Neuntes Kapitel • All die Jahre

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Noch immer bin ich nicht besser als diese Blutsverräter, nein noch immer nicht. Noch immer bin ich nicht wie Bella und Titan, spüre nicht das Glück, nicht die Freude. Und deshalb will ich einen Entschluss fassen, jetzt gleich. Ich will Freude haben, manisch und wie im Rausch sein, ganz so, wie die Zwei es sind, wenn sie von einer Säuberung zurückkommen. Ich will gehen, mit ihnen fort, wenn sie das nächste Mal aufbrechen. Denn welch ein Dämon dort auch immer in meiner Brust tief lungert, der mich angstvoll macht, verhindert, dass ich diese Freude spüre: Ich werde ihn bekämpfen, als eine Gefolgin des dunklen Lords werde ich es tun, ich weiß es.

Meredith Lestrange 19. Juli 1978

9.

Die folgenden Tage vergingen schleppend und zäh, als wäre die Luft um Hermine herum nahezu undurchdringlich und dick wie Honig. Das Aufstehen jeden Morgen im dunklen Kerkerzimmer der Slytherinmädchen fiel ihr unsagbar schwer, ebenso wie der morgendliche Gang hinauf in die Große Halle, wo sich auch eine Woche später noch neugierige Gesichter zu ihr umsahen, wenn sie die langen Tischreihen entlangschritt, wo getuschelte Wortfetzen über den Untergang des Goldenen Trios noch immer an ihr Ohr gelangten. Ja, sogar der Unterricht, die lehrreichen Stunden, die ihr doch immer so lieb und teuer gewesen waren, verlangten ihr nun gänzlich all ihre Energie ab. Mit dunklen Ringen unter den verweinten, verquollenen Augen schleppte sie sich mit einem müden Ausdruck im trägen Gesicht von Klassenraum zu Klassenraum, von Unterrichtstunde zu Unterrichtsstunde, mied belebte Orte, wie die Große Halle, ihren Platz am Seeufer oder die schülererfüllten Korridore. Und aus Angst, Harry, Ron oder Ginny zu begegnen, weitere wütende, verletzte und enttäuschte Blicke zu riskieren, verbarg sich hinter den hohen Regalen der Schulbibliothek hinter dicken, ledernen Büchern und Einbänden.

Ihr war nicht nach fragenden Blicken von kleinen Mädchen und Jungen, die irgendwelche Artikel in irgendwelchen Klatschblättern und Zeitschriften gelesen hatten, welche bezeugten, dass das Goldene Trio, das berühmt-berüchtigte Goldene Trio, fortan getrennte Wege ging. Ihr war nicht nach aufgeregten Mitschülern, die auf dem Korridor geradewegs auf sie zugesteuert kamen und sie über das aus dem Ruder gelaufene Gespräch mit ihren ehemals besten Freunden ausfragten. Ihr war nicht nach den hämischen Gesichtern der anderen Mädchen in ihrem Schlafsaal, Pansys spöttelndem Kichern und dem leisen Getuschel ihrer Gefolgschaft. Hermine war weder nach Gesprächen zu ihrem Privatleben das gerade mehr als bloß den Bach hinunterging, noch zu dem Getratsche auf den Gängen zu Mute, doch sie wusste genau, dass dies nicht der einzige Grund für das Verschanzen in den ihr heiligen Hallen der großen Bibliothek war. Viel mehr als die nervigen Blicke der Schülerschaft von Hogwarts, nagte an ihr, als was jene Zeitungsartikel und jene Korridorgespräche die Freundschaft mit Ron und Harry beschrieben. Als etwas Endliches. Etwas Endliches, was nun vorbei war, nach so vielen abenteuerlichen Jahren seinen Schluss gefunden hatte. Eine Freundschaft, eine Beziehung, die währte, lang und auch in schwierigen Zeiten, aber nicht von übermäßiger Dauer gewesen sei. Wie eine Blume, wie die dunklen Stockrosen, die die Beete von Mr. und Mrs. Weasley zierten: Schön anzusehen, bei Sonne wie bei Regen, und doch niedergegangen, im harten Lauf der Zeit welk und leblos geworden.

Doch war es das wirklich? War es nun vorbei, nach all dieser Zeit? Das konnte, das durfte es nicht! Nicht wegen eines einzigen Streites, wegen irgendeiner Entscheidung irgendeines Hutes, wegen einem so kurzen Gespräch mit Draco Malfoy! Nicht, nach all diesen Jahren, all dieser Zeit, den Höhen und Tiefen, nicht nach dem Kampf gegen Lord Voldemort und dessen Todesser, nicht nach all den Wochen, den Monaten, die es gebraucht hatte, bis Ron und Hermine sich endlich ihre gegenseitigen Gefühle zugestanden und zueinander gefunden hatten. Nicht, nach all den Streitereien, den Diskussionen und Auseinandersetzungen, die sie nicht nur mit diesem, sondern auch mit Harry durchlebt hatte, nicht nach all den schwierigen Zeiten des Weinens, der Wut und des Zorns, die alle drei am Ende des Tages dann nun doch hinter sich gelassen hatten, gelernt hatten, einander zu lieben, zu schätzen und zu vertrauen. Konnte es wirklich vorbei sein?

Dein Schatten in mir • Dramione-FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt