Kapitel 26 - Heimkehr

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Es vergehen wenige Tage, bis ich schließlich entlassen werden kann. Neurologische Tests ergaben, dass mein Gehirn keine Schäden davon tragen und die Schäden der einst tödlichen Substanz von alleine geheilt werden würden. Auch das restliche Toxin konnte mir problemlos entnommen, analysiert und mit einem Gegenmittel abgebaut und ausgespült werden. Der Prozess war zermürbend und die Situation schwierig für mich, immerhin floss mir eine weißlich trübe Flüssigkeit durch einen Katheter, genau wie in Meyers Anstalt. Ich erinnere mich, wie mir bei dem Anblick die Erinnerungen hoch kamen und Gänsehaut meinen Körper dominierte. Ich realisierte im Laufe der Tage, dass ich Opfer eines geldgeilen Schweins gewesen sein musste, welcher absichtlich dafür sorgte, dass Patienten in "komatösem Zustand verweilen" können, wie Dr. May mir erklärte, während ihre Krankenkasse für die ach so teuren Medikamente aufkommt. Jedenfalls ist das sein Gedankengang, einen anderen Zweck könne sich der erfahrene Arzt seiner Meinung nach nicht vorstellen. Er schilderte mir außerdem, dass viele Kinder in all den anderen Räumen des zwielichtigen Krankenhauses untergebracht seien, zumindest meint er, viele gesehen zu haben. Das würde perfekt ins Bild passen: für Kinder greift die Krankenkasse besonders gut.

Nach wenigen Tagen galt ich als geheilt, ausgespült. Die vielen Wunden an meinem Kopf wurden genäht und seien nicht so schlimm, wie sie aussehen. Ich sitze nun im Auto meiner Freundin, diesmal fährt sie. Ich hingegen beobachte das Krankenhaus aus dem Beifahrerfenster aus betrachte, wie es hinter all den Bäumen verschwindet. Ich denke darüber nach, in der Armee gewesen zu sein. Wie kam mein Hirn auf so etwas? Es geschahen so viele merkwürdige Dinge. Dinge, die man bloß in Geschichten so erleben würde wie ich es erlebe. Ich hätte schon früher bemerken müssen, was da los ist. Wie auch immer.. wir fahren nach Hause, darauf sollte ich mich konzentrieren. Aber wie soll man normal weiterleben, nach Allem, was man erlebt hat? So viele Fragen kreisen in meinen Gedanken umher, doch ich finde einfach auf keine der Fragen eine Antwort. Völlig erschöpft und zufrieden lehne ich mich mit meinem Kopf an das Fensterglas. Warme Sonnenstrahlen blitzen mir ins Gesicht, während Ann uns sicher durch die menschenleere Allee fährt. Da sind bloß wir, die warmen Sonnenstrahlen, die sich ab und zu biegende Straße vor uns und das beruhigende Geräusch des Motors. Es erinnert mich alles etwas an meine Kindheit, als mein Vater mich damals von der Schule abgeholt hat. Moment.. habe ich diese Geschichte nicht Dr. May in meinem Koma schon erzählt?

Ich versuche, mir nicht den Kopf darüber zu zerbrechen und mein Leben zu genießen. Ich schließe also die Augen und atme tief durch, während ich nur dem Geräusch des Motors lausche. Ich beginne, ab und zu das Geräusch des Motors nicht mehr zu hören, und ich spüre, wie ich langsam einschlafe. Als ich plötzlich reifen quietschen höre. Ich höre noch ein anderes Geräusch. Ist das eine Hupe? Ich reiße die Augen auf und schrecke hoch.

"Ist alles in Ordnung?", erkundigt sich Ann bei mir. Sie fährt immernoch durch diese in orange getauchte Allee. "Ja, alles ist in Ordnung", gebe ich zu verstehen. Ich hätte schwören können, ich hätte etwas gehört. Wie auch immer, denke ich mir und lege mich wieder auf die Seite. Ich schließe meine Augen, doch dieses unangenehme Gefühl verschwindet nicht. Viel eher hält es mich wach, bis wir Zuhause ankommen.

"So, wir sind da, Schatz", sagt sie und rüttelt mich kräftig. Und tatsächlich: wir stehen vor der Tiefgarage nahe unserer Wohnung. Ein wohles Gefühl umgibt mich, als ich sehe, wie Ann den Knopf zum Öffnen der Garage betätigt. Ich hatte mich noch gar nicht richtig darauf eingestellt, daheim anzukommen. Irgendwie fühlt es sich so unwirklich an, tatsächlich in der Realität angekommen zu sein. Mit diesem Gedanken beschäftige ich mich noch bis wir gemeinsam vor unserer Haustür stehen.

Ich höre ihre Schlüssel klirren, während sie in ihrer Tasche kramt. Dieses Geräusch erinnert mich stark an meine Kindheit, meine Mutter nahm die Schlüssel immer zum gleichen Zeitpunkt in die Hand und fand den richtigen immer im perfekten Moment, bevor sie die Haustür meines Elternhauses erreichte.

Connor BlackWo Geschichten leben. Entdecke jetzt