24. Kapitel

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Thorge atmete tief ein! Die Schlacht war vorbei.

Er hatte Naya ins Langhaus zu seiner Mutter gebracht. Der Schwertstreich, den Herdi ihr auf dem Rücken verpasst hatte, war zum Glück nicht tief. Liv hatte die Wunde vernäht wie auch die Wunde am Bein. Sie hatte Thorge immer wieder versichert, dass Naya nicht schwer verletzt war, doch erst als beide Frauen ihn ausgeschimpft hatten, weil er sie mit seinen Fragen nervös machte, war er zum Schwitzhaus gegangen und hatte sich gewaschen.

Er wusste nicht, wie seine Männer darauf kamen, doch sie hatten ein Podium vor dem Langhaus aufgebaut und dort zwei Stühle platziert. Und dieses Mal bestanden sie darauf, dass er das Podium auch benutzte. Also saßen er und seine Frau nun auf den Stühlen. Man hatte ihm einen Pelz umgelegt und eine seltsame schwere Kette um den Hals gelegt, die er zuvor nie gesehen hatte. Alda wollte ihm noch Ringe an die Finger stecken, doch da hatte er sich geweigert. Er war kein Weib, das mit Schmuck protzen musste. Alda hatte ihn angegrinst, seine Oberarme freigelegte und ihn dann stolz angesehen.

„Endlich siehst du mal aus wie ein Jarl! Sehr eindrucksvoll! Sie werden sich vor Angst in die Hosen scheißen!"

Auch Naya war mit einem Pelz und Schmuck ausstaffiert worden und saß nun neben ihm. Er sah sie an und grinste, als sie leise seufzte.

„Ich sollte mich lieber um die Kinder kümmern und nicht hier nutzlos rumsitzen!", flüsterte sie.

Thorge beugte sich leicht zu ihr.

„Offensichtlich haben wir in der Hinsicht nichts mehr zu sagen."

Sie nickte.

„Sie wollen mit uns angeben. Lassen wir sie!"

Nach einer Weile kamen die Männer mit den Gefangenen an und warfen sie zu Boden. Die Wirkung des Rauschmittels hatte wohl nachgelassen, denn die Kerle sahen sich eher verwirrt um und schienen nicht zu begreifen, was sie hier taten.

Seine Leute verhöhnten sie. Es prasselte Schläge auf sie ein und Thorge konnte gut nachvollziehen, was sie alle empfanden. Jeder hatte eine Wut auf diese Männer. Ihm selbst ging es nicht anders.

Am liebsten hätte er selbst alle umgebracht.

Er wischte sich über das Gesicht. Vier Männer und eine Frau hatte er heute verloren! Alles waren gute Menschen, doch im Vergleich mit anderen Schlachten hatte er noch Glück gehabt.

Finn, Jonte, Björn, Jorrek und Smilla!

Sie lagen alle in der Halle des Langhauses aufgebahrt und warteten auf ihre letzte Fahrt.

Wut kam in ihm auf und der Griff um sein Schwert wurde immer fester.

Naya legte ihm eine Hand auf den Arm.

„Beruhige dich!

Er sah sie böse an, bereute es aber sofort, als er bemerkte, wie sie zurückschreckte. Langsam nahm er ihre Hand und drückte einen Kuss auf den Handrücken.

„Verzeih mir! Aber ich bin so wütend. Ich kann mich kaum beruhigen. In der Halle liegen fünf gute Leute. Und diese Männer haben deren Tod verschuldet. Sie und Herdi! Wegen Lügen und einem falschem Ehrgefühl!"

Sie nickte.

„Das weiß ich, Thorge. Und ich bin selbst wütend. Doch ich weiß auch um ihre Vergangenheit. Sie haben eigentlich nur Herdis Befehle befolgt."

Thorge nickte.

„Das ist mir auch klar, Naya. Doch soll ich deswegen Milde walten lassen? Dann gelte ich als schwach und andere werden kommen, um uns anzugreifen. Willst du das? Sollen wir immer wieder angegriffen werden, nur weil alle denken, ich sei zu mild?"

Thorges Neuanfang -Gunnarsson-Saga Teil 4-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt