Thorge wachte mit einem Brummschädel auf.
Bei allen Göttern, was hatte er sich nur dabei gedacht, so viel zu saufen?
Er stöhnte und legte einen Arm auf die Augen.
Warum war es so verflucht hell hier?
Er drehte sich auf die Seite und blinzelte etwas.
Er hatte gestern vermieden mit Naya zu reden. Er hatte nichts Falsches getan, doch er hatte trotzdem ihr gegenüber ein schlechtes Gewissen. Erst der kleine Streit, dann das blutverschmierte Kleid und ihr Blick. Er war nicht vorwurfsvoll gewesen, sondern eher enttäuscht. Das hatte ihn mehr verletzt als er zugeben wollte. Aber er war verdammt noch mal der Jarl und er hatte nicht nur seine Familie zu schützen. Und wenn der Schutz darin bestand, dass er Angreifer umbrachte, dann war das gerechtfertigt. Das musste sie akzeptieren. Wie er ihr gestern schon gesagt hatte,war ihr bewusst gewesen, auf was sie sich einließ, als sie ihn geheiratet hatte. Er hatte es ihr immer wieder gesagt. Natürlich wusste er auch, dass sie schlechte Erfahrungen mit anderen seines Ranges gemacht hatte. Doch so war er nicht. Er würde nie Kinder als Sklaven verkaufen, nur um seine Schatullen zu füllen. Und er hielt keine Sklaven. Auch das wusste sie.
Leise seufzte er.
Würde es nun jedes Mal so ablaufen? Würde sie all seine Entscheidungen missbilligen? Würde sie ihn immer so anschauen?
Als er bei seinen Männern gesessen war, hatte er immer ein Auge auf den Gang gehabt, der zu ihren Räumen führte. Er ist das Gefühl einfach nicht losgeworden, dass sie gehen würde.
Thorge wusste genau, dass er sie nicht aufgehalten hätte, doch es wäre schlimm für ihn gewesen. Er wollte weder sie noch die Kinder verlieren.
Doch Naya war nicht gegangen. Sie hatte ruhig auf ihrer Seite des Lagers geschlafen. Sie hatte nicht einmal missbilligend mit der Zunge geschnalzt, als er volltrunken auf die Felle und Pelze gefallen war.
Im Halbschlaf hatte er noch mitbekommen, dass sie die Kinder geholt hatte. Da wollte er eigentlich etwas sagen, aber er schaffte es einfach nicht.
Es war nur ein Wort, dass er hatte sagen wollen.
Bleib!
Aber er hatte es nicht geschafft.
Wieder stöhnte er auf.
Er war so ein verdammter Idiot!
Verwirrt runzelte er die Stirn und sah um sich herum.
Es war sehr ruhig. Er hörte keiner seiner Kinder, die ihn eigentlich immer weckten. Nur die leisen Geräusche aus der Halle drangen zu ihm, ansonsten war Stille.
Vorsichtig setzte er sich auf und sah an sich herunter.
Er war sich ganz sicher, dass er in seiner Kleidung ins Bett gegangen war. Ganz sicher sogar. Die Sonne war schon aufgegangen, als er in den Schlafraum gewankt war und er hatte es nicht mehr geschafft, sich auszuziehen. Doch nun war er ausgezogen. Er war nackt!
Er zog die Bettvorhänge etwas zur Seite und stöhnte erneut. Es wurde noch heller.
Auf seiner Truhe lag frische Kleidung für ihn bereit. Seine Stiefel standen daneben. Sie waren ordentlich geputzt. Außerdem standen auf einem kleinen Tisch, der vorher auch nicht hier war, eine Schüssel und ein Krug und in der Glut des Kamins war ein kleiner Kessel, der leise vor sich hin blubberte.
Er schwang seine Beine aus dem Bett und wäre beinahe auf den Laib Brot getreten, der da in einer Schale stand. Und noch einen Krug fand er. Er hob ihn auf und roch daran. Wasser! Frisches kühles Wasser. Gierig trank er den Krug aus.
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Thorges Neuanfang -Gunnarsson-Saga Teil 4-
Ficción históricaThorge Stijnsson ist der geborene Anführer. Jeder Mann vertraut ihm. Dennoch weiß er, dass er nur als Krieger enden wird, wenn er bei seiner Familie bleibt. Doch er hat einen Plan. Er will in einem neuen Land einen Neuanfang wagen. Als er die Gesch...