Geduldig wartete ich im Speiseraum. Vorher hatte ich allerdings meinen Overall gegen meine Privatklamotten getauscht. Und Jimmy hatte ich ausnahmsweise bei Merlin gelassen. Er sah nicht begeistert aus, als ich ihn gefragt hatte, ob er heute auf ihn aufpassen konnte. Doch nachdem ich so viel privat Unterricht mit Harry verpasst hatte, machte er dieses Mal eine Ausnahme.
Als die Tür sich öffnete, trat Harry herein. Er trug einen grauen Anzug mit roter Krawatte. Und wie immer sah er fantastisch aus.
"Wollen wir?" Er blieb in der Tür stehen und hielt mir diese auf. Langsam trat ich an ihm vorbei. Zusammen liefen wir nach draußen, wo ein Taxi bereits auf uns wartete.
Wieder setzte er sich zu mir nach hinten und Schulter an Schulter schwiegen wir die komplette Fahrt. Ich war einfach zu nervös, wenn er mir so nah war. Ja, er war deutlich älter als ich und ja, er war ein Kingsman-Agent. Weshalb er sowieso keine Beziehung führen durfte. Doch kleine Schwärmereien durften ja wohl erlaubt sein.In einer kleinen Sackgasse des nobleren Viertel Londons kamen wir zu stehen und Harry stieg aus. Wie ein echter Gentleman öffnete er mir die Tür.
"Na komm!" Er trat zuerst in das kleine Häuschen ein, wartete, bis ich hindurch war und schloss dann die Tür hinter sich.
"Wo sind wir?" Eine wohlige Wärme begrüßte uns und der Geruch von alten Holzmöbeln stieg mir in die Nase.
Überall an der Wand hingen Schmetterlinge und Bilder von diesen Viechern.
Begeistert sah ich mich im Flur um.
Harry deutete auf den benachbarten Raum und ich trat hindurch. Nun befand ich mich in einem Esszimmer. Ein großer dunkelbrauner Holztisch stand inmitten dieses Raums.
"Willkommen in meinem bescheidenen Zuhause!" Lächelte Harry und knöpfte sich sein Sakko auf, um es im nächsten Moment über einen der Stühle zu hängen.
"Hier wohnen Sie?"
"Hast du etwas anderes erwartet?" Schmunzelte er.
"Nein alles gut ..." Begeistert sah ich mich ein wenig um und Harrys Blick folgte meinen Bewegungen.
Auch in diesem Raum hingen, standen und lagen immer wieder Bilder, Skulpturen oder sogar echte Schmetterlinge.
"Sind Sie Fan von den Krabbelviechern?" Sagte ich in einem sarkastischen Ton.
Er schnaufte amüsiert und kam ein Stück auf mich zu. Mein Atem stockte und ich sah zu ihm auf.
"Ich hatte die Wahl, werde ich Lepidopterologe ..."
"Gesundheit!" Unterbrach ich ihn.
"Oder gehe ich zum Militär?" Fügte er mit einem Lächeln hinzu.
"Aber ich habe mich fürs Militär entschieden!" Er griff an mir vorbei und deutete auf einen Bilderrahmen. Dort sah man einen jungen Harry mit zwei anderen Soldaten, die glücklich in die Kamera lächelten.
"Und jetzt stehe ich hier?" Er ging einen Schritt zurück und lehnte sich an einem alten, aber schicken Sessel. Wieder erwischte ich mich dabei, wie ich ihn eindeutig zu lange ansah. Bis er endlich die Stille zwischen uns brach.
"Wie dem auch sei, setz dich bitte!" Er zog einen der Stühle etwas zurück und gab mir das Zeichen, mich hinzusetzen.
Erst jetzt bemerkte ich, dass der Tisch bereits gedeckt war. Und zwar nicht einfach nur Messer, Gabel und Teller, sondern richtig gedeckt. Wie man es in meinem Fall nur aus dem Fernsehen kennt. Beziehungsweise so stelle ich mir den Tisch bei der Queen vor.Harry setzte sich neben mir und hielt ein flaches Messer hoch.
"Bei Kingsman sollte man sich mit Tischmanieren auskennen. Dazu gehört auch, welches Besteck benutze ich bei welcher Speise?
Das hier ist ein Buttermesser, der Rest ist eigentlich ganz einfach. Es wird von außen nach innen gegriffen. Pro Gang immer ein anderes Besteck.
Das hier ist das Wasserglas, Wein, Champagner, Martini und so weiter." Er sah zu mir.
"Soweit verstanden?"
"Ja ich glaub schon!"
"Das ist auch nicht sonderlich schwierig ..." Ich stützte meinen Kopf auf meiner Hand ab und hörte Harrys Erklärung halb herzig zu.
Zumindest soweit ich dem ganzen Folgen konnte. Immer wieder erwischte ich mich dabei, wie ich an etwas ganz anderes dachte.
Wieso sah er nur so gut aus? Ich habe mich nie zu älteren Männern hingezogen gefühlt, doch Harry war die Ausnahme. Lag es daran, dass ich einen waschechten Gentleman vor mir hatte? Oder stand ich einfach auf den Anzug, dem noblen Verhalten und die trotzdem charmante Art, wie er sich mir gegenüber verhielt?
Normal waren meine Ex-Freunde immer irgendwelche Idioten, die außer Schlägerei und klein Verbrechen nichts anderes hinbekamen. Deshalb hat eine Beziehung auch nie länger als ein halbes Jahr gehalten.
So war halt mein Leben, ich hatte von Anfang an nicht zu Kingsman gepasst und in Millionen Jahre auch auf gar kein Fall zu Harry.
Harry zog seine Augenbrauen hoch und sah mir verwundert in die Augen.
"Sollte ich dich gelangweilt haben, tut es mir aufrichtig leid!"
"Eh... was, ach das, sorry. Ich war mit meinen Gedanken wo anders!" Mit hochrotem Kopf sah ich an ihm vorbei.
Er seufzte und stand auf.
"Komm, wir haben noch einiges vor uns!" Wie ein Hündchen lief ich Harry hinterher und ohne weitere Zwischenfälle erteilte er mir einen Unterricht nach dem anderen. Bis in die späten Abendstunden.
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Kingsman - the Secret Service (Harry Hart FF - Buch 1)
FanfictionJane ist eine Unruhestifterin, die immer wieder in Konflikte mit anderen Jungen im Londoner Viertel gerät. Als Sie eines Tages dank des geheimnisvollen und eleganten Harry Hart aus dem Gefängnis entlassen wird, beginnt für Jane ein anderes Leben. ...