42// Ponymädchen

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Christians Sicht

Es war seltsam das ich mit Luna nicht im selben Bett schlafen konnte und stattdessen Jacob bei mir lag. Er schwieg. Natürlich schwieg er, denn das hatte er mit Luna gemein. Die schwieg auch ständig. Einen Augenblick dachte ich an Nick und wie er vor meiner Tür mit der Waffe gesessen hatte. Ich spürte das Jacob wach war und grübelte. Es überraschte mich auch nicht, dass er noch mal aufstand und das Zimmer verließ. Einen Moment malte ich mir aus, das er zu Luna ging. Wo sollte er sonst hin? Dann fiel mir ein, das wir im Hotel waren und er wahrscheinlich einfach nur Hunger hatte. Tatsächlich kam er nach wenigen Minuten zurück und stellte etwas zu trinken auf seinen Nachttisch. Ehe er sich wieder hinlegte und etwas trank. Dann hörte ich nichts mehr und kam selbst langsam zur Ruhe. Aber ich träumte schlecht, wie so oft in den letzten Monaten. Ich träumte wieder vom betrunken Nick und von einer angsterfüllten Luna. Dann hörte ich die Bombe im Bus und wurde schweißgebadet wach. Ich hatte Jacob geweckt. „Alles okay?" Fragte er mich. „Tut mir leid!" Entschuldigte ich mich und erst langsam beruhigte sich mein Puls. Erst jetzt wusste ich langsam wo ich war. „Soll ich jemanden holen?" Fragte er mich. „Ich habe nur schlecht geträumt!" Gab ich zu und rieb mir die Augen aus dem Schlaf. Ich war müde. Gott war ich müde, aber wirklich Ruhe fand ich in dieser Nacht nicht mehr. Ich war auch der Erste, der beim Frühstück war. Nur meine Freundin saß schon am großen Fenster zur Terrasse. Die zweite Tasse vor ihr, verriet, dass sie scheinbar schon eine ganze Weile hier saß. Ich ging zu ihr hinüber. „Darf ich mich setzen?" Fragte ich sie und zog den Stuhl zu mir. Als sie mich erkannte, lächelte sie mich erleichtert an. „Warum bist du schon wach?" „Ich hab schlecht geschlafen..." Gab ich zu, beugte mich zu ihr und küsste knapp ihre hübschen Lippen. Sanft streichelte ich ihr über Wange und setzte mich zu ihr. „Du siehst aber auch nicht gerade so aus, als hättest du gut geschlafen!" Sagte ich ruhig und fischte nach ihren Fingern. „Ich habe Albträume!" Gab sie zu. „Ein Zeichen dafür das wir es verarbeiten?" Versuchte ich es mir schön zu reden. Es war keine Woche her. Ich schmiegte mich an die hübsche Frau und Luna kraulte mir sanft durchs Haar. „Wir sind in Madrid und können nicht einmal rausgehen..." Sagte sie und deutete auf den Sonnenaufgang, über dem Stadtgebiet. Der Himmel zeichnete sich im schönsten Pink und Orange ab. „Ich liebe dich!" Sagte sie mir und ich suchte automatisch ihre Nähe. Sanft schob ich meine Hand auf ihren Schenkel. Tatsächlich konnte ich mir kaum vorstellen, ohne sie zu sein. „Willst du eigentlich in London selbst oder etwas außerhalb wohnen?" „In London selbst?" Fragte sie mich. Liebevoll lächelte sie mich an. „War das eine Frage?" „London ist unglaublich teuer!" Ich lachte. „Ja, aber die Wohnung zahlt der Verein!" Grinste ich. „Gibt es denn einen Stall in London?" „Ja warum denn nicht?" Sanft schmiegte sie sich an mich und entblösste ihren Nacken. Ich atmete ihr in den kleinen Nackenflaum und sah wie sie leichte Gänsehaut bekam. Ich wollte nur eins, sie immer noch glücklich machen. Auch wenn ich Angst vor London hatte, dass ich zu wenig Zeit für sie haben würde. Das ich ihr nicht gerecht werden würde und das ich zu langweilig für sie war. „Guten Morgen!" Begrüßte uns Marco. „Hi!" Grinste Luna ihn an. „Na du!" Sie stand auf und die beiden nahmen sich in den Arm. „Du siehst müde aus!" Sagte er zu ihr und Luna nickte. „Passt du ein bisschen auf dich auf?" Er machte eine Pause und strich ihr fast väterlich über die Wange. „Passt er ein wenig auf dich auf!" Grinste er und zeigte auf mich. „Er ist der Beste!" Grinste sie. „Gehst du mit nach London?" Fragte er Luna und setzte sich zu uns. Sie nickte schüchtern. „Ja ich denke schon!" Gab sie zu und es war das erste Mal, dass sie wirklich lächelte. Marco begann American Boy zu trällern. „Du bist so ein Glückspilz!" Lachte Marco mich freundlich an. „Ja das bin ich..." Gab ich zu und sah wie niedlich Rot die junge Frau neben mir wurde.


Jacobs Sicht

Ich saß im Flugzeug und gegenüber vom Gang saß Luna. Sie war wach, während Christian neben ihr schlief. Luna las in einer Zeitschrift und ich konnte nicht anders als sie wie immer anzustarren. Sie schaute auf und blickte mich an. Ich tat so als würde ich aus dem Fenster gucken. Als ich merkte das sie wieder las, starrte ich sie weiter an. Doch Luna hatte das Spiel durchschaut und blickte mich nun direkt an. Mir huschte ein Lächeln über die Lippen, denn ich fühlte mich ertappt. Ihre großen Augen hatten mich anvisiert und ich war augenblicklich verloren. Ich schmiegte mich ins Kissen und wir schauten uns einfach nur an. Luna nahm die Zeitung vor den Mund, als würde die sich verstecken. Wir mussten nicht reden, doch mir huschte gleich dieses Lächeln über die Lippen. Sie schaffte es das ich mich entspannte, an nichts anderes dachte, wie an Sie. Sie fischte nach einer Serviette, nahm sich einen Stift und reichte sie mir. In Druckbuchstaben stand dort, „Was ist mit deiner Hand passiert?" Ich schrieb nur ein Wort drauf. „Wand!" Sie schrieb gleich das nächste Wort drauf: „Warum?" Sie reichte mir die Serviette und unsere Finger berührten sich. Ich überlegte einen Moment, ob ich die Wahrheit schreiben sollte. Sie war der Grund warum es mir so ging und warum ich mich einfach nicht so gut konzentrieren konnte. Jedes Mal wenn ich sie mit Christian sah, brach es mir das Herz. Nach dem ich das „U" durchgestrichen hatte. Machte ich ein -Warum nicht- raus. Doch das erste Mal seit einer Ewigkeit hatte ich das Gefühl, das Luna verstand wie ich mich fühlte. Selbst wenn sie es nicht wusste, ahnte sie es. Ich war ihr nicht egal und das machte mich nur noch vorsichtiger. Es war egoistisch ihr zu sagen, was ich immer noch für sie empfand. Immer noch? Nein es wurde immer mehr. Als ich ihr die Serviette reichte, hielt ich einen Bruchteil zu lange ihre Hand. Luna zog ihre Hand zurück und strich sich die Haare hinters Ohr. Ich schaute einen Augenblick aus dem Fenster und versuchte mich zu entspannen. Luna reichte mir nach einer ganzen Weile die Serviette zurück. „Es würde nicht funktionieren!" Stand da einfach. Es sagte alles und nichts. Also schrieb ich ein „I know!" dahinter. Wir waren also wieder am Anfang. Luna würde mit Christian nach London gehen und wir würden uns nicht mehr sehen. Erst dann würden wir uns nicht mehr jeden Tag sehen und da war ich wirklich froh drum. Ich wollte das dieses Gefühl endlich aufhörte. Denn es tat einfach nur noch weh. Ich ballte meine Hand schon wieder zu einer Faust, erst nach einer Weile entspannte ich mich. Wir landeten schließlich in Dortmund. Luna hatte Schwierigkeiten ihre Tasche aus dem Handschuhfach zu nehmen. Ich holte ihre Tasche hinaus, ehe mir mal wieder auffiel wie klein sie war. Ihr schlanker Körper steckte in einer sportlichen Jacke mit großer Kapuze, ihr Hand unter einer Kappe versteckt. Ich war fest davon überzeugt, das Christian sie mitgenommen hatte. Ihre schlanken Beine steckten in engen Jeans mit weißen Turnschuhen. Ihre großen Augen schauten zu mir hoch und sie klimperte mit ihren dichten Wimpern. Allerdings sah man ihr an, das die letzten Tage Kraft gekostet hatte. Sie setzte sich ihren Rucksack auf und lief vor mir her. Mein Blick huschte auf ihre schlanken Beinen und den knackigen Hintern. Sofort schaute ich wieder nach oben. Es war mir ein wenig unangenehm, aber ihr Hintern war nicht außer acht zu lassen. Sie war wirklich sexy. Als könnte Thomas meine Gedanken lesen trat er mir in die Haken. „Dafür hast du eine Strafe verdient!" Sagte er auf Dänisch. „L!" „Du lernst es nie!" Grunzte er einen Hauch zu genervt. Ich rollte mit den Augen. Ja er hatte recht, im Moment lernte ich es ganz und gar nicht. Dieses Gefühl ließ mich einfach nicht los. Viel schlimmer war, wie sehr ich mich zu ihr hingezogen fühlte. Aber diesen Gedanken wollte ich gar nicht zulassen. 


