Kapitel 31

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Miranda

Halb hinter Kainan versteckt, betrat sie die Küchengemäuer und wurde sofort von Gewürz, Kräuter und Ofenfeuergerüchen eingehüllt. Noch ehe sie sich einen ersten Eindruck der neuen Umgebung verschaffen konnte, kam ihr und dem Lord sogleich eine pummelige Dame von vielleicht 50 Jahren entgegen, die sich ohne Aufforderung direkt daranmachte, eine großzügige Auswahl an Häppchen für die beiden Gäste ihrer, wie sie es nannte 'bescheidenen Kombüse', zuzubereiten. Dies sagte sie mit Schalk in der warmen Stimme und klatschte dabei gleichzeitig voller Tatendrang in die Hände. Miranda selbst kam diese Euphorie zwar unnachvollziehbar vor, und dennoch fiel jegliche Anspannung unmittelbar von ihr ab. Kainan, der immer noch ihre Hand in seiner hielt, führte sie an einen massiven Schwarzeichenholztisch und rückte ihr einen Stuhl zurecht, bevor er selbst Platz ihr gegenüber nahm. Sie konnte gar nicht so schnell gucken, da tischte die ältere Dame schon eine Handvoll dampfende Schüsseln und Teller vor ihnen auf, als wären sie und der Lord schon längst erwartet worden. Überrascht sah sie zu Kainan, der sie mit einem heiteren schiefen Lächeln bedachte, das ihr unerklärlicherweise einen Herzaussetzer bescherte. Was sie sich natürlich nicht anmerken ließ. ,,Miranda, darf ich dir die Köchin, Haushälterin und Aufseherin aller Angestellten New Heathrows vorstellen, Gwendolyn Winchester. Gwen, das hier ist unser Ehrengast Miranda...", fragend, da ihm wohl gerade einfiel, dass er ihren Nachnamen gar nicht kannte, sah er sie an und ohne nachzudenken fügte sie ein ,,McAlistair" hinzu. Er wusste ohnehin schon mehr über sie, als ihr lieb war, da machte ein Nachname keinen bedeutenden Unterschied mehr. Da sie sich an ihre gute Kinderstube erinnerte, schob sie ein: ,,Freut mich sehr, sie kennenzulernen, Miss Winchester." hinterher. Diese lachte laut und polternd, wischte sich die Handflächen an der befleckten Schürze ihres braunen Leinenkleides ab und tätschelte wohlwollend ihre Schulter. ,,Nenn mich Gwen Kindchen, das machen hier sowieso alle. Hat der Tunichtgut da drüben mal wieder seine Manieren vergessen und dich deshalb zu mir in die Küche geschleppt, damit du ihm nicht weghungerst?", sprach Gwen und deutete mit dem Kopf in Richtung des besagten Mannes, wobei ihre zu einem Zopf gebundenen braunen Haare, die an den Spitzen ergrauten, wippten. Ungewollt musste sie kichern, was Gwen wohl als Bestätigung auffasste. Tadelnd sah sie Kainan an. ,,Du Lausebub, wo bleibt denn dein Anstand? So behandelt man doch keine Lady!" An Miranda gewandt redete sie unbekümmert weiter. ,,Nimm es ihm nicht allzu übel, Schätzchen. Männer sind manchmal genauso nutzlos wie ein lahmer Esel und taugen zu nicht mehr als Dekorationszwecken." Da gab es für sie kein Halten mehr und sie lachte ausgelassen. So oft wie an diesem Tag, fiel ihr währenddessen auf, hatte sie schon seit Monaten nicht gelacht, wenn nicht sogar länger.

Kainan indes schien ihre Belustigung nicht zu teilen. Entrüstet, ja beinahe beschämt bedachte er Gwen mit einem unwirschen Blick und verschränkte trotzig die muskulösen Arme vor seiner breiten Brust. ,,Gwen, musste das sein? Ich möchte nicht, dass du mein Ansehen bei unserem Gast in den Dreck ziehst." ,,Da macht Euch mal keine Sorgen, Mylord, verzeih, Kainan. Dafür benötigt ihr keinerlei Unterstützung, das schafft ihr auch allein." Obwohl das der reinen, eigentlich weniger schönen Wahrheit entsprach, sprudelten die Worte glucksend aus ihr heraus und milderten ihr Lachen in keinster Weise. Der Ausdruck in Kainans bernsteinbraunen Augen wechselte schlagartig und sie befürchtete schon, ihn wütend gemacht zu haben, doch dann verzog er verdrießlich seine Lippen. ,,Möglicherweise. Wenn dem so sein sollte, muss ich wohl an meinem Gebaren arbeiten, um dir zu Gefallen zu sein, Miranda?", wollte er wissen und sprach mit einem undefinierbaren Unterton, der ihr eine Gänsehaut über die Arme und den Rücken jagte. ,,Nun ja, das wäre eine logische Schlussfolgerung. Allerdings wüsste ich nicht, wie Ihr mein bisheriges Bild von Euch zu meinem Behagen zu ändern gedenkt. Einem solchen Vorhaben stünde ich mit größtem Argwohn und Skepsis gegenüber.", erwiderte sie regelrecht kokett und konnte sich den selbstzufriedenen Triumpf nicht verkneifen, als er nachdenklich die Augen zusammenkniff. Oh ja, er sollte ruhig merken, dass es sich bei ihr, auch wenn es bisher nicht unbedingt den Anschein gemacht haben mochte, zweifelsohne um einen harten Knochen handelte. Und wenn er nicht aufpasste, so würde sie ihm schon noch zu verstehen geben, würde er sich an ihr die perfekten Zähne ausbeißen, ganz wie der elende Hund der er war.

Witches Soul *vorübergehend pausiert* #iceSplinters19 #WaveAward2019Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt