10. Kapitel

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Thorge schaute böse auf die schwarze Wolkenwand, die sich vor ihnen aufbaute.

Verflucht! Die Götter wollten es ihm also nicht einfach machen.

Um sie herum war nur das offene Meer. Kein Eiland war in der Nähe. Sie konnten sich nicht in Sicherheit bringen und das Unwetter abwarten.

„Holt das Segel ein und kippt den Mast. Wir müssen da durch!"

Die Männer machten sich an die Arbeit. Der Mast wurde gekippt und die Plane darübergelegt, dass sie Schutz finden konnten. Die anderen sicherten die Truhen und Kisten. Erst als alles sicher war, kauerten sie sich unter der Plane zusammen und warteten.

Thorge blieb an der Pinne stehen und betrachtete die Blitze, die Thor ihnen sandte. Er wandte seinen Kopf. Lasse war nahe, aber die beiden anderen waren schon mitten im Unwetter.

Die Boote sahen aus wie Nussschalen, die hin und her getrieben wurden. Doch sie hielten sich noch gut. Aber da hatte Thorge auch keine Sorge. Heftan und Roar waren erfahrene Seemänner, die solche Stürme schon oft erlebt hatten.

Der Wind wurde zu einem Sturm und das Boot begann heftig zu schaukeln. Wasser schwappte über die Planken.

Thorge rief in die Plane hinein.

„Einar! Schau nach Naya und dem Jungen."

Einar nickte und kroch zu dem Zelt. Thorge hoffte, dass er dort blieb.

Das Schaukeln wurde schlimmer und jeder, der keinen festen Halt hatte, wurde hin und her geschleudert. Doch die Männer versuchten sich, irgendwo festzuhalten.

Thorge schlang sich ein Tau um die Hüfte, denn selbst er hatte Schwierigkeiten.

Loah kam unter der Plane hervor.

„Hol die Pinne ein! Du kannst das Boot nicht mehr lenken. Wir müssen auf die Götter vertrauen!"

Thorge kappte das Tau, das um die Pinne geschlungen war und zerrte sie in das Boot. Dann kroch auch er unter die Plane und kauerte sich zu den Männern.

Der Krach um sie herum war ohrenbetäubend.

Manchmal konnte er die zitternden Stimmen der jüngeren Männer hören, die zu Thor oder Njörd beteten. Die anderen starrten vor sich hin und klammerten sich an einem Tau.

Ein riesiger Knall war zu hören und Wasser strömte in das Boot. Die Männer brüllten, doch Thorge sah sich um und fand sofort das Leck. Er kroch zu der Kiste, in der das Werkzeug war, das Raik ihm geschenkt hatte. Schnell schlug eine Kiste klein und hämmerte das Holz fest. Immer wieder rutschte ihm der Hammer aus der Hand, bis Loah das Brett festhielt und er besser arbeiten konnte. Dennoch kam immer wieder Wasser in das Boot, auch wenn es weniger war als vorher.

„Schöpft! Schöpft das Wasser!"

Er selbst nahm einen Eimer und schöpfte wie ein Besessener Wasser.

„Die Götter wollen nicht, dass wir das neue Land erreichen.", schrie einer der Männer. Thorge roch, dass er sich aus Angst in die Hosen gepisst hatte. Er ließ den Eimer fallen und umfasste sein Gesicht mit beiden Händen. Er war noch sehr jung und man konnte die Angst in seinem Gesicht ablesen.

„Du hast Angst. Das habe ich auch! Aber die Götter halten nichts von Feiglingen. Also reiß dich zusammen und trotze dem Zorn von Thor. Das wird ihn beeindrucken! Nicht dein Gejammer!"

Der junge Mann starrte ihn an. Doch dann nickte er und nahm einen Eimer.

Thorge atmete tief ein.

Noch einmal schaute er zum Zelt.

Er dachte an Naya, Kjell und seinen Bruder, die darin waren.

Verdammt! Wie sollte er sie alle schützen?

Thorges Neuanfang -Gunnarsson-Saga Teil 4-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt