Kapitel 2 : Arissa Carpendale

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Ich stand draußen in der kühlen Sommernacht und betrachtete den klaren Sternenhimmel, während ich über mein Leben nachdachte.

Wir waren eine glückliche kleine Familie, das einzige was man bemängeln könnte, ist die ständige Abwesenheit meines Vaters. Aufgrund seines Jobs als Wissenschaftler, war er nur sehr selten zu Hause und bevorzugte es in seinem Labor in Washington an irgendwelchen Sachen zu forschen, als bei seiner Familie zu sein.

Zu meiner Familie gehört nun seit zwei Jahren auch mein Freund Harry, der oftmals dazu neigte kitschig-romantisch zu sein - worüber sich eigentlich kein Mädchen beschweren kann. Beim Gedanken an ihn musste ich schmunzeln.

Außerdem wurde ich letzten Sommer am renommierten Konservatorium "Santa Cecilia" in Rom angenommen und lasse mich seither zur professionellen Violinistin ausbilden, wodurch ein lebenslanger Traum für mich in Erfüllung ging.


Ich schloss meine Augen und sog die frische Nachtluft tief ein. Die Grillen zirpten eifrig. Ein kühler Windstoß strich über meine nackten Arme und ließ mich erschaudern. Es war eine angenehme Brise.

Der weiche Stoff meines smaragdgrünen Kleides schmiegte sich an meine Haut. Mit einer Hand fuhr ich drüber und strich es glatt. Ich legte den Kopf schief. Es war neu. Ich hatte es für den heutigen Abend gekauft, anlässlich der Rückkehr meines Vaters und der Gäste die wir zu meinem Geburtstag erwarteten. Nur leider ist niemandem das wunderschöne Kleid aufgefallen und der Grund dieser Zusammenkunft war scheinbar ebenfalls in den Hintergrund geraten. Ich hatte mich so gefreut meinen Vater endlich wiederzusehen und Zeit mit ihm zu verbringen, ihm zu erzählen was er wieder einmal alles in seiner Abwesenheit verpasst hatte, jedoch sprach er selbst heute von nichts anderem als seiner Arbeit.

Enttäuscht ließ ich die Schultern hängen und trat frustriert ein Steinchen weg. Kaum das meine Familie endlich mal vollständig beisammen war, ging doch wieder jeder seiner eigenen Angelegenheit nach.

Ich guckte über meine Schulter hinweg zum Anwesen. Durch die großen Panoramafenster sah ich mir das Treiben im Haus an. Das Wohnzimmer war in das warme orange vom Licht getaucht, wo meine Familie mit den Gästen beisammen am prächtig gedeckten Tisch saß. Mein Vater war gerade dabei einem Gast lachend Wein einzuschenken. Alle unterhielten sich rege und amüsierten sich, lachten. Meine Abwesenheit schien wohl niemandem aufzufallen. Ich wandte mich wieder vom Geschehen ab, verschränkte meine Arme vor der Brust und schnaubte leise.

Jedes Jahr das Selbe. Na toll. Happy Birthday Arissa!, sagte ich sarkastisch zu mir selbst.

Völlig unerwartet wurde ich plötzlich mit einem Ruck nach hinten gezogen. Geschockt schrie ich auf, doch im nächsten Moment wurde mein Gesicht gepackt fest von zwei Händen gepackt, wodurch ich wohl wie ein Kugelfisch ausgesehen haben muss. Ich nahm den süß-herben Duft des Aftershaves auf und schon hatte ich alles um mich herum vergessen.

Seine kräftigen Arme schlangen sich um mich.

„Harry", hauchte ich lächelnd.

Seine Lippen streiften mein Ohr und es kitzelte, als er flüsterte: „Na, hast du mich vermisst?"

Ich drückte ihn leicht von mir weg und schnaubte gespielt: „Als könnte man dich vermissen."

Er setzte eine empörte Miene auf und - oh nein, ich wusste was jetzt kommen würde.

„Halt untersteh dich ...", schaffte ich grade noch zu sagen, als er auch schon angefangen hatte mich in die Seiten zu pieken und ich vor lauter Lachen keine Luft mehr bekam.

„Harry! Wenn du nicht sofort aufhörst, dann schwöre ich dir, dann...", weiter kam ich nicht.

„Was?", lachte er und da lagen wir auch schon grunzend und nach Luft hechelnd rücklings auf der Wiese und hielten uns den vom Lachen schmerzenden Bauch.

The Last SurvivorsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt