Kapitel 10

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Nach einem kurzen Nickerchen was, wie ich mit einem Blick auf die Uhr bemerkte, etwas länger war als gedacht wagte ich mich aus dem Raum hinaus. Ich befand mich auf einem langen Flur mit hohen gebogenen Decken. Ich sah mich um. Die meisten der Türen am Flur entlang waren geschlossen, aber in ein paar konnte ich einen Blick erhaschen. Viele waren uninteressant, mit Regalen und Kommoden, die wohl lange nicht mehr geöffnet worden waren. Das ließ zumindest die Staubschicht auf ihnen vermuten. Aber ein Raum weckte meine Neugier. Im Gegensatz zu den anderen Türen war diese ganz geöffnet. Der Raum war groß und überall lagen Waffen jeglicher Art in Vitrinen und Halterungen. Aus irgendeinem Grund fühlte ich mich nicht mehr verängstigt. Ich fühlte mich geborgen in dem Raum, obwohl ich von so vielen Waffen umgeben war.
Wie von selbst nahm ich eine schwarze große Klinge in die Hand. Sie war so lang wie mein Oberarm und glitzerte in dem Licht, was darauf viel. Der Griff war warm und schmiegte sich perfekt in meine Hand.
Plötzlich hörte ich ein Geräusch hinter mir. Von mir selbst überrascht drehte ich mich blitzschnell um, die Klinge fest in der Hand. Es war Kylie. Sie sah mich mit einem entspannten Gesichtsausdruck an. "Hast du dich erholt? Konntest du alles etwas verarbeiten?", fragte sie mit einem leichten Lächeln. Ich fühlte mich sicher. Ich legte die Klinge wieder zurück auf den Tisch. Meine Hand, die kurz vorher noch den Griff gefasst hatte wurde kalt. Ich sah in meine Handfläche, auf der man kleine blaue Adern unter meiner hellen Haut sehen konnte.
"Wer seid ihr?", erwiderte ich ohne auf ihre Fragen zu antworten. "Komm' mit. Wir gehen ins Wohnzimmer. Da erzähle ich dir alles." Ich folgte ihr.

Das Wohnzimmer war nicht, wie man es erwartet hätte. Es war ein riesiger Raum mit Büchern überall und verschiedenen Sitzecken. Kylie führte mich zu einer Couch in der Nähe eines großen Kamins. Dieser war natürlich nicht an. Wir befanden uns schließlich im Spätsommer. Die Couch sah altmodisch aus. Sie war in einem dunkelgrün und hatte goldene Nähte als Verzierung.
Auf einem Beistelltisch stand eine Karaffe mit Whisky. Sie schenkte in zwei Gläser etwas ein. Ich nahm ein Glas entgegen und trank einem kräftigen Schluck. Wir setzten uns.

"Wir sind Schattendiebe", fing Kylie an. "Wir haben die Fähigkeit sogenannte Wesen zu sehen und sorgen dafür, dass die Menschen in Sicherheit sind. Normale Menschen können die Wesen nicht sehen." Sie machte eine Pause und wartete auf meine Reaktion. Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Stimmte was sie gesagt hat? Nach allem was ich bis jetzt gesehen hatte überraschte mich garnichts mehr. Aber passierte das wirklich oder befand ich mich in einem Koma und mein Wahnsinn hatte vollständig die Kontrolle über mich übernommen. Aber es fühlte sich so real an. Ich musste es einfach glauben. "Heißt das ich bin auch ein... Schattendieb?", fragte ich sie direkt und bekam eine Antwort: "Du musst einer sein, allerdings werden Schattendiebe nur geboren, wenn beide Elternteile welche sind. So wie du drauf bist weißt du von alldem aber nichts." Sie klang als würde ich verrückt klingen, weil ich nichts von dieser Parallelwelt weiß. Ich trank meinen Whiskey aus. "Das ist vermutlich alles etwas viel für dich, aber du bist hier sicher. Ich würde dir gerne ein paar Leute vorstellen. Ist das okay für dich?", fragte Kylie mit sanfter Stimme. Sie schaute mir genau in meine Augen, die den gleichen Farbton hatten wie meine. Ihr Anblick war beruhigend. Ich nickte.

Wir liefen wieder den Flur entlang zu einer breiten Treppe. Nach 2 Stockwerken gingen wir durch eine breite Doppeltür. Wir waren in einem Raum wie eine Sporthalle, aber mit Waffen an den Wände und verschiedenen Trainingsutensilien. Zumindest würde ich das erstmal so bezeichnen. Verschiedenen Jungen und Mädchen jeden Alters trainierten zu kämpfen. Dabei verwendeten sie echte Waffen. Da waren Klingen, so wie ich eine in der Hand hatte oder auch große Schwerter und etwas was aus sah wie Schlagringe. Diese hatten aber eine komische Farbe und bewegten sich je nach Bewegung, die gemacht wurde. Weiter hinten in der Halle wurde zielen geübt. Mit Pfeil und Bogen, mit Wurfsternen und ein Mädchen mit blonden Haaren hatte eine Peitsche in der Hand. Gerade als ich sie beobachtete traf ihre Petsche nicht wie geplant die Trainingspuppe, sondern einen blonden Jungen, der gerade am Platz daneben seine Wurfmesser einsammelte. "Pass doch auf!" Hörte man den Jungen durch die ganze Halle. "Pass du doch besser auf. Und hör auf mich abzulenken!", erwiderte das kleine blonde Mädchen mit der Peitsche. Sie holte erneut aus. Die Peitsche wickelte sich um den Arm von dem Jungen, wodurch er sich etwas mehr in meine Richtung drehte und ich sein Gesicht erkennen konnte. Es war der Blonde Junge, der mir mit Kylie das Leben gerettet hatte. Ach ja. Meine Therapeutin. Sie hatte mir auch von Wesen erzählt, bevor sie sich verwandelt hatte.


SchattendiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt