Diese Angst, die ich spüre, in meinen Venen, in meinem schmerzenden Kopf, diese Angst, die ich sehe, in meinen eigenen dunklen Augen, in der Schönheit meines eigenen Antlitzes... - Sie wird schlimmer. Steigt zum Himmel empor, fährt durch meinen Körper, bis ich nicht mehr weiß, wer ich bin. Und das nur, weil ich nicht diese Lust empfinde, nicht diese Kost, wenn ich Titans Erzählungen lausche, wenn er berichtet, wie er die dreckigen Leben des niederen Volkes nimmt. Und ich frage mich, welcher Dämon in meinem Innersten haust, dass das Säubern des Schmutzes vom Antlitz der Erde für mich ein notwendiges Übel ist und nicht dieses Hochgefühl in mir hervorruft, welches Titan mehr und mehr erfüllt, in Manie und einen nie endenden Rausch versetzt. Bin ich denn so viel besser, als diese Blutverräter von Weasleys, Abbots und Prewetts? Bin ich denn nicht eine ebensolche Schande für die Erhabenen, die teuren Reinblüterfamilien, wie sie es sind?
Meredith Lestrange, 14. Juli 1978
8.
Hermine wusste weder aus noch ein. Nach den richtigen Worten ringend, starrte sie Ron bloß an, der anklagend und mit erhobenem Zeigefinger auf sie deutete. Sie fühlte sich unwohl unter seinem Blick, in dem nichts als unnahbare Kälte lag, nichts deutete darauf hin, wie liebevoll, großzügig und herzlich ihr Freund für gewöhnlich war. Sie biss sich auf die Lippe und nun war sie es, die seinen Augen auswich, seinen starrenden, sie anklagenden Augen, die sie auf eine Art und Weise musterten, die Hermine eine Gänsehaut über den Rücken jagte.
„Ron, hör zu..." stammelte sie, den Kopf gesenkt, um ihn nicht ansehen zu müssen. „Das ist alles ganz anders, als du denkst..." Doch abermals wurde sie von ihrem Freund unterbrochen, sodass sie ihren Satz nicht beenden konnte. „Anders, ja?" Wieder kam Ron näher, so nah, dass sich ihre Nasenspitzen beinah berührten. „Ich weiß ja nicht, was du mit anders meinst, Hermine", zischte Ron und malte mit einer Spur Sarkasmus in der gefühlskalten Stimme Anführungszeichen in die angespannte Luft. „Aber was Luna uns geschildert hat, was sie gestern in der Bibliothek beobachtet hat, war ziemlich eindeutig!" Wenn überhaupt nahm Rons Gesicht einen noch dunkleren Rotton an und Hermine seufzte. Luna hatte sie beobachtet? Und ihren Freunden davon berichtet? Das klang so gar nicht nach dem lieblichen, verträumten Mädchen, das Hermine schon seit Jahren zum Kreis ihrer engsten Freunde zählte. Sie würde sie beizeiten einmal darauf ansprechen.
Doch nun hatte die Slytherin gerade andere Sorgen. „Ron", sprach sie beherrscht und darauf bedacht, Worte zu wählen, die ihn nicht noch zorniger machten. „Was auch immer Luna da gesehen hat: Es ist nicht so, wie du denkst. Malfoy hat seine Hilfe angeboten, weil..." Okay, dann würde sie es jetzt wohl sagen. Dann würde sie jetzt also erklären, dass sie keine muggelstämmige Granger war, sondern die Tochter eines Todesserpaares. Dann würden ihre Freunde jetzt also erfahren, was ihr gestern so lange so schwere Stunden bereitet hatte und warum Draco einer der einzigen Menschen im Hogwartsschloss war, der Hermine bei ihren Nachforschungen unterstützen konnte.
Klar, der Zeitpunkt war mehr als nur ungünstig. Ein aufgebrachter Ron, ein Harry, der sich am liebsten gar nicht äußerte und Ginny, die noch immer etwas abseits stand und mit einer Miene, die Hermine nicht deuten konnte, das Vonstattengehende beobachtete. Hermine holte tief Luft, legte sich die Worte, die schon seit gestern Abend in ihrem Kopf geisterten, sorgsam zurecht und öffnete dann den Mund, um den drei Gryffindors ihre neuen Familienverhältnisse zu unterbreiten, als Ron schon wieder die Arme vor der Brust verschränkte und mit feindselig zusammengekniffenen Augen zischte: „Nicht so wie ich denke... Dass ich nicht lache! Was ist eigentlich los mit dir, Hermine?" Er musterte sie und Hermine schluckte, als sie den leicht angewiderten Ton in seiner Stimme hörte. „Erst steckt dich der Hut nach Slytherin und jetzt Malfoy! Er ist der Feind, Hermine, unser jahrelanger, gemeinsamer Feind!"
Jetzt wurde es Hermine ganz eindeutig zu bunt. Zorn brannte in ihrer Brust und ebenso entsetzt wie Ron, rang sie aufgebracht die Hände. „Der Feind? Der Feind?! Ist das dein Ernst, Ron? Voldemort ist tot, schon vergessen? Es gibt keinen Feind mehr!" Am liebsten hätte sie Ron eine geklatscht, ihn einmal kräftig durchgeschüttelt, all dieses kindliche Schwarz-Weiß Denken aus seinem Kopf herausgewischt, samt all der Wut, all dem Zorn. Doch sie blieb an ihrem Platz stehen, rührte sich nicht. Auch nicht, als Harry sich plötzlich zwischen die beiden drängte und beschwichtigend versuchte, seine beiden Freunde zu beruhigen. „Jetzt macht mal halblang, ihr beiden." Er wandte sich an sie und sprach mit ruhiger, aber fester Stimme: „Hermine, natürlich ist Voldemort tot." Mit einem Seitenblick auf Ron fügte er hinzu: „Und Malfoy als den Feind zu bezeichnen ist vielleicht auch ein wenig übertrieben." Ron machte ein unverständliches Geräusch, wie ein verächtliches Schnauben, welches Harry jedoch geflissentlich ignorierte, als er den Kopf wieder zu Hermine drehte. „Aber Ron hat schon irgendwie Recht: Du bist jetzt in Slytherin. Das ist..." Hermine öffnete den Mund, um ihn zu unterbrechen, doch Harry hob Einhalt gebietend die Hand und sprach: „Sag jetzt nicht, dass das keine große Sache ist. Für dich vielleicht nicht...für uns..." Er deute auf Ron und sich „...für uns schon. Und dann auch noch Malfoy..." Gequält zog Harry die Augen zusammen. „... Das ist echt bitter, verstehst du?"
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Dein Schatten in mir • Dramione-Fanfiction
Fiksi Penggemar[Wattys Gewinner 2022 in der Kategorie Fanfiction] "Manchmal sind es die kleinen Zauber, Malfoy, die Großes bewirken." Als Hermine Granger ein halbes Jahr nach der Schlacht gemeinsam mit ihren Freunden im Zug Richtung Hogwarts sitzt, ahnt sie noch...