Vierzehntes Kapitel • Das Sternenzimmer

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Wie lange, habe ich diesen Tag ersehnt. Wie lange habe ich mir diesen Tag als mein eigen gewünscht, so voller Vorfreude und gar närrischer Glückseligkeit in mir. Wie lange habe ich gewartet, endlich für mich zu leben, was mir so lange schon zugestand. Was mein sein sollte, wie ich es verdiene, schon so lang. Kaum zehn Stunden ist es nun her, dass ich dort stand, in diesem nachtschwarzen Mädchentraum aus Spitze und Tüll, dem tiefdunklen Schleier, so finster wie die Nacht und Titans glühende Augen, als er mich, hinreißend und in diesem düsteren Anzug bildschön, auf den Weiten des Castor-Anwesens erwartet hat, um mich nun endlich sein Eigen nennen zu dürfen. Denn dies bin ich nun. Ich bin sein, ich bin eine Castor, ganz und gar und mit Haut und Haaren. Und ich könnte glücklicher nicht darüber sein, nun endlich mich selbst zu meiner vollsten Größe zu leben, für ihn und den Lord, wie es mir als Gattin und Dienerin des Vaters der Dunkelheit, des Vaters aller, befohlen ist. Mit den grazilen Schlangenmustern auf meinem Unterarm und dem prunkvollem Ring an meinem Finger, der nur allzu offensichtlich von dem Ruhm, der Ehre des Castorgeschlechtes zeugt, könnte ich des Lebens stolzer nicht sein. Mit Mutters strengem Blick auf mir, der mich mahnt mich doch immer Titans Willen und Trieben zu ergeben, wie eine Frau es zu tun hat, mit dem ernsten Ausdruck meines Vaters, wenn er mich besieht und befiehlt, dem dunklen Lord treu ergeben zu gehorchen, solle es auch meinen Tod bedeuten, fühle ich mich sicher in diesen Worten. Sie geben mir ein Zuhause in diesen heimatlosen Zeiten, einen Anker, wenn alles wegzuschwemmen droht, was mir einmal lieb und teuer war. So rollt nun eine einzelne einsame Träne meine geschminkten Wangen hinab, eine Träne der Freude und des Glückes wohl, noch während ich diese Zeilen schreibe. Ganz so, wie ebensolche meine Sicht benetzten, als ich Titan noch vor Stunden dort draußen das Ja-Wort gab und er einen einzigen Satz ganz leise in mein Ohr wisperte: Bis dass der Tod uns scheidet.

Meredith Castor, 13. August 1978

14.

Der nächste Tag verlief ohne weitere besondere Vorkommnisse. Hermine traf Draco nur einmal kurz auf dem Gang, der ihr ein leises Lächeln zuwarf, welches diese hastig erwiderte. Millie blickte Hermine daraufhin fragend und eine Spur misstrauisch an, doch diese winkte bloß ab und wandte sich wieder dem vorherigen Gesprächsthema, Professor Quinns mausgrauen Augen, zu, auf welches ihre Freundin natürlich sofort ansprang. Die Zaubertrankstunde bei Professor Slughorn zog vorüber, ebenso wie Alte Runen und Arithmantik und in der Freistunde vor Zauberkunst setzte Hermine sich endlich an den Aufsatz zu Schutz- und Verbergungszauber für Professor Flitwick, den sie bislang noch immer vor sich her geschoben hatte. Am Nachmittag zog der dunkle wolkenbedeckte Himmel immer weiter zu und es begann wie aus Eimern zu regnen. Ein eisiger Herbstwind pfiff in den hohen Baumkronen des Verbotenen Waldes, heulte in den Zweigen und fegte in regnerischen Wehen über das graue Land. Hermine hatte es sich mit Millie in der Bibliothek gemütlich gemacht, nachdem Pansy und deren Gefolgschaft sie aus dem Gemeinschaftsraum der Slytherins vertrieben hatte. Ganz im Gegensatz zu Hermines anderen Häusergenossen, die über sie hinweg sahen, als wäre sie nicht weiter als bloße Luft, sie nahezu gänzlich ignorierten und sich nicht einmal zu verächtlichen Sprüchen herabließen, kostete Pansy jede einzelne Sekunde aus, um Hermine und Millie zu triezen. Sie schien es Letzterer besonders übel zu nehmen auf die andere Seite gewechselt zu haben, wie Pansy es gerne ausdrückte. So verbrachten sowohl Hermine als auch Millie gerne so wenig Zeit wie möglich im gemeinsamen Schlafsaal oder den Gemäuern der Slytherins, machten es sich lieber in den samtroten Ohrensesseln der großen Bibliothek bequem, sahen hinaus in den eisigen Herbststurm, der nur durch das dünne Buntglasfenster der gewaltigen Glasfront von den beiden getrennt war. Hermine hatte, wie jedes Mal, wenn sie nur knapp einer unangenehmen Situation entronnen war und auf andere Gedanken kommen wollte, ihre eigene, sichtbar zerlesene, Ausgabe von Geschichte Hogwarts' auf ihrem Schoß aufgeschlagen und war gerade im Begriff umzublättern, das neue Kapitel über Helga Hufflepuff und deren Familien Geschichte aufzuschlagen, als Millie sich gegenüber von ihr räusperte. Eine Spur verwirrt blickte Hermine auf und sah, wie diese sie erwartungsvoll anschaute. Millie hatte sich vorgebeugt und hatte eine neugierige Miene aufgesetzt. „Was?" In sicherer Erwartung, was jetzt wohl kommen würde, wandte Hermine sich wieder ihrem Buch zu, reagierte nur wie beiläufig auf Millies gebannten Ausdruck.

Dein Schatten in mir • Dramione-FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt