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Ich sah wie der Mann in der Mitte des kreisrunden Tisches des Cafés in blitzschnelle seine versilberte Pistole zog und sie auf den Mann richtete, der gerade im Versuch war, durch den Eingang zu treten.
Wie in Zeitlupe nahm ich wahr, wie seine von Adern durchzogene Hand den Trigger nach hinten zog.

Zwei hallende Schüsse.
Kurze Stille.
Und dann das darauf folgende Chaos.

Menschen stoben auseinander und versuchten sich aus dem Ausgang zu drängeln, zerstörten aus Überlebensangst sogar die Fenster.

Meine Augen fixierten sich wieder auf den Mann, der geschossen hatte.
Er steckte seelenruhig seine Pistole wieder in sein Jacket und hebte sein teuer aussehendes Messer vom Tisch auf.
Er bedeutete seinen zwei Begleitern, die auch in sehr nobel aussehender Kleidung gehüllt waren, ihm zu folgen.

Sie stiegen ohne Aufregung über die Leiche, die dunklen Augen des Mannes nochmal zufrieden über sein Werk schleichend.

Meine Füße bewegen sich von selbst, als sie den zerborstenen Türrahmen durchschritten hatten.
Flink folgte ich ihnen nach draußen, meinen Blick immer auf die schwarzen Haare des Mannes in der Mitte gerichtet.

Das Trio bewegte sich auf einen pechschwarzen Tesla zu, der bei einem Knopfdruck gefährlich aufblinkte.
Der linke Mann setzte sich nach vorne, während die beiden anderen sich in die hinteren Plätze quartierten.

Ich selbst bestieg schnell meine Kawasaki und folgte den blutroten Lichtern, die Richtung Dämmerung verschwanden.

Dieser Mann mit seiner Pistole, der sündhaft teuren Uhr und dem Messer sah aus als hätte er ein bisschen was auf Tasche.

Es wäre gefährlich, würde aber eventuell die Kosten für einen langen Zeitraum decken.

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Weiße, kahle Wände umgaben mich und das flackernde Neonlicht über dem Bett war langsam Kopfschmerz bereitend.
Ich beugte mich über das blau-weiße Gestell vor mir.

Die Person darin war an vielen Infusionsbeuteln angeschlossen, das EKG neben dem Bett kontinuierlich piepend.

"Bruder."

Meine Stimme zitterte.
Seine Augen blieben geschlossen, die Haut vor meinen Augen blass und leblos.

Ich beäugte ihn weiter.
Die Schussverletzung an seiner rechten Schulter war nach Monaten endlich verheilt, hatte aber ein stark eingezogenes und verhärtetes Narbengewebe hinterlassen.

Die besorgniserregende Verletzung war jedoch die am Kopf gewesen.
Ein Streifschuss, der jedoch tief genug ging, um die Großhirnrinde zu streifen, was zu Hirnblutungen geführt hatte.

Sein Zustand war seither nur gemächlich besser geworden.
Im Koma lag er aber schon seit 14 Monaten.

Bis heute weiß ich nicht, wer ihm das angetan hatte. Oder warum.
Und bei dem Gedanken an den Täter baute sich in meinem Bauch wieder eine ungeahnte Wut auf. Meine Hände umschlossen immer kräftiger die Eisenstangen, die um das Bett herum befestigt waren und mein Atem verschnellerte sich.

Wer auch immer das getan hatte war ein Monster.
Mein Bruder wurde einfach schwerverletzt in einem Graben liegen gelassen, ohne Möglichkeit auf schnelle Hilfe.

Und jetzt musste ich irgendwie das Geld für die ewige Reihung an Operationen beschaffen.

Denn die Krankenkassen zahlen nicht, da der Polizei zufolge ein Verdacht auf das Mitwirken meines Bruders im Bandenrkieg bestehen würde.

Schwachsinn.

Aber die Operationen waren seine einzige Überlebenschance.

Meine warme Hand umschloss seine kalte Hand und drückte sie ein wenig.
Und wie jedes Mal, keine Regung seinerseits.

Ein ermüdetes Seufzen entwandt sich meinen Lippen.

Dunkle Augen kreuzten meine Gedanken.

Schwarzes Haar das in eine Stirn fällt, die von makelloser heller, ja fast weißer Haut, gezeichnet ist.

Die Leiche unter mir.
Ein Schluss zwischen die Augen, der zweite in die Kehle.

Der mysteriöse Mann musste gefährlich sein.
Sehr sogar.

Gefährliche Personen mit teuren Armbanduhren besaßen jedoch auch viel Geld.

Das Geld, welches ich dringend brauchte.

Somit stand mein Beschluss für den weiteren Verlauf des Abends fest.

Querencia - Min Yoongi x Reader (Collab)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt