2. Kapitel

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Mein ganzer Körper erstarrte, als sich der Fahrstuhl nicht mehr rührte und uns zwischen seine vier Wände eingeschlossen hielt.

„Das ist ein Scherz, oder?", fragte Liam ungläubig und hob die Arme in die Höhe.

„Verdammt" Ein Brillenträger fluchte laut, stellte sein Koffer ab und drückte auf den gelben Notrufknopf, um uns mit der Zentrale zu verbinden.

Keiner im Fahrstuhl verlor ein weiteres Wort und ich hoffte, dass der Fahrstuhl sich wieder in Bewegung setzte und wir unseren langersehnten Flug nicht verpassten.

„Notrufzentrale", meldete sich eine männliche Stimme und ich lehnte mich seufzend gegen die kühle Wand aus Stahl.

„Hallo, wir sind gerade in einem Fahrstuhl stecken geblieben", erklärte der Brillenträger und stützte sich mit einer Hand an der Wand ab.

„Einen Moment, bitte", erwiderte der Mann aus der Notrufzentrale.

„Es liegt momentan ein kleines technischeres Problem vor. Wir bitten Sie, sich ganz ruhig zu verhalten, bis wir das Problem gelöst haben", meldete sich der Mann nach ein paar Augenblicken wieder und ich stieß genervt die Luft aus.

„Na, toll", knurrte der Brillenträger und wandte sich vom Lautsprecher ab. Seine blauen Augen wanderten über jeden von uns und als seine Augen auf meine trafen, hob er eine Augenbraue in die Höhe.

„Jetzt kann ich auf meiner Liste 'Im Fahrstuhl stecken bleiben' abhacken", scherzte Liam, um mich etwas aufzuheitern und ich kicherte leicht.

„Was steht den noch alles auf dieser Liste?", fragte ich und wandte mich mit dem Oberkörper an ihn, während die anderen stumm unserem Gespräch lauschten.

„Ich habe die Liste vergessen" Liam steckte die Hände in die Hosentaschen und verzog das Gesicht.

„Idiot", murmelte ich und stellte mich auf die Schuhspitzen, um ihm einen leichten Kuss auf die Lippen zu platzieren.

„Was ist, wenn wir während dem Schwimmen von einem Hai angegriffen werden?", fragte Liam und wackelte mit den Augenbrauen. Sein Versuch mich aufzuheitern gelang ihm definitiv.

„Dann sterben wir eben gemeinsam", kicherte ich und verschränkte unsere Hände miteinander.

„Nein, denn es ist wahrscheinlicher an einem Löffel zu ersticken, als von einem Hai angegriffen zu werden", erklärte er mir.

„Ernsthaft?" Mein Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen.

„Na klar!"

„Seid ihr verheiratet?", fragte plötzlich jemand. Ich wandte mich von Liam ab und lächelte eine dunkelhäutige Frau an, die die Frage gestellt hatte.

„Nein, er ist mein Freund." Ihre dunklen Augen strahlten eine unglaubliche Energie aus.

„Da wir alle hier, weiß Gott für wie lange, feststecken .. Ich bin Ansel." Ein Kerl, der ein paar Jahre jünger als ich sein musste, hob leicht die Hand in die Höhe und lächelte schief.

„Warte mal." Meine Kinnlade klappte auf und ich hatte das Gefühl, dass es bald den Boden streifen würde.

„Ansel, sagst du", begann ich und führte die Hand zum Mund. „Ansel Elgort!" Ich ließ einen leichten Schrei aus und klammerte Liams Arm.

„Sieh ihn an. Erinnerst du dich an dieses Gesicht?" Ansels Lippen verzogen sich zu einem breiten Lächeln.

„Ist das nicht der Schauspieler von dem Film da?", fragte Liam schulterzuckend.

„Das Schicksal ist ein mieser Verräter! Ich liebe diesen Film so sehr und ich kann es nicht fassen, dich vor mir zu haben. Ich habe wirklich die letzte halbe Stunde nur mehr geheult."

„Aber es war einfach so süß, wie du mit Hazel umgegangen bist. Okay es sind John Greens Worte, aber trotzdem", schoss es wie ein Wasserfall aus meinem Mund und ich vergaß sogar das Atmen.

„Nachdem wir den Film gesehen haben, habe ich sie die ganze Nacht lang trösten müssen. War nicht schön, nein", flüsterte Liam, als könnte ich es nicht hören und Ansel lachte mit seinem zauberhaften Lacher auf.

„Sie gefällt mir!" Mein ganzer Körper glühte auf und plötzlich vergaß ich, dass ich in einem Fahrstuhl festsaß und bald meinen Flug verpassen würde.

„Wenn-", begann ich, doch wurde von einer genervten Stimme unterbrochen.

„Kannst du mal die Stimme senken? Mein Trommelfell erträgt deine Schreierei nicht." Ich blinzelte verwirrt und sah den Brillenträger mit zusammen gekniffenen Augen an.

„Pass auf, wie du mit meiner Freundin redest", warnte ihn Liam und legte seinen Arm um meine Schulter.

„Ihr kotzt mich an", erwiderte der Brillenträger mit einem Augenverdrehen.

„Dann halt einfach die Fresse und sieh zu, dass du kein Wort mehr sagst", knurrte ein sportlich wirkender junger Mann, der noch nie etwas gesagt hatte und verschränkte die Arme vor der Brust. Die blonde Frau, die unglaublich zerbrechlich wirkte und ein Mann mit dunklen Haaren, die ebenso noch nie ein Wort verloren hatten, sahen sich das Geschehen stumm an.

„Leg dich nicht mit mir an!", fauchte der andere zurück und ich wusste, dass es bald einen großen Streit geben würde.

Doch bevor es soweit kommen konnte, begann das Licht im Fahrstuhl zum Flackern und bevor wir realisieren konnten, was geschah, wurden wir in die Dunkelheit getaucht.

Eine winzige Sekunde später schrie eine männliche Stimme auf, was die ganzen Härchen auf meinem Körper sträubte und ich hörte, wie ein Körper gegen die Wand des Fahrstuhles geprallt wurde.

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