Zitternd kniete Emilia auf einem feuchten, von Moos bedeckten Waldboden.
Ihr Herz raste, als hätte sie vor kurzem an einem Marathon teilgenommen und das Atmen fiel ihr so schwer, dass sie dachte, gleich ersticken zu müssen. Zudem drehte sich alles in ihrem Kopf, wie nach einer zu wilden Karussellfahrt und ihr Magen rebellierte so sehr, dass die junge Hexe glaubte, sich im nächsten Moment übergeben zu müssen. Ihre Sicht wurde von salzigen Tränen verschleiert, weshalb sie mehrere Male blinzeln musste, um überhaupt irgendwas zu erkennen. Was bei Merlin's Bart war nur passiert? Wo war der Kerker?
Die Stimmen, die sie plötzlich vernahm, waren ihr ziemlich unbekannt und sie klangen so nah, als würden die Sprecher über ihr stehen, sodass ihr nicht viel anderes übrig blieb, als nach oben zu blicken, um herauszufinden, was um sie herum geschah.
Ihr Blick fiel auf einen Mann, der, mit seinem grauen Bart und dem Spitzhut, wie eine farblose Variante von Dumbledore aussah und deutlich größer war, als die anderen Männer, deren Augen alle auf Emilia lagen. Unter den wachsamen Blicken der Versammlung rappelte sie sich auf und gab dabei Acht keine schnellen Bewegungen zu machen, da ihr inzwischen auch die Waffen - Hämmer, Äxte und sogar ein gespannter Bogen - aufgefallen waren, die auf sie gerichtet waren. Sobald sie stand - zwar noch etwas wackelig, aber anscheinend wollte ihr niemand seine Hilfe anbieten - bemerkte sie sogleich, dass ihre erste Einschätzung richtig gewesen war. Bis auf den Mann mit dem grauen Umhang gingen ihr die Versammelten gerade so bis über die Brust oder waren gar noch kleiner, und da es sich eindeutig um Männer handelte, war diese Tatsache beachtlich. Selbst Elias, der zu den kleinsten Männern ihres Jahrgangs zählte, wäre größer als diese Leute, und Chester würde sie gar um drei oder vier Köpfe überragen. Viel mehr Zeit blieb Emilia allerdings nicht für diese Beobachtungen, denn einer der größeren Männer, mit schwarzen Haaren und nicht ganz so seltsam aussehend wie einige der anderen, packte sie grob am Arm.
»Wie habt Ihr das gemacht? Wer seid Ihr und woher kommt Ihr?«, wollte er wissen und blickte sie dabei bedrohlich, mit finsterer Miene an. Oder zumindest hätte es bedrohlich gewirkt, hätte sie nicht sechs Jahre lang Unterricht bei Professor Snape gehabt und wäre nicht dessen Blicken ausgesetzt gewesen. Dennoch war klar, dass es dem Mann offenbar sehr ernst war und es gesünder wäre, würde die junge Hexe ihm antworten, auch wenn sie nicht verstand, was es ihn anging - sie hatte schließlich ihre eigenen Probleme. Zum Beispiel, dass sie sich nicht mehr in Hogwarts befand.
Stattdessen waren da nur grüne Hügel und weit und breit kein Mensch zu sehen, abgesehen von der Gruppe, in deren Mitte sie anscheinend gelandet war.
Von ihrer Statur her waren die Männer seltsame Gestalten. Bis auf den kleinsten alle mit mehr oder weniger viel Bartwuchs und langen, wilden Haaren oder noch verrückteren Frisuren, bunt gemischt in Umhänge, Mäntel und Jacken gekleidet und offensichtlich ziemlich gut bewaffnet, mit ebenso ungewöhnlichen Waffen. Es sollte sich jedoch bald herausstellen, dass Emilia es war, die in dieser Welt durch ihre Kleidung seltsam erschien.»Mein Name ist Emilia Morrison.«
Sie rang sich trotz der misstrauischen Blicke zu einem Lächeln durch und war erleichtert, als zumindest einer aus der Gesellschaft - der kleinste von ihnen - zurücklächelte. »Falls Ihre ... Eure Frage sich darauf bezieht, wie ich hier gelandet bin, so kann ich Ihnen ... Euch leider nicht antworten. Ich weiß nicht einmal, wo 'hier' eigentlich ist.«
Emilia stolperte über die ungewohnte Anrede, die nur mehr in geschichtlichen Texten oder Romanen verwendet wurde und die ihr daher zwar durchaus bekannt war, sich gesprochen aber, äußert seltsam anfühlte.
Als der vermeintliche Anführer der Gruppe seine Waffe erneut hob, um sie zu bedrohen, zuckte sie erschrocken zusammen und trat einen Schritt nach hinten. Er war mit ihrer Antwort anscheinend ganz und gar nicht zufrieden, aber wirklich verübeln konnte sie es ihm nicht. Sie selbst würde keinem Fremden trauen, der ... was genau eigentlich tat? War sie appariert? Oder vom Himmel gefallen? Emilia konnte sein Misstrauen daher nur zu gut verstehen, aber das hieß noch lange nicht, dass sie sich einfach von einem Schwert bedrohen oder gar umbringen lassen würde. Ihre Hand verschwand unauffällig in ihrer Umhangtasche, schloss sich um ihren Zauberstab und verharrte. Unnötigen Ärger wollte sich die Hexe nun auch nicht heraufbeschwören und noch schien sie nicht in unmittelbarer Gefahr. Ob sie tatsächlich hätte sterben sollen, musste sie zum Glück nicht herausfinden, denn der grau gewandte Mann legte ihrem Gegenüber eine Hand auf die Schulter.
»Thorin, Ihr solltet nichts tun, was Ihr hinterher bereuen würdet«, besänftigte er den Mann, der offensichtlich Thorin hieß, ehe er sich an Emilia wandte. »Die meisten kennen mich unter dem Namen Gandalf und wir befinden uns im Moment in Mittelerde an der Grenze des Auenlandes im Jahre 2941 des Dritten Zeitalters.«
Es war gut möglich, dass er noch weitere Details nannte, um dem Gedächtnis der jungen Frau auf die Sprünge zu helfen, doch Emilia hörte nach dem ersten Satz kaum mehr zu, da sie viel zu sehr damit beschäftigt war, diese kuriosen Informationen zu verarbeiten. Sie müsse sich verhört haben. Sie war wahrscheinlich auf einer diesen Mittelalter Muggelfestivals gelandet, von denen sie bereits gehört hatte. Anders konnte die rothaarige Hexe sich dies nun wirklich nicht erklären. Aber wie sollte dies funktionieren, wenn es in Hogwarts aufgrund von Schutzzauber völlig unmöglich war zu disapparieren?
Erst als ein lautes Räuspern ertönte, wurde ihr bewusst, dass noch immer alle Blicke auf ihr ruhten - erwartungsvoll, misstrauisch und abschätzig. Sie straffte die Schultern, atmete tief durch und sah zu Gandalf auf.
»Verzeiht, doch ich muss gestehen, dass mir dieses Gebiet vollkommen fremd ist. Ich weiß wirklich nicht, wie ich hier hergekommen bin. Das letzte, an das ich mich erinnern kann, war ...« Gute Frage, woran konnte sie sich noch erinnern? Emilia war bewusst, dass sie gerade eben noch in Hogwarts auf den Weg zum Zaubertrank Unterricht war. Doch einmal angenommen, sie war wirklich in einer anderen Zeit oder einer anderen Welt gelandet, noch dazu im Mittelalter, wäre es ihr Todesurteil, würde sie ihre Identität als Hexe preisgeben. Denn die Hexenverfolgung war in diesem Zeitalter ganz großgeschrieben - zumindest hatte sie dies einmal bei einer Geschichtsstunde von Professor Binns aufgeschnappt.
»... waren Männer, die meine Reisegefährten und mich überfallen wollten. Ich war geflohen und auf den nächstbesten Baum geklettert, da dies mir als das einzig sichere Versteck erschien. Zu meinem Pech war ich abgerutscht und stürzte in die Tiefe ...«
Um ihre Schwindelei - auf die sie nicht gerade sehr stolz war, da sie nur ungern log - zu verdeutlichen, zeigte sie auf die große Buche über ihnen und hoffte inständig, dass man ihr diese Geschichte abkaufte. Doch noch bevor sie überhaupt reagieren konnte, war sie zu Boden geworfen worden und hatte einer der Männer auf sich sitzen, der sie mit Pfeil und Bogen bedrohte.
»Das ist die falsche Antwort, Ihr seid eine schlechte Lügnerin! Sagt, für wenn arbeitet Ihr?«
Entsetzt sah Emilia zwischen Thorin, der gesprochen hatte und sie misstrauisch musterte, dem Mann, der auf ihr saß und Gandalf, dessen anfänglich großväterlichen Blick einem abschätzigen gewichen war, hin und her. Die Stimme der Hexe klang ängstlich und verwirrt. Was hatten diese Männer gesehen, dass sie ihrer Geschichte keinen Glauben schenkten? »F ... Für niemanden. Wirklich nicht!«
Doch auch dieses Mal wirkte Thorin, als würde er mit ihrer Antwort nicht zufrieden sein und schien gerade zu einem Befehl ansetzen zu wollen, als plötzlich Gandalf seine Stimme erhob.
DU LIEST GERADE
Port Key - Hobbit Crossover
Fanfiction»Das Leben wählt manchmal Wege aus, bei denen wir noch nicht einmal auf die Idee kommen würden, dass es dort ein Ziel für uns geben könnte.« Den Abschluss so gut wie in der Tasche und die Aussicht auf einen Job im Zaubereiministerium, genießt Emilia...