1. Im Krankenhaus

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Wie so oft saß ich mit meiner Mutter im Wartebereich des, auf Herzchirurgie spezialisiertes Krankenhauses, in St. Augustin. Das wievielte Mal war ich jetzt bereits hier? Ich hab aufgehört zu zählen. Ich kannte diesen Wartebereich in- und auswendig. In einer Ecke stand das große Spielhaus für die Kinder, daneben hing eine große Legoplatte an der Wand, auf der man nach belieben Legosteine anbringen konnte. Hin und wieder habe auch ich dort die bunten Steine befestigt, meistens in Form meines Namen oder den einer anderen Person, die ich kannte. Ansonsten gab es noch ein Regal mit Kinderbüchern, ein Dreirad, ein Schaukelpferd, sowie mein absoluter Favorit: Eine Art Bobby Car im ICE Format! Früher verbrachte ich die ganze Zeit auf dem Ding.

Aber genug von meiner Kindheit. Jedenfalls war ich zu dem Zeitpunkt bereits vierzehn Jahre alt und somit saß ich, wie jeder andere Erwachsene auch, auf einem der Stühle. Doch mir war ziemlich schnell langweilig und ich kramte mein Handy aus der linken Hosentasche, durchforstete Facebook und Instagram nach interessanten Bildern und Meldungen. Meine Mutter las währenddessen einer der vielen Zeitschriften, die auf dem kleinen Tisch neben ihr lagen. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis ich endlich von der Schwester aufgerufen wurde. Sie führte uns in ein Untersuchungszimmer zum EKG. Für alle die nicht wissen, was ein ElektroKardioGramm ist, hier eine Kurzfassung von mir persönlich:

Das Elektrokardiogramm ist die Aufzeichnung der Summe der elektrischen Aktivitäten aller Herzmuskelfasern mittels eines Elektrokardiographen. Das Elektrokardiogramm trägt im Deutschen auch die Bezeichnung Herzspannungskurve, gelegentlich wird es auch Herzschrift genannt.

(Okay, ja, es ist von Wikipedia... Aber stellt es euch so vor, wie im Krankenhaus auf den Monitoren, diese Zick-Zack-Wellen)

Im Behandlungsraum angekommen, setzte ich mich also auf die Liege und begann, Schuhe, Socken und T-Shirt auszuziehen. Danach legte ich mich auf den Rücken und ein Arzt betrat das Zimmer und verkabelte mich. Er brachte mehrere Elektroden an meinen Brustkorb an, die jedes mal eiskalt waren. Anschließend musste ich möglichst still liegen bleiben, um das Ergebnis nicht aus versehen zu verfälschen. Das EKG war recht schnell vorbei und ich durfte mich wieder anziehen. Dann ging's ab zum Ultraschall, in einem anderen Raum. Auch dort musste ich meinen Oberkörper wieder frei machen und mich auf die Liege legen. Kurze Zeit später kam auch schon der Stationsarzt Dr. Dr. Fuchs herein und begrüßte mich und meine Mutter. Ultraschall ist das, was meistens dazu benutzt wird, um bei schwangeren Frauen das Baby im Bauch zu begutachten, aber in meinem Fall wird mein Herz begutachtet. Nur, dass ich auf dem Bildschirm so gut wie nichts erkenne, außer schwarz- und weiße Flecken, die sich bewegen.

Bevor Dr. Fuchs ( Ich kürze ihn mal so ab, denn ich hab keine Lust jedes Mal Dr. zwei mal zu schreiben) jedoch mit seinem Ultraschall anfing, schmierte er mir noch dieses komische, glibberige .. Gel... (Ja, ich glaube das trifft es am Besten) auf die Brust. Dann setzte er dieses Ding auf, durch das man in mein Inneres blicken kann. Auch das Ding war total kalt!

Nach ungefähr 10 oder 15 Minuten war Dr. Fuchs fertig mit dem Ultraschall. Er gab mir ein paar Tücher, mit dem ich mir dieses komische Gel von der Brust wischen konnte. Während ich mich anzog, unterhielt er sich schon mit meiner Mutter über die Ergebnisse. Er war äußert zufrieden und meinte, meine Werte wären im perfekten Zustand! ( Was ich meiner Mutter aber auch ohne den ganzen medizinischem Schnick-Schnack sagen konnte)

Und dann fragte er mich was, was mein Leben für immer ( okay, nicht für immer, aber für eine sehr sehr lange Zeit) verändern sollte:

"Tim, ich finde, du bist jetzt alt genug und da ich gerade so deine Werte sehe, welche alle wirklich hervorragend sind, ist mir was eingefallen: Ich wollte dich fragen, ob du eventuell Interesse hättest, im Sommer mit zu unserem Segeltörn zu kommen. Ich veranstalte fast jedes Jahr so einen Segeltörn, wobei ich nur mit herzkranken, mit Patienten so wie du, für 10 Tage zur See fahre. Also wenn du möchtest, kannst du es dir ja überlegen und mir schreiben. Alles weitere würden wir dann klären"

Ich wusste erst gar nicht, was ich sagen sollte und stammelte ein wenig, bis mit dann schließlich ein richtiger Satz gelang:

"Äh, ja, ich überleg's mir.", sagte ich. Danach verabschiedeten wir uns, da Dr. Fuchs noch zu weiteren Patienten musste und wir verließen das Krankenhaus.

Wollte ich das wirklich? Mit anderen, fremden Teenagern für 10 den gleichen Platz teilen? Ich dachte während der gesamten Autofahrt an nichts anderes.. .

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