verbinde ich persönlich immer mit einer ganz bestimmten Erinnerung:
Während meines Praktikums im Kindergarten im letzten Semester kam ein 4jähriges Mädchen freudestrahlend auf mich zugerannt. In der Hand hielt sie einen Stein, diesen Stein. Sie hielt ihn mir entgegen. „Oooh, ist der für mich?", fragte ich. Sie nickte und ich war schwer begeistert. Ich betrachtete den Stein, der nun in meiner Hand lag. Er war nun wirklich keine Schönheit, ein gewöhnlicher Stein eben.
Das Mädchen muss wohl meinen Blick gesehen haben, denn sie nahm meine Hand und führte sie mit samt dem Stein in einen Sonnenstrahl, der durch die Baumkronen fiel. Und dann konnte ich es auch sehen: Er ist wunderschön. Er glitzerte und funkelte im Licht der Sonne, und mir wurde bewusst, dass mir das kleine Mädchen gerade ihren größten Schatz geschenkt hatte.

Ihr fragt euch jetzt sicher, was das mit der Geschichte vom kleinen Elefanten zu tun hat.
Oftmals unterschätzen wir uns selbst, sehen unsere Möglichkeiten nicht und geben uns mit Situationen zu Frieden, die uns im tiefsten Inneren langsam verbittern lassen.
Und doch unterschätzen und verurteilen wir andere Menschen auf die selbe Weise wie wir uns selbst. Wir können in diesen Momenten nicht sehen, dass unser Gegenüber womöglich gerade eine schwere Zeit durchmacht. Wir können nicht sehen, was ihn gerade belastet.
Wir können nicht sehen, welche Schatten gerade über ihm liegen.
Aber selbst in unseren dunkelsten Stunden ist Gott bei uns. So heißt es im Psalm 23: „Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir ..."
Gott glaubt an uns, selbst wenn wir es nicht können.
Gott gibt die Hoffnung nicht auf, selbst wenn wir es schon längst getan haben.
Und Gott liebt uns wie ein Vater es tun sollte, selbst wenn wir es nicht mehr können.

Manchmal brauchen wir eine Hand, wie die des kleinen Mädchens, die uns wieder ins Licht führt, damit wir sehen können, damit wir wieder strahlen können.
In dem Lied Privileg heißt es: „Wenn du sagst, an Gott glaub' ich nicht, sag' ich dir, Gott glaubt an dich." Es ist gut jemanden an seiner Seite zu wissen, der einem auch in Zeiten des Zweifelns beisteht.
Ich hoffe, dass wir spüren können, wenn jemand eine solche Hand braucht.
Ich hoffe, dass wir einander ein Licht sein können.

4. In diesem Sinne singen wir jetzt das nächste Lied "In The Light" (Dc Talk)

5. Nun werden wir eine Stille halten, in der ihr darüber nachdenken könnt, wann euch in dunklen Zeiten ein Licht begegnet ist.

6. Fürbitten
Lasst uns beten.
Gott, wir bitten Dich, befreie uns von den Folgen schlechter Erfahrungen.
Gib uns die Weisheit, unsere Möglichkeiten und Talente zu erkennen.
Und schenke uns den Mut, unsere Ketten zu sprengen und neue Wege zu gehen.
Gott, wir bitten Dich, sei uns ein Licht in dunklen Zeiten.
Gib uns das Einfühlungsvermögen, damit wir das Leid anderer erkennen können.
Und schenke uns die Kraft, ihnen ein Licht zu sein, so wie Du das unsere bist.
Amen

7. Vaterunser

8. Lied "One Thing Remains" (Jesus Culture)

9. Segen
Gott sei vor dir, um dir den rechten Weg zu zeigen.
Gott sei hinter dir, um dich vor allem Bösen zu beschützen.
Gott sei unter dir, um dich aufzufangen, wenn du fällst.
Gott sei in dir, um dich zu trösten, wenn du traurig bist.
Gott sei über dir, um dich zu segnen.
Und so segne dich der gütige und barmherzige Gott.
Amen

GefundenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt