05.12 Mittwoch

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Romans Sicht

Julian joggte neben mir her, als wir unsere Runden um den Platz drehten.  Er wirkte müde, aber wer konnte ihm das verübeln? Seine einst weiße Küche war nun schwarz. "Hey, alles okay mit dir?", fragte ich ihn nach der zweiten Runde, als er weiter so ungewöhnlich ruhig war. "Muss ja. Ich kann froh sein, dass nichts schlimmeres passiert ist. Ich musste Sarah versprechen, niemals mehr alleine Plätzchen zu backen. Weigl seufzte. "In nächster Zeit ist das ja sowieso nicht möglich. Dabei wollte ich ihr nur eine Freude machen." Da ich ihm gerade nicht eine Hand auf die Schulter legen konnte, musste ein aufmunternder Blick genügen.                                                     
"Wie läuft es mit der Spendenaktion?", wechselte er plötzlich das Thema. Dieses Mal seufzte ich. "Wir holen heute noch ein paar Spenden ab und dann heißt es Reparieren, Einpacken und Beschriften." Ich wusste nicht, wo genau die Feuerwehr das ganze Zeug hintun wollte, schließlich war auch der Platz in der Wache begrenzt und jetzt schon von den Spenden der Leute voll.  "Warum reparieren?" Ich wich einem Ball aus, den Mario in meine Richtung geschossen hatte. "Weil ein paar Idioten denken, wir wären ein Verein, der alles von ihnen nimmt, was die nicht mehr brauchen. Egal wie kaputt das ist."                                                                
Julian fing auf einmal ohne großen Grund an zu grinsen. "Du hast wir gesagt!" Verwirrt runzelte ich die Stirn, ehe ich langsamer wurde bis ich schließlich nur noch ging. Ich zog den Reißverschluss meiner Jacke ganz zu. "Ja und?" "Du fühlst dich ja schon ziemlich heimisch! Und das erst nach drei Tagen. Respekt. Die Feuerwehrlady muss dir ja mächtig den Kopf verdreht haben!" Sag mal, hatten die alle irgendwelche Hormone geschluckt? Kann ich nicht einfach ganz normal irgendwo mitmachen, ohne das jemand gleich eine heiße Liebesaffäre vermutet? Ich kannte Mareike noch nicht einmal richtig und die tun ja beinahe so, als wäre ich kurz davor sie zu heiraten? Langsam und mit viel Nachdruck betonte ich jedes einzelne Wort. "Zwischen uns läuft nichts! Ich habe wir gesagt, weil ich zu der Organisationsgruppe dazugehören und nicht, weil ich irgendetwas mit Mareike am Laufen habe! Außerdem gehört Mo da auch dazu und bei ihm vermutet ihr ja auch nichts!", fügte ich noch mit dazu. Julian, der jetzt auch ging, schnaufte belustigt. "Mo ist ja auch nicht zweimal in ein und die selbe Frau geflogen!" Na super, jetzt wusste er auch noch von dem peinlichen Weihnachtsschmuckunglück. "Das war ein Versehen! Ich wusste nicht, dass Mareike hinter mir steht!" Weigl schüttelte lachend den Kopf. "Du lässt dich super aufziehen. Ich kann dir alles zurückzahlen, was du früher zu mir gesagt hast, als ich mit Sarah zusammen gekommen bin!" Unglücklich verzog ich das Gesicht. Okay, vielleicht war ich genauso zu ihm und er konnte sich jetzt super revanchieren. Ich lieferte ihm ja auch immer perfekte Vorlagen. "Ja okay. Vielleicht hast du ja recht.", räumte ich zähneknirschend ein. Schadenfroh boxte er mir in den Arm. "Sag ich doch! Und jetzt komm. Wir müssen trainieren!"

Obwohl Mareike frei hatte, trafen wir uns an der Wache. Mo konnte leider nicht mithelfen, da er unbedingt zu seinen Eltern fahren musste. Irgendein wichtiger Notfall oder so. Deshalb saßen die Feuerwehrfrau und ich alleine in dem gemieteten LKW und fuhren zu einem Spielzeuggeschäft. Im Radio dudelte leise ein Weihnachtslied nach dem anderen. Als Feliz Navidad an die Reihe kam, schaltete Mareike schneller um, als die ersten Töne erklingen konnten. "Sorry, aber von diesem Lied habe ich ein Trauma!", entschuldigte sie sich bei mir. "Warum denn ein Trauma?" Sie seufzte. "In meiner alten Kapelle haben wir das mal bei einem Konzert gespielt. Wir haben in fast jeder Probe daran gearbeitet, weil die es nicht auf die Reihe gebracht haben, die richtigen Noten zu spielen!" Überrascht sah ich aus. Ehrlich gesagt, hatte ich nicht erwartet, dass sie ein Instrument spielte. "Was spielst du denn?", fragte ich darum interessiert nach. "Saxophon. Ich spiele schon seit ich klein war." "Und wo spielst du?" "Wird das jetzt ein Verhör? In einer Big Band. Wir sind ziemlich erfolgreich. Besser als die alten Idioten, wo ich früher war!"                                                                                                                                                                Es herrschte kurz Stille zwischen uns, ehe ich sie wieder brach. "Du musst mir unbedingt mal etwas vorspielen!" Jetzt war es meine neue Freundin, die mich mit einem kurzen, überraschten Blick bedachte, bevor sie sich wieder an die Straße wandte. "Privatkonzert bei Bürki oder?", witzelte sie, als sie sich wieder gefasst hatte. Grinsend nickte ich. "Jawohl! Du bekommst sogar extra viel Applaus!" Belustigt biss sie sich auf die Unterlippe. "Sicherlich werde ich bei dir spielen. Hier oben!" Sie tippte sich an die Stirn und lächelte mich herausfordernd an. Ernst nickte ich. "Klar. Und am besten Feliz Navidad. Wenn du es so oft geprobt hast, kannst du es ja und ich mag das Lied zufälligerweise." Sie versuchte mich auf den Oberschenkel zu schlagen, doch ich war schneller und fing ihre Hand ab. "So aber nicht junges Fräulein." Tadelnd schüttelte ich den Kopf und umfasste sie fester, als sie versuchte sich zu befreien. "Roman du hältst mich vom Fahren ab! Lass mich los!", rief sie halb mit Ernst, halb im Spaß. Ich tat so als ob ich überlegen müsste, legte ihre Hand dann aber doch an die Gangschaltung. Zwei Unfälle in drei Tagen reichte! "Aber nur, wenn du deine Finger bei dir lässt! Sonst rufe ich meinen Bodyguard an und lass ihn das für mich regeln. Sowas nennt man nämlich Belästigung!" Mareike brach in schallendes Gelächter aus und der Wagen machte einen gefährlichen Schlenker. Doch sofort hatte sie ihn wieder unter Kontrolle, während ihr Tränen über die Wange liefen. "Belästigung! Ich glaub es ja nicht", stammelte sie und wischte sich die Backen ab. Wieder nickte ich ernst, obwohl ich mich schon sehr anstrengen musste, nicht auch zu lachen. "Ja Belästigung. Das kann mit Freiheitsentzug bestraft werden." Glaube ich jedenfalls. "Ich kann ja dann auch meine Schwester anrufen und dich wegen Ablenken vom Fahren anzeigen." Ich grinste arrogant und zog eine Augenbraue nach oben. "Ich bin ein Fußballstar. Sowas kann ich zahlen, ohne dass es mir auffallen würde, dass Geld fehlt." Natürlich meinte ich es nicht ernst und das schien Mareike auch gecheckt zu haben, denn sie grinste bloß spitzbübisch. "Oh, Rebecca würde sicher irgendwas finden, um dich zur Strecke zu bringen."

Schutzengel tragen FeuerwehrstiefelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt