Zweites Kapitel • Ein alter Bekannter

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Ach, welch wohlerzogener Mann Titan doch ist! Höflich und ansehnlich zugleich, was in der heutigen Zeit äußerst rar geworden ist. Vergangenen Dienstag lud er mich auf ein Glas Elfenwein im Castor-Manor ein. Jenes Anwesen, welches ich in Kürze mein Zuhause nennen darf. Wir verbrachten einen herrlichen Tag miteinander und am Abend führte Titan mich in ein überaus feines Zauberer-Lokal an der Ostküste Englands aus. Ja, Vaters Wahl bezüglich meines zukünftigen Ehegatten war wahrlich eine Gute. Dies kann ich im Übrigen auch von seinem Bruder Onkel Hyperion behaupten. Dessen Sohn, mein werter Cousin Rodolphus, wird in Bälde Bellatrix Black zur Frau nehmen. Eine reizende junge Dame! Derart galant und mit solch wundervollen Ansichten, dass man fast meinen mag, sie wäre meine Seelenverwandte. Erst vor kurzem hatte ich im Rahmen eines Maskenballs im Hause Carrow das Vergnügen, Bella näher kennen zu lernen. Ich muss zugeben, anfangs war meine Meinung über sie geteilt. Man weiß ja, was über diese Familie erzählt wird. Angeblich soll Bellas ältere Schwester Andromeda mit einem Schlammblut durchgebrannt sein! Diese Frau ist schon so lange eine Schande für alle Reinblüter. Keinesfalls würde ich je Walburga Blacks Erziehungskünste infrage stellen. Ganz im Gegenteil. Andromeda wusste schon immer gut den Namen ihrer Familie in den Dreck zu ziehen. Mir persönlich ist es jedoch nach wie vor ein Rätsel, wie man seiner eigenen Familie etwas Derartiges antun kann!

Meredith Lestrange 27. Mai 1978

2.

Das letzte Wort wurde von dem Sprechenden Hut weit in die Große Halle hinaus geschrien. Schlagartig wurde es still im Raum. Sämtliche Gespräche waren verstummt und ein ohrenbetäubendes Schweigen senkte sich auf die Menschenmenge. Alle, ob Schüler oder Lehrer, starrten nach vorne, gebannt auf das, was sich dort abspielte.

Hermine war wie erstarrt und wagte es nicht, sich zu rühren. Slytherin. Die Worte des Sprechenden Hutes hallten in ihrem Kopf nach, immer und immer wieder. Sie brauchte eine Weile, um zu realisieren, was gerade geschehen war, doch sie konnte es nicht, bis sie mit zusammengebissenen Zähnen aufstand und einen Seitenblick zu Professor McGonagall riskierte. Diese jedoch hatte die Augen weit aufgerissen und machte keine Anstalten, der Schülerin den Hut vom Kopf zu nehmen. Die junge Frau schluckte schwer, legte den Sprechenden Hut vorsichtig zurück auf den Stuhl und ging dann langsam und wie in Trance auf den Slytherintisch zu. Ausnahmslos jeder verfolgte sie mit seinen Augen und Hermine konnte die Blicke der anderen im Nacken spüren, als sie vorsichtig auf der Bank Platz nahm, so weit entfernt von den anderen Slytherins wie möglich. Ihr war eiskalt und sie konnte die Blutleere in ihren Wangen förmlich fühlen. Eisiger Angstschweiß lief ihr den Rücken hinunter und sie wischte ihre Hände an ihrer Jeans ab, bevor sie einen Blick in die Menge riskierte. Niemand sagte ein Wort. Sie alle schwiegen, manche mit aufgerissenen Augen, andere mit heruntergeklappter Kinnlade.

Dann, als hätte jemand einen Schalter umgelegt, brach wahrer Tumult aus. Flüstern, Murmeln und überraschte Ausrufe schallten durch die Große Halle. Ein Erstklässler aus Ravenclaw beugte sich zu einem älteren Schüler und deutete laut tuschelnd auf Hermine. Am Hufflepufftisch starrten Dean und Seamus sich entsetzt an, unfähig auch nur ein einziges Wort über die Lippen zu bringen, die Arme jedoch wild in der Luft gestikulierend, und zwei Drittklässlerinnen aus Slytherin stemmten empört die Hände in die Hüften und diskutierten wild miteinander.

Pansy Parkinson, eine Slytherin, die Hermine nie wirklich gekannt hatte, die ihr aber aus Prinzip schon unsympathisch war, sprang auf und zeigte mit dem Finger auf Hermine, die nur wenige Meter entfernt von ihr saß. „Wie bitte? Die Granger soll nach Slytherin?" protestierte sie lautstark und wandte sich voller Inbrunst und zustimmungsheischend an ein dunkelhaariges Mädchen neben ihr, welches Hermine als Millicent Bulstrode erkannte, die jedoch nur teilnahmslos mit den Schultern zuckte. „Aber die ist doch gar nicht reinblütig!", zeterte Pansy verärgert, reckte ihr Kinn hoch in die Luft und verschränkte brüskiert die Arme. „Die ist doch ein Schlammbl-..." Doch noch bevor das Slytherinmädchen ihren Satz vollenden konnte, wurde sie von ihrem Sitznachbarn an der Schulter gepackt und gewaltsam zurück auf ihren Platz gedrückt, worauf hin sie überrascht aufquiekte, diesen entgeistert und empört anstarrte und den Mund zu einer spitzen Bemerkung öffnete.

Dein Schatten in mir • Dramione-FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt