Eine Castor zu sein ist berauschender, als ich es je für möglich gehalten habe, wunderbarer, erfüllender, und dabei gänzlich jenseits meiner vorangegangenen Vorstellungen. Ich bewohne ein ganzes Anwesen, ein Herrenhaus samt eines fein angelegten Parkes, das Manor der Blacks ist nichts dagegen, auch, wenn ich das vor Vater und Mutter niemals zugeben würde. Zu gerne jedoch sitze ich auf der niedrigen Mauer des marmornen Pavillons, der das Zentrum des Gartens bildet, umgarnt von Rosenhecken in blutigem Rot und elfenbeinfarbenem Weiß. Am Abend, wenn Titan nach Hause kommt, von einem weiteren Sieg über das niedere Volk erzählt, Blut an den großen Händen, doch jungenhafter Stolz in seinem Blick, findet er mich zumeist hier, wie ich in die untergehende, wie glühende Sonne sehe und auf ihn, meinen schönen Gatten, warte. Gemeinsam nehmen wir das Dinner ein, das wie goldene Kost auf der Zunge zergeht, süß die Himbeercreme gestern und herb der Gänsebraten am Sonntag, welches noch ein wenig besser mundet, beschreibt Titan dabei seine Heldentaten des Tages. Es glitzert in seinen Augen, wenn er von parierten Zaubern spricht, von Todesflüchen und dem Eifer des Gefechts. Nur vom Blute soll er schweigen, habe ich ihn gebeten. Fleisch gehört auf unsere Teller und nicht als Worte in unserem Mund oder zerdrückt unter unseren Schuhspitzen. Letzteres zumindest nicht beim Abendessen. Und morgen werde ich mitkommen. Nahezu eine halbe Woche habe ich meine Zeit Tag ein Tag aus bloß im Manor verbracht, in meinem neuen Zuhause zwar, doch nun will ich aufbrechen, ganz so, wie der Lord es mir befohlen hat. Ich will kämpfen, so wie ich es ein einziges Mal schon tat. Morgen, hat Titan gesagt, morgen werde ich mit ihm gehen.
Meredith Castor, 17. August 1978
15.
„...und so ist der Jupiter mit einem Äquatordurchmesser von rund hundertdreiundvierzigtausend Kilometern nicht nur der weit größte Planet unseres Sonnensystems, er trägt auch die tiefgreifendsten magischen Kräfte in sich. Näher werden wir uns mit diesen dann in der nächsten Stunde beschäftigen." Mit diesen Worten und einem gütigen Falten ihrer zittrigen, beringten Finger vor ihrer Brust, schloss Professor Sinistra ihren Monolog und sah Hermine erwartungsvoll an. Diese hatte Mühe all die einzelnen und teils komplex zusammenhängenden Informationen und Details, die die Lehrerin ihr gerade in aller Ausführlichkeit vorgetragen hatte, zu verarbeiten und in krakeliger und unsauberer Schrift auf dem Pergament vor sich zu Papier zu bringen. Ohne jegliches Prinzip von Ordnung fasste dieses in chaotischen Stichpunkten das gesamte Gesagte Sinistras zusammen und als die Stimme der Professorin verebbte war kurz nur das Kratzen von Hermines Feder auf dem hellen Pergament zu hören. „...hundertdreiundvierzigtausend Kilometer...", murmelte die Schülerin leise vor sich hin, während ebendiese Worte in tintenen Lettern auf ihrem Papier Erwähnung fanden. Dann blickte auch sie auf und als sie in das erwartungsvolle Gesicht der Astronomielehrerin sah, wusste sie kurz nicht, was sie nun sagen sollte. Sich bedanken? Für die lehrreiche Stunde, auch, wenn sie mit dem Inhalt rein gar nichts anzufangen wusste? Die Wahrheit zugeben? Sagen, dass sie keine Ahnung hatte, was genau Dumbledore mit extra Unterrichtsstunden über den Jupiter bezweckte? Oder sich bloß verabschieden, und so unsicheren Punkten, wie ihrer Unwissenheit über die Beweggründe des verstorbenen Schulleiters, aus dem Weg zu gehen? Hermine überlegte kurz und zog wie unmerklich die Stirn in Falten, entschied sich dann jedoch für Ersteres. „Vielen Dank, Professor, für diese lehrreiche Stunde." Sie warf der Lehrerin ein Lächeln zu, doch diese schien weiter abzuwarten, dass Hermine die gegebenen Informationen auf irgendeine Weise irgendetwas sagen würden. Unsicher zog Hermine abermals die Augenbrauen zusammen und murmelte dann eine leise Abschiedsformel, nahm ihre Feder und das Pergament. Dann schien auch Sinistra einzufallen, dass ein Auf Wiedersehen wohl angemessen wäre, denn sie erwiderte ebendieses und schob noch ein hastiges „Nächste Woche um die gleiche Zeit, Miss Granger" hinterher, bevor die Angesprochene das Büro verließ.
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Dein Schatten in mir • Dramione-Fanfiction
Fanfiction[Wattys Gewinner 2022 in der Kategorie Fanfiction] "Manchmal sind es die kleinen Zauber, Malfoy, die Großes bewirken." Als Hermine Granger ein halbes Jahr nach der Schlacht gemeinsam mit ihren Freunden im Zug Richtung Hogwarts sitzt, ahnt sie noch...