Lunas Sicht

Ich fuhr zum Stall, um Barnabas zu sehen und freute mich, das Pony um mich zu haben. Wie auch nicht? Der kleine Ponyhengst wieherte, als ich die Stallgasse kam. „Na wen haben wir denn da?" Fragte ich. Vor lauter Ungeduld schlug das Tier mit dem Huf gegen die Türe. „Wer ist denn da so ungezogen?" Fragte ich und öffnete die Boxentür. Liebevoll stupste ich ihn zu recht. „Du kannst doch nicht den halben Stall auseinander nehmen" Zärtlich roch er an meinem Knie, kraulte seine Mähne und er drängte halb an mir vorbei. Ich nahm mir das Halfter und holte Barnabas aus der Box und ging mit ihm nach draußen, um ihn zu putzen. Dann striegelte ich ihn in Ruhe, ehe der Besitzer zu mir kam. „Luna!" Strahlte er. „Hi!" „Musst du nicht arbeiten?" „Ich bin Dienstuntauglich!" Gestand ich. „Untauglich?" „Ja es gab da so einen kleinen Vorfall!" Murmelte ich. „Ich werde nach London ziehen!" Erklärte ich Uwe. „London?" Ich erzählte von Christian und dem Jobangebot. „Dann nimm Barnabas mit. Ein Jahr Training mit dir und er hört eh nur auf dich! Er ist zu schwierig für meine Enkelin, das weißt du doch!" Sagte er erleichtert. „Ich werde bezahlen!" „Nein, Nein bezahle das er in guten Händen ist und vernünftig untergebracht ist! In London wird das wohl genug kosten" „Keine Sorge, das kriege ich hin!" Sagte ich. „Und Du rufst an, wenn etwas nicht mit ihm stimmt!" „Ja jetzt kann ich ihn noch nicht mitnehmen!" Lächelte ich und holte Sattel und Trense, denn ich wollte eine Runde durch die Halle drehen. „Ich kann ihn wirklich mitnehmen?" Fragte ich noch einmal. „Du brauchst einen Freund in London!" Vor meinem inneren Auge tauchte Jacob auf. Seit Madrid hatte ich an ihn denken müssen. An seine Wunden auf den Handknöcheln und seine Wutausbrüche. Mehr und mehr dachte ich darüber nach, ob es immer noch mit mir zu tun hatte. Warum konnte ich es nicht einfach ausblenden? Was sollte ich auch ausblenden? Er hatte es mir unmissverständlich klar gemacht, oder nicht? Ich wollte es kaum zulassen, aber es war wie es war. Dieser idiotische Hitzkopf. Doch dann waren da diese anderen Bilder in meinem Kopf, Waffe, Whiskey-Flasche und Nick. Ich erstarrte. Barnabas schnaubte leise. Langsam tätschelte ich ihm den Hals, ehe ich mich auf den Rücken schwang und in die Reithalle ritt. Sie war leer um diese Uhrzeit. Erst am Nachmittag ging der Trubel los. Nach einer Viertelstunde intensiver Arbeit im Schritt, begann ich mit dem Tempowechsel. Barnabas hatte auf Arbeiten so gar keine Lust und weigerte sich insbesondere in der linken Ecke der Halle und auf der linken Seite zur Mitarbeit. Ich würde eine Menge mit ihm Arbeiten müssen. Ich vergass die Zeit und fuhr erst gegen späten Nachmittag zurück nach Dortmund. Der Tag mit dem Pony hatte mir ziemlich gut getan. Außerdem hatte ich im Moment ja keine Aufgabe, die Dortmunder Polizei hatte mich im Moment Dienstuntauglich geschrieben. Manchmal auch wenn ich es nicht wollte, war ich vollkommen außer Gefecht. So auch beim Aussteigen aus dem Wagen. Ich verharrte grübelte und schon war eine halbe Stunde später ohne das ich es wirklich bemerkte. Denn ich war gefangen in der Zeit. Gefangen in mir. Gefangen in der Angst. „Du setzt noch Wurzeln an, wenn du da stehen bleibst!" Ich blickte auf und in das hübsche Gesicht von Roman. „Tut mir leid!" Entschuldigte ich mich und seine großen Augen ruhten auf mir. „Und schon gepackt?" „Nein wir haben noch nicht einmal eine Wohnung!" Gab ich zu und folgte ihm hinein. Roman war scheinbar mit Christian verabredet. Er nahm mir meine Tasche ab und schaute das ich hinein ging. Christian öffnete uns die Tür. „Wo kommst du denn her?" Fragte er mich. „Luna hat ihr Auto hypnotisiert!" Ich verdrehte die Augen. „Musstest du es verraten?" Beschwerte ich mich. „Warum wie lange bist du schon wieder hier?" Fragte er mich. „Ein paar Minuten. Keine Ahnung!" Gab ich zu. Besorgt half er mir aus der Jacke. „Ich kann Barnabas mitnehmen!" Lächelte ich und nahm mir einen Kaffee. Roman setzte sich zu uns. „Deinen Hund?" „Nein Luna hat ein Pony!" Sagte Christian und reichte Roman ein Wasser. „Ein Ponymädchen." Grinste er vielsagend. „Ich muss in London einen Stall finden!" Gab ich zu. „Das hat der Verein für dich geregelt." Trällerte Christian. „Fußläufig von einer der Wohnungen erreichbar. Wenn du willst können wir sie uns nächste Woche ansehen..." Sagte er. Ich blickte ihn an. Natürlich hatte man alles für Christian erledigt. Er beugte sich zu mir und küsste meine Schläfe und die Sorgenfalten auf seiner Stirn gefielen mir so gar nicht...

Neighbours  // Christian Pulisic & Jacob Bruun LarsenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt