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Sie schluckte und sah demjenigen, der die Waffe direkt auf sie gerichtet hielt, ins Gesicht.
Er war wunderschön und sie konnte nicht umhin, ihn zu bestaunen. Langes, graues Haar fiel ihm frech in die Augen. Eben diese waren von einem starken Blau, die sie intensiv anfunkelten. Sein Gesicht war frei von jedem Ausdruck, doch seine Gesichtszüge grenzten an Perfektion.
Gerade Nase, volle Lippen und markante Wangenknochen mit einem hervorstechenden Kiefer.
Ein langer Ohrring baumelte von seinem linken Ohrläppchen herab und blitzte im Licht unheilvoll auf.
Er war gefährlich schön.
Geradezu lächerlich perfekt.
Wenn sie es nicht besser wüsste, würde sie ihn auf Knien anflehen, ihr eine Kugel durch den Kopf zu jagen.
Sie schnaubte und streckte ihr Kinn empor.
Wer auch immer dieser Typ war und egal wie betörend er aussah, an Yoongis Aura kam er bei Weitem nicht heran.
Zwar strahlte auch er eine Präsenz aus, doch war sie nicht vergleichsweise so erdrückend und autoritär wie die des anderen.
Wieso also sollte sie sich von ihm einschüchtern lassen?
Nur weil er ihr eine Knarre vor die Nase hielt?
Wohl kaum.
„Wärst du denn bitte so gütig und würdest mir das Ding aus dem Gesicht nehmen? Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir besseres zu tun haben, als Mädchen Waffen vor die Augen zu halten. Hast du denn gar keine Manieren?", giftete sie ihn an und zog erbost die Augenbrauen zusammen.
Für einen Moment entglitten ihm sämtliche Gesichtszüge und er stierte sie belämmert an. Dann fing er sich und drückte die Öffnung der Pistole gegen ihre Schläfe. Ein Knurren vibrierte in seiner Kehle und er blickte abwertend auf sie herab.
Bevor er den Mund öffnen konnte, irgendwie hoffte sie, dass er eine quietschige Stimme hatte, einfach der Fairness halber, um sein Aussehen auszugleichen, war Jungkook hinter sie getreten und hatte seine Hand oben um den Lauf gelegt und drückte die Pistole herab.
„Es wäre besser für dich, wenn du tun würdest, was Noona dir sagt", meinte Jungkook ruhig, doch in seinen Augen schwamm etwas unzähmbares, etwas dunkles mit.
Der Mann vor ihr erstarrte.
Langsam und zögerlich nahm er seinen Arm herunter, bis er an seiner Seite ruhte.
Dann drehte er sich beinahe hilfesuchend zu Yoongi um und echote ungläubig: „Noona?"
Yoongis Miene war undurchdringlich.
Er sagte kein Wort.
Stattdessen drehte er sich um und schritt auf den Mann, der im Zentrum des Zimmers an einen Stuhl gefesselt war, zu.
Aus seiner Nase floss Blut, sein rechtes Auge war schwarz und geschwollen. Seine Lippe war aufgeplatzt und sein Haar ein absolutes Wirrwarr. Er hatte blaue Flecken und Prellungen und war mehr ohnmächtig als bei Bewusstsein.

„Soso, sieh an; wen haben wir denn hier, wenn das mal nicht unser kleiner Freund Valiente ist", brachte Yoongi in einem Plauderton zutage.
Er beugte sich über ihn.
„Wir können das einfach lösen oder auf die harte Tour, was auch immer du präferierst, mein Freund", teilte er ihm nun so unberührt mit, als würde er über das Wetter sprechen.
Valiente ächzte schmerzerfüllt auf.
Wie aus dem Nichts packte Yoongi ihn am Hinterkopf und zerrte seinen Kopf in den Nacken. Mit der anderen Hand hielt er ihm die Pistole direkt gegen den Kehlkopf.
„Ich bin nicht zu Scherzen aufgelegt. Du beantwortest lieber meine Fragen, oder ich werde dir das Hundertfache dessen, was du meinen Männern angetan hast, bescheren."
Der Mann nickte nur müde.

Die Befragung zog sich, da Valiente sichtlich Probleme mit dem Sprechen hatte. Trotz dessen beantwortete er jede von Yoongis Frage gründlich.

„Valiente, du warst mir immer ein treuer Untergebener", begann er nun.
Ihr dämmerte es bereits dunkel.
Valiente nickte.
„Hast immer getan, worum ich dich gebeten habe."
„Aber natürlich Hyung."
„Und trotzdem hintergehst du mich auf solch dreiste Art und Weise."
Valiente stockte. Langsam schien auch ihm klar zu werden, worauf er hinauswollte.
„Hyung! Ich wurde bedroht, sonst würde ich doch niemals-", winselte er, doch stoppte, als sich zwischen Yoongis Brauen eine Steilfalte bildete.
„Du weißt, welches Schicksal Verrätern blüht", seine Stimme war kalt, so viel kälter als Stahl.
„Bitte! Bit-!", ein ohrenbetäubender Knall war zu hören und sie kniff die Augen zusammen.
Dann ein zweiter.
Der Stuhl kippte nach hinten um und sofort bildete sich eine Blutlache unter dem nun toten Valiente.
Sie öffnete die Augen und sah wie hypnotisiert dabei zu, wie er ein schneeweißes Tuch aus seiner Tasche kramte und das Blut von seiner Waffe wischte. Danach ließ er es achtlos auf den Boden fallen, wo es direkt in dem Blut landete und sich alsbald tiefrot färbte.
Sie kam nicht umhin, ihr eigenes -besiegeltes- Schicksal mit eben diesem Tuch zu vergleichen.
Was wenn ihr dasselbe Ende blühte?
Sie erschauderte.

„Taehyung", rief er jetzt aus.
Der Mann, der sie bedroht hatte, zuckte.
„Ja Hyung?"
Sie fluchte. Natürlich. Natürlich musste er auch eine tiefe, sinnliche Stimme haben. Als wäre sein Aussehen so schon nicht Segen genug.
„Du räumst die Sauerei weg", befahl er ihm ruhig.
„Aber-", wollte dieser widersprechen.
„Taehyung", wiederholte er nun mit mehr Nachdruck und starrte ihn nieder.
„Den Stunt von vorhin möchte ich nicht noch einmal sehen, sonst blüht dir dasselbe", hier machte er eine Kopfbewegung zu dem Toten hin.
Ein kalter Schauer durchlief sie.
„Natürlich Hyung", meinte dieser nun und sah unterwürfig zu Boden.

„Hyung?", meldete sich nun plötzlich eine andere, sanftere Stimme zu Wort und erst jetzt bemerkte sie die anderen Personen im Saal.
Abgesehen von ihr, Yoongi, Jungkook und Taehyung befanden sich außerdem noch drei weitere Männer.

Querencia - Min Yoongi x Reader (Collab)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt