Kapitel 10: "Muss ich mir Sorgen machen?..."

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Kapitel 10: „Muss ich mir Sorgen machen?...“

Isabel

Nach der etwas unangenehmen Fahrt nahmen wir unsere Sachen aus dem Kofferraum und flüchteten schnell vor dem Regen in die Wohnung. Tja, bei David und mir hatte die gestrige Nacht Spuren hinterlassen, weil wir beide ununterbrochen husten und niesen mussten. Beide schleppten wir uns die Treppen hoch, David sperrte auf und die Taschen ließen wir einfach im Eingang fallen. Ich war froh, dass er die beiden Vorfälle nicht mehr erwähnte oder irgendwie versuchte, Andeutungen zu machen, sonst wäre ich wahrscheinlich hochkant davon gelaufen. Während ich mich auf der Kücheninsel nieder ließ, setzte David -als hätte er meine Gedanken gelesen- Früchtetee auf und drehte die Heizung auf. Eigentlich hatten wir immer noch Ende Juni, aber draußen war es arschkalt. Er holte aus der Abstellkammer ein ganzes Arsenal an Tempos und reichte mir drei Packungen. Als ich drauflos trompetete, schlug ich ihm gegen die harte Brust, weil der Herr musste mich ja mal wieder auslachen!
Als der Tee fertig war, nahm ich ihn dankend an und genoss, wie es meinen Hals und mich wärmte. Zuletzt hatte ich eine solche Wärme heute Morgen gespürt… Ah, ich musste endlich aufhören, daran zu denken! Klar, es war schon irgendwie schön, seine Nähe zu spüren, aber ich wusste ja seinen Hintergedanken und ich würde definitiv nicht mit David Ansty ins Bett steigen, dass das mal klar ist.
Schweigend saß ich immer noch auf der Kücheninsel, während David gegenüber von mir an der Anrichte lehnte und genauso wie ich seinen Tee trank. Ab und zu spürte ich, wie er über den Tassenrand linste und mich musterte. Das konnte einem gewaltig auf die Nerven gehen, man. Ich dagegen starrte stur auf den Boden vor mir und versuchte ihn so gut wie möglich zu ignorieren.
„Wollen wir einen Film schauen?“, fragte er mich mittendrin und sah mich fragend an. Ich nickte zögernd, weil es völlig unerwartet kam. Wir setzten uns mit unserem Tempovorrat ins Wohnzimmer und schauten ‚The Big Bang Theorie‘ an, weil wir uns auf einen Film mal wieder nicht einigen konnten, aber viel bekamen wir durch das ganze geschniefe und gehuste nicht mit. Am späten Nachmittag zog ich mir dann eine hellgraue Jogginghose und einen dicken Kapuzenpulli an. Ich liebte es einfach im Gammel Look rumzurennen. Im Wohnzimmer wollte ich gerade weiter fernsehen, als mich David von irgendwo rief. „Isabel? Kannst du mir bitte noch was zu Trinken bringen?“, fragte er und man konnte hören, dass seine Nase genauso zu war wie meine.
Schlürfend ging ich in die Küche und holte die Thermoskanne und zwei riesige Tassen. Vor seiner Tür klopfte ich vorsichtshalber noch mal an und öffnete nach einem ‚Herein‘ die Tür. Wow, das war das erste Mal, dass ich in Davids Zimmer war. Es war genauso groß wie meins, bloß mit hellgrauen Wänden. Seine Möbel waren auch in grau-schwarz gehalten und sah eigentlich ganz ordentlich aus. An der Wand rechts waren die Gardinen ein wenig zugezogen, damit es nicht ganz so hell war und auf seinem Schreibtisch lagen alle Schulsachen. Sein Bett war genauso wie meins schwarz bezogen und hatte eine Menge Kissen, in die man sich am liebsten sofort stürzen wollte. Über seinem Schreibtisch hing ein Kalender, in dem Sachen angekreuzt oder reingekritzelt worden sind.
David hatte sich mit Handy, Laptop, Kopfhörer und Bücher in seiner Decke verschanzt, legte das meiste davon aber zur Seite und bedeutete mir, mich zu ihm zu setzen. Zögerlich ging ich Richtung Bett, setzte die Thermoskanne mit den Tassen auf seinem Nachttisch ab und setzte mich mit Abstand neben ihn.
Eine Weile sagten wir nichts, sondern starrten nur auf die Bettdecke oder die Wand uns gegenüber bis mal wieder David die Stille brach. „Macht es dir was aus, wenn morgen die Jungs kommen? Jay wollte dich sowieso mal kennenlernen.“ Hä? „Aber ich kenne Jay doch schon.“, sagte ich etwas verwirrt und er sah genauso zurück. „Du kennst ihn schon? Aber er… ach soo! Nein, ich rede nicht von dem Jay, sondern von dem anderen Jay. Der, der letztens nicht kommen konnte.“, erklärte er. Okay, jetzt verstand ich nur noch Bahnhof. Welcher… oh.
„Ah, du meinst den, der in der Autowerkstatt oder so bleiben musste?“, hakte ich nach. Er nickte und sah mich fragend an. Ach ja, er wartet ja auf eine Antwort. „Klar, aber dann musst du mich erst mal aus dem Bett bekommen.“, lachte ich und er gleich mit. „Aber lass dich nicht von ihm um den Finger wickeln. So wie ich das mitbekommen habe, freut er sich schon total auf dich.“, sagte er und sah mir direkt in die Augen. Mh… „Auf mich? Er kennt mich doch gar nicht. Ich könnte doch genauso irgendeine Psychotante sein, die Frösche an der Wand aufhängt.“, gab ich zu bedenken und erntete dafür einen belustigten Blick. „Du bist wirklich höchst merkwürdig, weißt du das?“, fragte er mich schmunzelnd und putzte sich die Nase. Ich zuckte nur mit den Schultern und erfüllte mir meinen Wunsch von vorhin: Ich vergrub mich förmlich in den hundert Kissen und wieder lachte David. „Wieso habe ich so das Gefühl, dass du mein Bett liebst?“, fragte er sarkastisch und ich grinste ihn an. Ausnahmsweise hatte er mal Recht. Er lehnte sich auch zurück und sah mir die ganze Zeit in die Augen, bis es mir unangenehm wurde. Ich wusste ja, dass David einer von diesen Aufreißern war, aber ich fragte mich wirklich, wieso er sich bei mir so viel Mühe machte. Entweder sah er mich als eine Art Herausforderung oder… Nein, so weit durfte ich nicht denken. Über David durfte ich das einfach nicht, weil ich sowieso wusste, dass er immer nur auf einmalige Sachen aus war.

Ass meets another Girl  ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt