4//Im Dienst

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10. Lunas Sicht

Ich machte mich fertig für den Dienst auf der Wache. Gestern Abend war ich etwas über eine Stunde bei den beiden Jungens zum Essen geblieben. Um neun hieß es dann aber - ab ins Bett - für mich. Die Sonderschicht im Stadion stand kurz bevor und ich wollte fit sein, nach dem was Jacob mir über Frankfurter Fans erzählt hatte. Außerdem hatte ich einen angenehmen Abend gehabt und man sollte ja Bekannterweise gehen, wenn es am schönsten ist. Jacob und Christian waren wirklich nett gewesen und ich hatte mich wohl gefühlt. In Dortmund kannte ich außer meinen Polizistenkollegen niemanden. Dadurch das wir auch immer mal wieder wechselten und wo anders hinberufen wurden, kannte man eine Menge Leute, aber Freunde nannte ich die nicht. Ein paar Jungens in meinem Alter waren eine gelungene Abwechslung. Wenn ich meiner besten Freundin zuhause erzählen würde, was mir passiert war, dann würde sie mir eh nicht glauben. Die Fahrt zum Einsatz-Treffpunkt fiel mir ungewohnt schwer. Doch ich war froh, dass ich wusste was mich erwartete. Auch Lars und Nicklas waren dort. Als sie mich entdeckten, gesellten wir uns zusammen. „Also wir lassen dich nicht aus den Augen!" Sagte Nick vielsagend zu mir. „Eine Armlänge nicht mehr!" Sagte Lars zu mir. In seiner Nähe hatte ich keine Angst. Er war vom Typ her wie Tom Hardy. Eher würde er jemanden den Kopf abbeissen wie das mir etwas passierte, dachte ich insgeheim. Gedankenverloren schloß ich meine Sicherheitsweste. „Fox?" Ich schaute mich um, der Leiter der Hundertschaft suchte nach mir. Ich hob die Hand. „Hier!" Sagte ich. „Mitkommen!" Ich war überrascht und sah Nick und Lars an. Mit denen Augen sagte ich ihnen so etwas wie "Tja-das-konnte-doch-nicht-wahr-sein" und folgte dem Leiter. „Frau Fox, begleiten Sie mich bitte in die Leitzentrale." Erzählte er mir schnellen Schrittes, ich war überrascht, denn normalerweise war so etwas nur der Führung vorbehalten. „Sie können die Weste abnehmen!" Sagte er zu mir und ich lief ruhig neben ihm her. Er war vielleicht zehn Jahre älter als ich. Sein Name war Herr Schwarz und irgendwie mochte ich ihn. Er arbeitete ansonsten bei uns in der Kriminalpolizei. Wenn man bei der Polizei den höheren Dienst anstrebte musste man ein paar Pflichtjahre im Streifendienst absolvieren, es gehörte zur Polizei dazu.Außerdem hatte ich das Gefühl, dass ich viel von Herrn Schwarz  lernen würde. Er war auf jeden Fall ein Vorbild für mich. Wir liefen ein paar Meter zur Einsatzzentrale im Stadion. Jeder wusste was er tun musste, überall waren Kameras aufgestellt und die passenden Monitore. Mich aber zog das große Fenster an. Ich schaute das erste Mal hinab in das riesige schwarz gelbe Signal Iduna Stadion. Noch war es leer. Nur ein einzelner Mensch kümmerte sich um den strahlend grünen Rasen. Es war ein beeindruckender Anblick. Herr Schwarz kam zu mir und schaute mit mir hinab ins Stadion. „Ein unglaublicher Anblick!" Sagte er zu mir. „Ja ein verdammt großer Kessel!" Sagte ich ehrfürchtig. „Seien Sie wachsam. Sie begleiten mich den gesamten Einsatz über. Bleiben Sie in meiner Nähe!" Ich nickte und suchte mir eine Ecke von der ich den Raum überblicken konnte. Mein Chef setzte sich und schaute auf die Monitore. „Bericht alle fünfzehn Minuten. Wenn die Mannschaft kommt Erreichbarkeit Non-Stop, den Gang von Kabine zum Spielfeldrand werden Frau Fox und ich begleiten." Ich war wirklich überrascht. Vielleicht würde der Tag doch ziemlich cool werden. Von hier oben würde ich von den Frankfurter Fans kaum etwas mitbekommen. „Sie können die Jacke ausziehen!" Unter der schweren Uniform hatte ich nur ein einfaches Shirt. Doch ich war froh, denn hier war es warm und ich hatte mich dick angezogen, um draußen nicht zu frieren. Ich zog die Jacke aus und beobachtete weiter. Es war viel zu tun und die Zeit verging wie im Flug. „Mitkommen!" Sagte Schwarz schließlich zu mir. Ich schnappte mir meine Jacke und folgte ihm durch die langen Flure des Stadions. Nach dem wir gefühlt hundert Stufen rauf und runter gelaufen waren, kamen wir an duzend Kamerateams vorbei. „Sie bleiben hier vorne stehen und schauen nach umplanmäßigen Bewegungen!" Ich nickte und Herr Schwarz ging den Flur entlang. Die Spielerkinder gingen in Begleitung hinunter und die Frankfurter und Dortmunder Spieler versammelten sich, damit sie gemeinschaftlich hinunter gehen konnten. Ich entdeckte Jacob als erstes. Er hatte ein schwarzgelbes hautenges Trikot an, die seine makellose Brust perfekt in Szene setzten. Als hätte er meine Gegenwart gespürt streiften sich unsere Blicke. Er rollte vielsagend mit den Augenbrauen. Jacob schob sich an seinen Kollegen vorbei und kam zu mir hinüber. „Oh du schon wieder!" Begrüßte er mich. „Ich bin im Dienst!" Sagte ich kühl und bewegte mich nicht vom Fleck. „Ich seh es!" Lächelte er. Er zog eine miese Grimasse und ich musste Schmunzeln. „Oh nein, wenn das mal nicht die Nachbarin ist!" Begrüßte mich nun auch der junge Schweizer. „Hallo Roman!" Sagte ich zu ihm und schaute ihm in seine großen wallnussbraunen Augen. Er lächelte breit. „Du weißt noch wer ich bin?" Sagte er amüsiert und strich sich durch sein dunkles volles Haar. „Wie könnte ich dich vergessen?" Lachte ich und versuchte weiter mich umzuschauen. „Jungens ich bin im Dienst!" Mahnte ich. „Dann kannst du ja gar nicht später mit uns feiern!" Lachte Roman zuversichtlich. Jacob verdrehte niedlich die Augen. Sie reihten sich wieder zu ihren Kollegen und ich entdeckte Christian. Er unterhielt sich mit einem seiner Kollegen. Ich hatte das Gefühl, dass er mich gar nicht entdeckt hatte. Doch als ich nicht mehr damit gerechnet hatte, eiste er sich los und kam zu mir hinüber. „Wish me luck!" Sagte er auf Englisch. Er grinste vergnügt und Ich nickte ihm zu und schob meine Hände in die Jackentasche. Wir schauten uns an. Er sah toll aus in seinem gelben Trikot. Christian war nicht riesig, er war hager aber sehr sportlich. Mein Blick wurde auf seinen tätowierten Unterarm gezogen. Sein tätowierter Tiger starrte mich mit großen Augen an. Christian schaute niedlich zu Boden, ehe er mir noch einmal genau in die Augen schaute. Er war vollkommen fokussiert auf das Spiel. Seine Lippen waren geschlossen und mir fiel auf, wie hübsch diese geschwungen waren. Seine braunen Knopfaugen funkelten mich neugierig an, dabei sagte er rein gar nichts. Ich kam mir ziemlich dämlich vor, aber er hatte etwas an sich das mich immer noch mehr als neugierig machte. Ich wusste nichts - rein gar nichts - über ihn. Genauso wenig wie über Jacob. Ich biss mir auf die Unterlippe und versuchte dem Blick des jungen Amerikaners standzuhalten. Aus dem Augenwinkel sah ich meinen Chef, er nickte mir zu und kam schließlich zu mir hinüber. „Mein Chef kommt!" Sagte ich leise zu dem jungen Amerikaner. Christian drehte sich auf der Ferse um und ging zu seinen Kollegen. Der Move war so unglaublich witzig, dass ich mir nur schwer das Lächeln verkneifen konnte. „Wir können los!" Sagte er zu mir und ging vor. Ich folgte ihm durch den Spielertunnel hinunter aufs Feld. Es war ohrenbetäubend. Herr Schwarz ging die Seitenlinie entlang, ich folgte ihm und war fast erschlagen von der Kulisse im Stadion. Wir beobachteten wie die beiden Mannschaften aufs Grün liefen. Das Spiel konnte beginnen.

Neighbours  // Christian Pulisic & Jacob Bruun LarsenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt