22.12 Samstag

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Romans Sicht

Wohl oder übel musste ich heute noch vor dem Spiel zur Wache. Am liebsten würde ich die ganze Aktion ja ablasen, aber erstens würde ich  mich wie ein Feigling fühlen und zweitens hatten ja die Medien schon Wind davon bekommen, dass ich da mitmachte. So wussten auch die Kinder Bescheid und die wiederum wollte ich auf keinen Fall enttäuschen. Also musste ich heute zur Feuerwehr, damit ich mich in ein Team einteilen konnte. Gott sei Dank konnte Mareike ja nicht mitmachen, denn ich war immer noch sauer auf sie. Noch wütender war ich aber auf mich. 

Gestern, als ich etwas... Ablenkung wollte, ging ich in eine Bar. Dort war nicht viel losgewesen, aber ein paar hübsche Kandidatinnen waren schon da. Die, die ich mir ausgesucht hatte, kannte mich zum Glück nicht. Wir gingen zu ihr, aber als es dann zur Sache ging, gab es ein gewisses Problem. Ein Problem, was ziemlich frustrierend war! Nur wegen Mareike. Sie spukte in meinem Kopf herum und ich konnte ihre Stimme noch nicht mal mit einem Drink betäuben. Es war einfach alles scheiße!

Genau deshalb war ich jetzt auf den Dortmunder Straßen unterwegs. Mit schmerzenden Muskeln lenkte ich meinen Wagen durch den dichten Verkehr und verfluchte Alles und Jeden. Als das große Gebäude in Sichtweite kam, sank meine Stimmung noch weiter nach unten. Die Tore waren zu und ein Mann schaufelte die Einfahrt frei. Gestern Abend hatte es nochmal einen dichten Schneefall gegeben. Jetzt strahlte die Sonne und es waren keine Wolken am Himmel zu erkennen. 

Es war Reiner, der die Schaufel schwang. Ich wollte schon nickend an ihm vorbeilaufen, doch als er mich sah, hielt er finster dreinblickend inne. "Sag mal, geht es dir noch gut? Mareike einfach so anzuschnauzen, wenn sie gerade aufgewacht ist? Bei dir ist da oben wohl nicht mehr alles richtig!" Er kam bedrohlich ein paar Schritte näher und baute sich vor mir auf. Obwohl er mindestens einen halben Kopf kleiner war als ich, musste ich trotzdem schlucken. "Was glaubst du, wer du bist? Schreibst du jedem vor, was er als Beruf wählen soll. Wenn es dem Herrn oh hochgelobten Fußballer nicht passt, dann muss derjenige entweder den Job wechseln oder wird mit Ignoranz von dir bestraft?" Reiner redete sich richtig in Rage. Die Ader über seinem Auge schwoll bedenklich an und auch seine Gesichtsfarbe wurde immer dunkler. 

Er hatte mich vollkommen kalt erwischt. Wie ein begossener Pudel stand ich da und wusste nicht, was ich sagen sollte. Dafür aber der Feuerwehrmann umso mehr. 

"Ich dachte echt, dass da etwas ernsthaftes zwischen euch ist, aber was du gemacht hast, das war einfach nur unter aller Sau. Schämst du dich denn eigentlich nicht? Weißt du denn überhaupt nichts über Mareike?" 

Langsam wurde es mir zu viel. Ich brauchte mir doch nicht anhören, wie er mich einfach runtermachte, ohne mir überhaupt die Chance gab, mich zu rechtfertigen. Eine leise Stimme fragte mich innerlich, ob ich denn etwas anderes im Krankenhaus gemacht hatte, aber ich schon sie energisch auf die Seite. Es fehlte gerade noch, dass mir Reiner ein schlechtes Gewissen einredete!

"Sie wäre beinahe gestorben! Weil sie einen klaren Befehl ignoriert hat und noch weiter rein in das Feuer gegangen ist. Das kannst du doch nicht einfach absegnen!", erwiderte ich jetzt scharf und richtete mich ebenfalls auf. Was der konnte, konnte ich doch schon lange!

Reiner lachte höhnisch. "Bist du ihr Chef? Sie hat vielleicht einen Befehl anders interpretiert, wie sie es hätte sollen, aber dafür ist unser Kommandant verantwortlich. Du kannst ihm vertrauen, dass er die richtige Entscheidung trifft. Dass du sie dafür zur Rechenschaft ziehst, kannst du nicht bringen." Seine Augen funkelten wie kleine Blitze unter seinem hitzigen Blick. 

"Sie wäre beinahe gestorben!", rief ich voller Verzweiflung aus. Warum konnte niemand mein Handeln verstehen? Wieso waren sie so blind für die Tatsache, dass Mareike um ein Haar dem Tod entkommen war. Man ich hatte sie doch in diesem Krankenbett gesehen. Sie war so blass gewesen und diese schreckliche Beatmungsmaschine, die wie ein schwarzer Schatten neben ihr stand und dafür sorgte, dass sie weiteratmete. Ich bekam diese Bilder wahrscheinlich nie wieder aus meinem Kopf.

Schutzengel tragen FeuerwehrstiefelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt