Kapitel 37

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Kainan

Am nächsten Abend, die Sonne versank soeben hinter den Wipfeln der Bäume, stand er ganz in Rabenschwarz gekleidet am Fuße der weißen, edlen Marmortreppe im Foyer seines Anwesens und harrte auf die Ankunft Mirandas, welche von Emmaline und Gwen für die kommende Nacht zurechtgemacht wurde. Links neben ihm lehnte Seth entspannt an der Wand, schweigsam und reglos wie eine Statue, indes Zach zu seiner Rechten, ungeduldig wie er war, ruhelos von einem Fuß auf den anderen trat. Sein Warten wurde belohnt, denn nur wenige Minuten später hörte er endlich Schritte. Miranda, es war ein zweimaliges Hinsehen vonnöten, um sie zu erkennen, trat an die breiten Stufen. Eine Hand hielt den Saum ihres Kleides, eine umfasste das Geländer und auch ohne seine Instinkte oder den feinen Geruchssinn wäre ihm die von ihr ausgehende Nervosität nicht entgangen. Doch tat diese ihrer Schönheit keinerlei Abbruch. Er glaubte, nein, vielmehr wusste, dass er noch nie etwas gesehen hatte, was mit ihrer elfengleichen Erscheinung hätte mithalten können. Und er hatte beileibe schon viele auffallend schöne Frauen zu Gesicht bekommen. An diese verschwendete er jedoch keinen Gedanken, denn all seine Wahrnehmung war uneingeschränkt auf die Gestalt vor ihm gerichtet. Während sie langsam und unsicher hinabschritt, nahm er ihren Anblick gierig in sich auf, in der Hoffnung, dass er sich auf ewig in sein Gedächtnis brannte.

Sie trug ein Kleid, dessen Brokatmieder für seinen Geschmack deutlich zu viel von ihrem reizenden, blassrosigen Dekolleté offenbarte und ihre kleinen Brüste nach oben drückte. Ihre weißblonden Haare trug sie zu einer eleganten, mit blauen Orchideen verzierten Hochsteckfrisur, einzelne, verspielte Locken fielen wie Silberregen auf ihre zarten Schultern hinab. Was ihm jedoch endgültig den Atem stahl, war ihr Gewand. Er hatte Gwen beauftragt, zusammen mit einem Schneider das Kleid anzufertigen, hatte ihr dabei völlig freie Hand gelassen und er wusste nicht, ob dies eine gute Entscheidung gewesen war. Es würde unmöglich für ihn sein, seine Aufmerksamkeit irgendetwas oder jemandem zu widmen, außer seiner bezaubernden Elfe.

Blüten und verschlungene Muster rankten sich in Silber und Mitternachtsblau über das cremefarbene Mieder, dessen Ausschnitt mit weißer Spitze verziert war. Die Ärmel, gefertigt aus einem durchscheinenden, blassblauen Material, ähnelten Nebelschwaden und der ausladende, azurblaue, mit kleinen Amethystkristallen geschmückte Rock aus schwerer Seide umgab ihre Beine wie eine Stoffwolke. Ihm dämmerte, dass es eine Heidenarbeit werden würde, ihr aufdringliche Verehrer vom Halse zu halten, die sich auf sie stürzen würden, wie ausgehungerte Geier. Als sie einige Schritte vor ihm anhielt, fackelte er nicht lange, sondern ging geradewegs auf sie zu und zog sie an sich, wobei er geflissentlich den dezenten, verzückenden Duft ignorierte, der von ihr ausging. Eine exquisite Mischung aus Jasmin, Pfingstrosen und wilder Brombeere. Darunter mischte sich ein Hauch bitterer Angst, jedoch auch süßliche Freude, wie er überrascht feststellte.

„Du siehst wunderschön aus.", sprach er und förderte einen Gegenstand aus der Tasche seiner Weste, über der er noch eine lange Jacke aus golddurchwirktem Samt trug. „Würdest du das für mich tragen?", fragte er und hielt eine Kette, genauer gesagt ein mit Edelsteinen gespicktes Collier, in die Höhe und die Augen seiner kleinen Elfe weiteten sich verblüfft. „ Mylord, das kann ich nicht annehmen. Das ist viel zu kostbar. Ich.." „Keine Widerrede!", unterbrach er sie sanft und legte ihr den wertvollen Schmuck um, wobei eine Gänsehaut über ihren Hals wanderte, als er diesen streifte, was ihn innerlich lächeln ließ. Er liebte es, dass ihr Körper ihm signalisierte, was sie sich wohl niemals trauen würde auszusprechen. In ihre hellen, grünblauen Augen trat ein wässriger Glanz, doch blinzelte sie, vermutlich hoffend, dass er es nicht mitbekam, wie gerührt sie tatsächlich von dieser Geste war. Wenn sie nur wüsste, dass ihm alles was sie betraf unweigerlich auffiel. Einen wunderbaren Mann würde er abgeben, wenn er nicht einmal dazu in der Lage wäre, die unterbewussten Zeichen seiner hoffentlich künftigen Gefährtin wahrzunehmen und sie korrekt zu deuten. „Ich habe noch eine weitere Überraschung für dich.", offenbarte er. „Bitte, Ihr müsst mich nicht mit teurem Schmuck beschenken. Ich fühle mich ein wenig, wie soll ich sagen...gekauft. Außerdem ist die Kette teurer, als all meine Habseligkeiten zusammen.", lehnte sie entschlossen ab, weshalb er herzlich lachte. Dies war so ziemlich exakt die Reaktion, mit welcher er gerechnet hatte. „Erstens: Ich habe keineswegs vor, dich mit Schmuck zu erwerben, als wärst du Handelsgut. Das hat keiner von uns beiden nötig. Zweitens: Mein anderes Geschenk ist kein Schmuck." Seine amüsierte Tonlage duldete keinen Widerspruch. Ein wenig hatte er geschwindelt, besser gesagt, sich vage ausgedrückt. Er hatte wahrlich nicht vor sie zu erwerben, er wollte sie umwerben. Daran würde sie sich gewöhnen müssen. Er gab Seth ein Handzeichen, der daraufhin an der Treppe vorbei durch einen breiten Flur ging, sodass er sich aus ihrem Blickfeld entfernte. Kurz darauf hörte man, wie sich eine Tür öffnete, wieder geschlossen wurde und wie sich die Schritte diesmal mehrerer Personen näherten.

An Seths Seite, in eine purpurne, mit bronzefarbenen Stickereien übersäte, Robe gehüllt, näherte sich Dawn La Fontane, deren vollen Namen Seth weiß der Himmel wie in Erfahrung gebracht hatte und Miranda stieß einen unwahrscheinlich niedlichen Freudenschrei aus, der von ihrer Freundin erwidert wurde. Glücklich fielen sie einander in die Arme und Kainan wurde erneut klar, wie eng das Band sein musste, welches sie miteinander verband und er nahm sich vor, mehr darüber in Erfahrung zu bringen. Schließlich hatte er sich eingestanden, dass er diese reizvolle Hexe an seiner Seite, in seiner Nähe, als seine Partnerin haben wollte, obgleich er sich damit gigantische Unannehmlichkeiten einhandeln könnte. Aber der Egoismus lag nun einmal in seiner Natur. Und er wollte sie kennenlernen, alles von ihr, jede noch so kleine, unbedeutende Facette. Bisher wusste er ungemein wenig über sie, über ihre Vergangenheit und warum sie einerseits unfassbar scheu wirkte, ihm aber gleichzeitig manchmal einen Blick auf ihren Hang zur Neugierde oder ihre hitzige Courage gewährte.

Es waren zwei Beweggründe, die ihn dazu veranlasst hatten, Dawn mitzunehmen: Erstens weil Miranda ihr offensichtlich vertraute und er das ungute Gefühl hatte, dass die feine Gesellschaft sich von ihrer hässlichsten Seite zeigen könnte. Diese hochtrabenden Aasfresser rochen Unsicherheit und Angst früher als jeder verdammte Bluthund und Mira strahlte ebendies in ungesunden Maßen aus, selbst wenn sie sichtlich darum kämpfte, dies zu übertünchen. Der zweite Hintergrund war der, dass er hoffte, dass sie ihm gegenüber offener war, wenn sie durch sein subtiles Entgegenkommen und die damit verbundene Fürsorge, dass er an sie dachte und sich um ihr Wohlbefinden kümmerte, offener mit ihm sprach, sodass er ihr auf psychischer, mentaler Ebene näher kommen konnte. Eine manipulative, suggestive Art, sich ihr Vertrauen zu verdienen, doch es war nur ein Zug in dem Spiel, der ihm den Weg zum Sieg ebnen sollte. Und das Ziel war nun einmal sie, an seiner Seite und hatte er ein Ziel erst ins Auge gefasst, ließ er nicht davon ab, bis er es erreicht hatte. Eine Lehre, die ihm als Kind eingebläut wurde und die durch seine animalischen Instinkte zusätzlich intensiviert wurde. Obwohl er genau genommen Seth seinen Dank schuldete, da seine rechte Hand sich weites gehend um alles Nötige für Dawn gekümmert hatte, da er selbst aufgrund existenzieller, mit einigen winzigen Problematiken verbundenen, Planungen verhindert gewesen war, auch wenn er weitaus weniger fokussiert an die Organisation eben dieser herangegangen war, als es ihm beliebte, aus altbekannten Gründen. Daher zweifelte er auch an seinem Urteilsvermögen, war es doch von diesem Standpunkt aus betrachtet außerordentlich unklug, vielmehr dämlich, sie mitzunehmen, da ihr Aufzug es ihm unmöglich machen würde, an etwas anderes als ihren ästhetischen Liebreiz zu denken. Doch dieses Risiko ging er nur zu gerne ein, weil er wusste, dass dieser Abend seine Nerven aufs ärgste strapazieren würde und er den Verdacht hatte, dass es seine animalische Seite beruhigen würde, konnte sie seine Gefährtin in der Nähe spüren. Jedoch beschlich ihn ein ungutes Gefühl, was die nahende Nacht betraf und er betete, dass er sich täuschte. Denn bestätigte sich dieses, war es möglich, dass er Miranda einer gewaltigen Gefahr ausgesetzt hatte.

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Hello Guys,

Ich melde mich mal wieder zurück mit einem neuen Kapitel. Nichts besonderes, es ist eigentlich nur ein Füll-Chapter, da es erst im nächsten so richtig losgehen soll.

Ich hoffe natürlich dennoch, dass es euch gefallen hat. Ab jetzt wird es spannend, ich verspreche es euch. Feedback ist wie immer erwünscht
:3

Habt noch einen schönen Tag/Abend/Whatever

Eure Jody

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 03, 2019 ⏰

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