Kapitel 26: "Einverstanden..."

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Kapitel 26: "Einverstanden..."

Isabel

Sobald sich die Tür hinter ihm schloss, atmete ich tief ein und aus. Es machte mich total kirre, dass alles, wirklich alles hier nach ihm roch, aber klar, es war ja auch seine Wohnung. Ich kuschelte mich fester in seinen Pullover hinein und versteckte meine Hände in den fiel zu langen Ärmeln. Es war zwar schon Frühling, aber für mich immer noch viel zu kalt. Bibbern und Zähne klappernd kauerte ich mich in meinem alten Bett zusammen und ließ den Tag Revue passieren, doch immer wieder stellte ich mir die gleiche Frage auf die es anscheinend keine Antwort gab. Wieso war er auf einmal so nett zu mir? Wenn ich mich daran erinnere, wie kalt und leer sein Blick war, als er bei mir im Krankenhaus war… allein bei der Erinnerung drehte es mir den Magen um. Ich zog meine Beine mit den Händen ganz nah an mich, in der Hoffnung, dass mir schneller warm werden würde, aber selbst nach einer Stunde standen meine Arm- und Nackenhärchen noch zu Berge.
Schwaches Mondlicht strahlte auf die Möbel und tauchte sie in ein gruseliges Licht, sodass ich mich wie in einem potentiellen Horrorschinken vorkam. Ich weiß nicht, wie lange ich noch über David und mich philosophiert habe, aber irgendwann mussten mir anscheinend doch noch die Augen zugefallen sein.

„Isabel? Wach auf.“, flüsterte mir eine Stimme ins Ohr. Ich grummelte vor mich hin und zog mir das Kissen über den Kopf. Ich hatte einen furchtbaren Alptraum, in dem meine Mom vorkam und war auch dementsprechend müde und schlecht gelaunt. Es ist lange her, seit ich das letzte Mal von ihr geträumt habe, aber als ich wach wurde, fühlte ich mich einfach nur ausgelaugt und total gestresst. „Hei, du Schlafmütze! Ich muss gleich zur Schule.“, nervte David weiter und das mit Erfolg. Stöhnend warf ich das Kissen nach ihm, das er aber geschickt auffing. „Dir auch einen schönen Morgen.“, lachte er schwach und legte das Kissen auf meinem Schreibtisch ab. Ich richtete mich blinzelnd auf und ich war mir zwar zu hundert Prozent sicher, dass meine Haare ein Chaos waren, aber im Moment war mir das herzlichst egal.
Ich stemmte mich mit den Armen nach oben und beförderte mich etwas umständlich in den Rollstuhl, den David mir anscheinend gebracht hatte, als ich noch geschlafen habe. „Kaffee oder Kakao?“, fragte er mich, während ich mich hinter ihm her aus dem Zimmer schleppte. „Kakao.“, murmelte ich und wickelte die Ärmel von Davids Pullover enger an meine Hände, damit keine Luft hinein kam. Wie selbstverständlich hob er mich hoch und setzte mich wie in alten Zeiten auf der Küchenanrichte ab. Irgendwie tat es mir in der Brust weh, bei der Erinnerung, wie es einmal war, denn ich wusste, dass es nie wieder so sein würde. Minuten später, in denen wir schwiegen hatten, hielt er mir eine dampfende Tasse vor die Nase, die ich dankend annahm. Ich liebte Davids Kakaos schon immer! „Soll ich dich zu Lee fahren? Du kannst auch meinetwegen hier bleiben, wenn es dir nichts ausmacht.“, fing er zögernd an und lehnte sich mir gegenüber an die Theke. „Ähm… Nein, fahr mich zu Lee. Ich will dir keine Umstände machen.“, gab ich leise zu, aber in Wahrheit wusste ich, dass ich es nicht ertragen könnte, noch länger hier zu sein. Es schmerzte ihn bei mir zu haben, ohne ihn richtig haben zu können.

Er stellte seine Tasse neben sich ab und kam auf mich zu. In meinem Hals bildete sich ein Klos, den ich runter schlucken wollte, aber ich konnte nichts machen. Wie aus der Sicht eines anderen sah ich, wie er vor mir stehen blieb und mir meinen Kakao aus den Händen nahm, um ihn langsam neben uns abzustellen. Die ganze Zeit konnte ich meinen Blick nicht von Davids blau-grauen Augen nehmen - ich war wie hypnotisiert. Nur das leise Ticken der Küchenuhr war zu hören, vermischt mit meinem unregelmäßigen Atem. Verdammt, Isabel, reiß dich zusammen!
Sein wunderschönes Gesicht kam meinem näher und ich konnte nichts dagegen tun. Ich war ihm ganz und gar ausgeliefert. „Isabel.“, hauchte er. Es hörte sich so an, als würde er sich meinen Namen auf der Zunge zergehen lassen wollen. Kosten, wie es sich anhören würde, wenn er ihn in einer ganz anderen Situation sagen würde. Seine Hände, die mich näher zu ihm zogen, lagen federleicht auf meinen Hüften und strahlten diese wohlige Wärme aus, die ich so liebte. „Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich das hier vermisst habe.“, flüsterte er, bevor er seine Lippen sanft auf meine legte. In diesem Kuss lag so viel Trauer, dass es mir das Herz zusammen zog, aber hatte er überhaupt das Recht, so etwas zu sagen und vor allem, so zu empfinden? Er war doch derjenige, der alles kaputt gemacht hatte, mich eingeschlossen.
Bevor ich meinen Gedankenzug weiter führen konnte, wanderte eine Hand etwas weiter rauf und die andere fand ich auf meiner Wange vor. Immer fordernder drückten sich seine Lippen auf meine und seine Zunge stupste mich an. Keuchend öffnete ich meinen Mund; ich konnte gar nicht anders. Vorsichtig biss ich ihm in die untere Lippe und wie erwartet entkam ihm ein kehliges Stöhnen. Diese Liebkosung hatte ihm schon immer gefallen. Ich vergrub meine Hände in seinen weichen Haaren und zog leicht daran, als er sich von meinem Kiefer bis zu meinem Hals küsste. Stöhnend legte ich meinen Kopf in den Nacken, um ihm mehr Platz zu lassen. Es fing mit Küssen an, die er auf meine Haut hauchte und hörte mit seiner feuchten Zunge auf, die er über meine Halsschlagader gleiten ließ. „Dein Puls rast.“, stellte er atemlos fest und ich war zu nicht mehr im Stande als zu nicken. Ich nahm sein Gesicht zwischen meine Hände und zog seine Lippen wieder zu mir. Noch nie hatte ich so viel Lust empfunden, als gerade. Es war mir egal, dass es zwischen uns gerade mehr als kompliziert war. Es war mir egal, dass ich es später vielleicht bereuen würde, aber im Moment kam es mir richtiger als richtig vor. Für einen Moment hielt ich inne, als mir einfiel, dass meine Beine zu nichts zu gebrauchen waren, aber ich entspannte mich wieder etwas, als ich mich daran erinnerte, dass ich bloß bis etwas oberhalb meiner Knie nichts viel spürte.
Seine Zunge tanzte mit meiner, umspielte sie und forderte sie heraus. Ich wusste, dass auch er an seiner Grenze war. Das konnte ich etwas weiter unten spüren, wenn ihr versteht was ich meine. Ich schlang meine Hände um seinen Nacken und ließ mich mit ihm nach hinten gleiten. Die Marmorplatte kühlte meinen mittlerweile viel zu warmen Körper. David lag zwischen meinen Beinen und hatte eine Hand unter meine Kniekehlte geschoben, um mich näher zu ihm zu ziehen. Gott, hatte ich diesen Jungen vermisst.

Ass meets another Girl  ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt