One way?

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Wenn ich erzähle, dass ich in der Kirche aktiv bin, mündet das meistens in der Frage: Bist du etwa religiös, ich meine gläubig, ich meine so richtig?
*Ironie* Klar, kein Sex vor der Ehe und wenn du eine andere Religion hast, erschlage ich dich mit meiner Bibel. *Ironieende*
Meine Antwort ist dann immer, dass ich nicht jeden Sonntag in die Kirche renne, damit da auch ja keine Missverständnisse aufkommen. Als ob man daran den Grad der Religiosität messen könnte. Ich meine, man wird ja auch nicht zum Auto, nur weil man in eine Garage geht. Als ob „gläubig" ein Zustand, ein Ziel wäre das man erreichen könnte.

Wenn ich hier oben stehen und predige, führe ich eigentlich nur Selbstgespräche. Dabei sind meine Worte stets lauter als ich, denn Worte sind alles, was ich habe. So gern würde ich behaupten, ich hätte nie Zweifel, aber das kann ich nicht. Also habe ich vielleicht gar keine Ahnung.

Manchmal ist heute nur der Tag nach gestern.
Ich weiß nie was mir fehlt, bevor ich es finde.
Manchmal da blendet mich das Licht am Ende des Tunnels viel zu sehr.
Manchmal da weiß ich nicht, was ich als nächstes tun soll, wohin mich meine Schritte führen. Als hätte ich jedwede Orientierung und jeden Halt verloren. Wie ein Papierschiffchen auf dem Ozean.

Wie soll man auch den richtigen Weg finden?
Gibt's ein Ziel, den großen Gewinn?
Und wenn ja, wie komme ich da hin?
Es ist doch alles verwirrend widersprüchlich.
Zwischen hellschwarz und dunkelweiß.
Billige Menschen in teuren Klamotten.
Sie sagen Zeit ist Geld, während Zeit das Einzige ist,
das wir nicht ausgeben.
Wir sind kalt obwohl wir strahlen.
Auf unser Ich-Phone starrend müssen wir kein Du sehen.
Alle streben nach Erlösung, aber keiner will gerettet werden.
Wir sind für Wunder blind geworden.
Wenn nur Plan A zählt, folgen alle Schema F.
In einer Welt verschlossener Räume ist der mit dem Schlüssel König.
Bittere Erkenntnis, ich habe den Schlüssel nich'.
Also mit dem Kopf durch die Wand?
Immer weiter
ans Ziel, Typ Räuberleiter
tritt dir auf die Hand.
Lieber breche ich mein Schweigen, denn ich habe noch ein paar davon.
Alles bleibt anders.

Manchmal da habe ich Zweifel.
Dann zweifle ich an allem, aber vor allem an mir selbst.
Bei so manch anderen sieht das alles so einfach aus.
Ihr Glaube ein omnipräsenter Zustand.
Glaubensfest, standfest in ihrem Standpunkt.

Aber Jesus sagte nicht „Ich bin das Ziel", sondern „Ich bin der Weg".
Der Glaubenshorizont ist kein Kreis mit dem Radius Null, den man dann
seinen Standpunkt nennen kann.
Glauben ist ein Sich-auf-den-Weg-machen.
Glauben bedeutet auch Zweifeln.
Glauben heißt auch hinterfragen.
Besser gehen und einen Schritt wagen
als stehen bleiben
und in der Wohlfühlzone verweilen.

Es gibt keine Garantie, dass wir uns nicht verlaufen. Aber war Gott es nicht, der sich auf den Weg machte und nach dem verlorenen Schaf suchte?
Gott gibt die Hoffnung nicht auf, selbst wenn wir es schon längst getan haben. Gott liebt uns wie ein Vater es tun sollte, selbst wenn wir es nicht mehr können. Und Gott glaubt an uns, selbst wenn wir es nicht tun.
Vielleicht hat Gott einen Plan für uns und doch gab Er uns unseren freien Willen. Wir dürfen Umwege gehen, denn Er weiß, am Ende sind wir bei Ihm angekommen.

Alle streben nach Erlösung, aber keiner will gerettet werden. Gott tut's trotzdem.
Manchmal da blendet uns das Licht am Ende des Tunnels viel zu sehr. Aber manchmal tanzen unsere Schatten in Seinem Licht.
Wir wissen nie was uns fehlt, bevor wir es finden. Aber manchmal da werden wir gefunden.
Auf unser Ich-Phone starrend müssen wir kein Du sehen. Aber guckt mal nach oben, vielleicht werden wir dann begreifen, dass wir Nacht für Nacht den selben Mond anstarren. Jeder Tag wird dunkel geboren. Und Wind ist bloß Himmel, der sich Hautkontakt traut.

Zeit ist Geld?
Aber all das, was wirklich zählt,
das kann man nicht zählen.
Alles was wir sehen,
ist nur das, was wir darin sehen.
Wir sind für Wunder blind geworden.
Und es kann schon sein,
dass man die größten Schritte nicht mal merkt.
Aber wir brauchen kein Ziel um zu bemerken,
dass uns irgendwas bewegt.

Alles bleibt anders.

Wir dürfen unsere eigenen Entscheidungen treffen.
Gott wartet nicht an irgendeinem fernen Ziel auf uns,
sondern geht den Weg mit uns.
Egal ob der nun so vorgesehen war oder nicht.
Und so suchen wir nie nach Gott,
sondern mit Gott.
Denn Er sucht nach uns genauso sehr, wie wir nach Ihm.
Du brauchst kein Heiliger zu sein, ein Mensch reicht.
Jesus sagte: „Ich bin der Weg".
Jeder Tag wird dunkel geboren.
Wind ist bloß Himmel, der sich Hautkontakt traut.
Manchmal da werden wir gefunden.
Und alles bleibt anders.


Musik dazu:
Wer weiß, wie viel Zeit uns noch bleibt - Curse
Leuchtfeuer - Emma6
Blessed Be Your Name - Matt Redman
One way - Hillsong United
Dieser Weg - Xavier Naidoo

Empfehlung:
Spuren im Sand

Deleted scenes:
Viele Wege führen den Berg hinauf. Der Einzige, der seine Zeit verschwendet, ist derjenige, der um den Berg herum rennt und allen erzählt, dass sein oder ihr Weg der falsche ist.
Wenn nur Plan A zählt, folgen doch alle Schema F. Jeder muss seinen eigenen Weg gehen. Man kann nicht darauf hoffen, dass schon jemand vorangegangen ist und das Gras für einen platt getrampelt hat mit seinen Riesenfüßen. Und mal ehrlich, wer will schon in die Fußstapfen von jemand anderem treten. Alles bleibt anders.
Eine Mutter setzt ihr Kind ja auch nicht auf die Straße, wenn es weggelaufen ist, und denkt sich: „Pff, sieh doch zu wie du klar kommst."

GefundenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt