8. Kapitel

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Thorge schien missmutiger zu sein als sonst. Zumindest zu Naya. Er sprach kaum ein Wort mit ihr und hielt sich auch von ihr fern.

Dabei hatte sie alles getan, was er verlangt hatte.

Sie war mit Loah in ein Gasthaus gegangen, das auch ein Badehaus hatte. Vorher hatte sie ihm anständige Kleidung gekauft und nun war er beinahe nicht mehr wieder zu erkennen. Sein verfilztes Haar war abgeschnitten worden, genau wie sein Bart. Er wirkte auch nicht mehr so kraftlos wie vorher. Nun sah man ihm auch an, dass es ein Nordmann war.

Wie Thorge es angekündigt hatte, war Einar nach einer Weile im Gasthaus erschienen. Nicht er. Einar konnte nicht sagen, warum er Naya hatte suchen müssen. 

Der Abend war genauso verlaufen, wie der vorherige. Sie hatte wieder viele Münzen einsammeln können. Doch dieses Mal hatte Thorge sie nicht zu ihrem Raum begleitet, sondern Lasse. Der hatte nur gegrinst, als sie nachgefragt hatte und meinte, Thorge ginge einiges durch den Kopf. 

Am anderen Tag hatte Thorge ihr ausrichten lassen, dass sie bald in See stechen werden. Kaum waren sie und Loah an den Hafen gekommen, legten sie ab.

Sie hatte sich kaum noch von Amira und den anderen Frauen verabschieden können, die ebenfalls an den Hafen gekommen waren. Rabije hatte ihr aber noch ein Bündel zustecken können und hatte ihr augenzwinkernd versichert, dass sie die Sachen alle gebrauchen konnte. Naya wollte nicht darüber nachdenken, was die Frauen ihr eingepackt hatten.

Selbst auf See hatte Thorge nicht ein Wort mit ihr gesprochen. Er hatte seine Nachrichten immer nur von anderen ausrichten lassen. Meist von seinem Bruder oder von Lasse.

Loah hingegen hatte er gleich ans Ruder gesetzt.Weit weg von Naya, die am Heck saß.

Loah hatte sich nicht dagegen aufgelehnt, sondern verrichtete seine Arbeit, wie es von ihm verlangt wurde. Meist tat er sogar noch mehr. Man merkte, dass er sich auf einem Boot auskannte und die Männer schätzten sein Wissen. Er wurde von ihnen nicht als Sklave behandelt und das schien Loah zu imponieren.

Naya saß unter der Plane und nur Hühner und Ziegen, die Thorge gekauft hatte, leisteten ihr Gesellschaft.

Die See war ruhig und es ging nur ein leichter Wind. Deswegen saßen die Männer an den Rudern und hörten auf Roars Anweisungen.

Naya war es langweilig. Sie packte das Bündel aus, das sie von Rabije bekommen hatte und keuchte leicht auf. Sie hatten ihr das blaue Kleid eingepackt, das ihr so gutgestanden hatte. Dann noch ein Oberkleid und einen feinen Gürtel. Aber das war noch nicht alles. Sie entdeckte einen Beutel mit Wachs und die Kohlestücke, mit denen sie ihr die Augen verschönert hatten. Und es gab kleine Tontöpfe mit Duftöl darin.

Bei allen Göttern, wann sollte sie das bitte denn benutzen?

Dennoch packte sie alles zusammen und verstaute es in ihre Truhe, die sie ebenfalls erstanden hatte.

Thorge hatte die Truhe misstrauisch betrachtet, doch sie hatte ihm vorgelogen, dass es ein Geschenk für Jule wäre. Erst dann war der misstrauische Blick verschwunden. Er hatte sich einfach umgedreht und war an das Ruder gesessen.

Sie summte leise vor sich hin, wie sie es eigentlich bei Kjell immer machte. Sie lächelte, wenn sie daran dachte, dass sie ihren Ziehsohn bald wiedersehen würde. Er war in den Wochen bestimmt schon mächtig gewachsen. Sie hätte nicht gedacht, dass Kjell ihr so fehlen würde. Aber mittlerweile fühlte sie sich immer mehr als seine Mutter. Fehlte nur noch der Vater, aber der Passende war leider sehr stur!

Müde legte sie sich auf den harten Boden des Bootes und versuchte zu schlafen.

Es würde eine sehr lange Reise werden. Aber nicht so lang wie die, die sie noch vor sich hatte. Thorge würde toben, das wusste sie jetzt schon! Aber es war ihr egal. Er würde schon irgendwann erkennen, dass sie gut für ihn war. 

Thorges Neuanfang -Gunnarsson-Saga Teil 4-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt