Fürwahr, ich will keinen Hehl daraus machen, doch der Gedanke daran, dem dunklen Lord heute erstmals nicht nur persönlich gegenüber zu treten, sondern zudem bloß mit Titan an meiner Seite, versetzt mich in eine seltsame Art der Erregung. Als Verlobte des Castor-Nachkommen wurde mir vom Lord selbst die Verfügung erteilt, an der allabendlichen Todessertafel im Hause Malfoy teilzunehmen. Eine Ehre, die mich überraschend, gleichwohl aber auch voller Freude getroffen hat. Wohl hat Vater mich als junges Mädchen schon einige wenige Male zu diesen Tagungen mitgenommen, doch war es mir damals bedauerlicherweise nicht gestattet, mich am Gespräch zu beteiligen. Jedoch habe ich selbstverständlich immer die Ohren gespitzt, wenn ich, gemeinsam mit den Carrowkindern Amycus und Alecto, den Herren den Wein servieren durfte. Es ist eine solche Ehre nun endlich eigens zu Jenen zu gehören, die an der dunklen Tafel speisen und sich über die nächste Säuberung beraten. Titan sagt, ich wäre geistig umnachtet, weil ich mich bereits drei Mal fürs Bankett umgekleidet habe, doch möchte ich dem dunklen Lord wahrlich nur in meinen besten Kleidern unter die Augen treten, alles andere wäre an Verantwortungslosigkeit nicht zu überbieten. Doch nun will ich mich aufmachen; wer den anderen achtet, sollte schließlich nicht zu spät kommen, wie es so schön heißt.
Meredith Lestrange, 03. Juni 1978
3.
Der erste Schultag an der Hogwartsschule für Hexerei und Zauberei war schlicht ganz anders, als Hermine sich den Einstieg in ihr nächstes, und vor allem letztes Schuljahr, vorgestellt hatte. Nachdem sie, noch immer über Dracos merkwürdiges Verhalten grübelnd, die Treppen in die Kerker wieder hinabgestiegen war und den Mädchenschlafsaal betreten hatte, waren, zu ihrem Bedauern, ihre Mitschülerinnen bereits auf den Beinen, und Pansy stand in der Mitte des Raumes und stakste gerade mit erhobener Nase zwischen den Himmelbetten hindurch. Als Hermine die Tür zum Schlafsaal leise aufstieß, um nur kurz ihre Sachen zu holen und dann schnell wieder zu verschwinden, stolzierte Pansy, begleitet vom Gekicher ihrer Freundinnen, mit strenger Miene auf und ab, hatte sich ein paar der Zeitschriften von Daphne Greengrass' Nachttisch geklaubt, die sie unter ihren Arm geklemmt hatte und strich sich dann theatralisch und in einer großen Geste durch das dunkle Haar, als sie ausrief: „Seht mich nur an! Ich bin Hermine Granger, die Kriegsheldin, seht nur, wie toll ich bin!" Kokett warf sie ihre Haare über die Schulter und die anderen Mädchen lachten und kicherten. Hermine blieb wie angewurzelt stehen und gegen ihren Willen, zuckte ein kleiner, stechender Schmerz durch ihre Brust, als sie ihre Mitbewohnerinnen sah, die sich lauthals lachend, prustend und kichernd über sie lustig machten. Sie seufzte und überlegte für einen Moment einfach zu verschwinden, sich bis zum Unterrichtsbeginn in der Bibliothek zu verkriechen und sich vor den Anfeindungen ihrer Mitschülerinnen in die Welt der Bücher zu flüchten. Doch dann entschied sie anders und räusperte sich vernehmlich, um so die Aufmerksamkeit der anderen Mädchen auf sich zu ziehen. Das Kichern von Daphne Greengrass und Millicent Bulstrode erstarb augenblicklich und Pansy fuhr so schnell herum, dass die Zeitschriften, die sie bis eben noch im Arm gehalten hatte, mit einem lauten Klatschen auf dem dunklen Steinboden landeten.
Hermine konnte einen Anflug von Erschrockenheit über Pansys Gesicht huschen sehen, als hätte diese nicht damit gerechnet, sie hier anzutreffen und wäre nun peinlich berührt, da sie erwischt worden war, wie sie Hermine zum Narren hielt. Doch bevor Hermine weiter darüber nachdenken konnte, festigte sich der Ausdruck in Pansys Gesicht und die anfängliche Unsicherheit wich einem amüsierten Grinsen. „Na, wen haben wir denn da?" Sie legte den Kopf schief und musterte Hermine spöttisch. „Unsere ach so tolle Heldin höchst persönlich." Die Slytherin legte in einer theatralischen Geste ihre Hand auf die Brust. „Was für eine Ehre!" Sie schnaubte verächtlich und blickte von Daphne zu Millicent, die leise kichernd zustimmten. Hermine verschränkte verärgert die Arme vor der Brust und tat einen Schritt auf Pansy zu, deren Lächeln zwar nicht von ihren hochnäsig gekräuselten Lippen verschwand, die aber dennoch ein winziges Stück zurückwich. „Okay, Parkinson", sprach Hermine und rang um betonende Ruhe in ihrer Stimme. „Was ist dein Problem? Was willst du?" Sie verengte die Augen zu Schlitzen und dachte daran, dass das jetzt schon die zweite frustrierende Konversation mit einem unausstehlichen Slytherin an diesem Morgen war. Hermine konnte ein inneres Seufzen kaum unterdrücken. Natürlich hatte sie nicht erwartet, dass man sie, als ehemalige Gryffindor und Schlammblut obendrein, hier, in Slytherin, mit offenen Armen empfing. Doch dass sie innerhalb von einer Stunde mit gleich zweien ihrer neuen Mitschüler aneinandergeraten würde, weil der eine sie durch Scheinfreundlichkeit für dumm verkaufen wollte und die andere ganz unverhohlen über sie herzog, hatte sie nicht gerechnet. Warum konnten diese Dumpfbacken von Slytherins sie nicht in Ruhe lassen und einfach den Mund über sie halten? Hermine verdrehte innerlich die Augen. Aber nein, das wäre ja auch viel zu leicht gewesen.
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Dein Schatten in mir • Dramione-Fanfiction
Fanfic[Wattys Gewinner 2022 in der Kategorie Fanfiction] "Manchmal sind es die kleinen Zauber, Malfoy, die Großes bewirken." Als Hermine Granger ein halbes Jahr nach der Schlacht gemeinsam mit ihren Freunden im Zug Richtung Hogwarts sitzt, ahnt sie noch...