Kapitel 12

280 29 11
                                    


Am nächsten Tag erwachten wir durch ein lautes Geräusch. Zuerst schnellte Patrick auf und setzte sich hin, einen Arm schützend vor mich haltend. Meine Augen hatten sich noch nicht ganz an die Helligkeitsumstellung gewöhnt und so blinzelte ich zuerst stark, doch dann erkannte ich, wer da vor uns stand. Es war Frederik. Ein Freund von Patrick. Und das laute Geräusch war wohl von einem Stapel Bücher gekommen, die er fallen gelassen hatte. Zumindest lagen einige vor seinen Füßen. "Patrick?", rief er entsetzt. "Freddie!", entgegnete dieser fröhlich, "Du wirst nicht glauben, was gestern..." Doch der Braunhaarige verließ laufend den Raum. "Was war das denn? Meinst du es geht ihm gut?", fragte ich Patrick besorgt. "Keine Ahnung.", erwiderte er fassungslos. Dann warf ich einen Blick auf die Uhr und erstarrte. "Es ist schon nach 10 Uhr!" "Was?", erschrak nun auch mein Freund. "Komm wir melden uns beim Direktor." Damit stand er auf und half auch mir hoch. Wir suchten unsere Sachen zusammen und gingen los, doch vorher drückte Patrick mir noch einen Kuss auf die Stirn. Beim Direx angekommen schilderten wir die gestrigen Ereignisse, das persönliche ließen wir natürlich raus, und er schrieb uns als entschuldigt rein. Auch unsere Eltern versprach er zu benachrichtigen. Diese hatten schon mehrmals in der Schule angerufen und sich nach ihren Kindern erkundigt. Als wir das Büro verließen, war es bereits fast Mittagspause und so setzten wir uns schon mal in der Cafeteria an einen Tisch. Wenig später klingelte es und Massen von Schülern strömten herein. Ich beobachtete, wie Patrick alles nach Freddie absuchte, doch ohne Erfolg. Der Braunhaarige war nirgends zu entdecken. Dafür kamen nun zwei andere Jungs auf unseren Tisch zu gesteuert. "Hey, na ihr beiden!", rief Micha uns entgegen. "Hey! Ihr? Zusammen?", fragte mein Freund verwirrt. "Joa. Ihr ward ja verschwunden, da haben wir uns neue Freunde gesucht.", meinte Maurice provokant. "Nu' halt aber mal die Luft an! Solange war'n wir ja nun auch nicht weg.", entgegnete Patrick. "Da fiel Michas Blick auf unsere Hände, die wir ineinander verkreuzt auf der Bank abgelegt hatten. Da fing er an, zu strahlen wie ein kleines Kind. Die beiden Jungs setzten sich auf die gegenüberliegende Seite des Tisches und wir erzählten erneut, was gestern vorgefallen war. Diesmal jedoch auch, bis auf einige Details, den Rest der Geschichte. Maurice sah überrascht zwischen uns hin und her, bis er letztendlich mit den Augen bei Patrick kleben blieb und fragte: "Du bist schwul?". Ich kicherte leise. Patricks Gesichtsausdruck war Gold wert. "An das Wort muss ich mich noch gewöhnen, aber ja...beziehungsweise eher bisexuell in meinem Fall.", antwortete er und drehte sich dann zu mir, "Was kicherst du denn so, du kleiner Fratz?" Was mich dazu veranlasste, noch mehr zu lachen. Währenddessen warf Micha immer wieder flüchtige Blicke zu Maurice. Innerlich wünschte ich ihm, er würde auch so viel Glück haben wie ich und Maurice würde, wie Patrick, bald erkennen, dass er Michael liebte oder zumindest mochte auf einer nicht freundschaftlichen Basis.
Ein paar Stunden später schlenderte ich mit meinem Freund durch einen der Flure. Wir waren etwas umherspaziert und nun auf dem Rückweg zu unseren Rucksäcken. Dort angekommen wollte Patrick etwas trinken, doch als er den Ranzen öffnete, fiel ihm ein Zettel auf. Er las ihn und wurde mit jeder Zeile blasser. "Alles okay?", fragte ich ihn besorgt.
Er schüttelte den Kopf und ließ sich neben seiner Tasche fallen. Dann streckte er mir das Stück Papier entgegen.

Patrick,
wir sind nun schon seit einer ganzen Weile befreundet und ich finde, es ist Zeit, dass ich dir gestehe, dass ich in dich verliebt bin. Ich weiß, es hört sich total komisch an und ich kann verstehen, wenn du jetzt nichts mehr mit mir zu tun haben willst. Ich habe bemerkt, dass du immer mehr Nähe zu diesem Jungen aus deiner Klasse gewonnen hast und hoffe, dass da nichts läuft. Bitte verachte mich nicht.

Freddie

Oh nein, dachte ich. Das konnte doch nicht wahr sein! Da hatte ich endlich den Jungen meiner Träume bekommen und nun stand noch ein anderer auf ihn. Auch noch ein langjähriger Freund. Ich war mir sicher, Patrick würde mich niemals für ihn verlassen, doch einige Zweifel machten sich doch langsam in mir breit und Unsicherheit folgte ihnen.
"Patrick...", begann ich leise zu reden, "Du wirst doch nicht...ich meine, du bist doch nicht..." Er stand wortlos auf, sah mir in die Augen und küsste mich. Als wir uns lösten, flüsterte er: "Ich werde nie wieder jemand anderen als dich lieben, Manu.". Dann nahm er den Zettel und überflog ihn noch einmal. "Argh! Was wenn er sich was antut!", rief er verzweifelt. Glücklicherweise war gerade niemand in unserer Nähe.
"Meinst du das würde er tun?", fragte ich zögerlich.
"Manu, er darf das mit uns vorerst nicht erfahren." "Was?", rief ich geschockt. "Hör zu.", meinte er, legte seine Hände auf seine Schultern und sah mir tief in die Augen, "Ich liebe dich. Nichts und niemand wird daran etwas ändern, aber ich habe Angst, dass etwas sehr Schlimmes passiert, wenn wir unsere Beziehung öffentlich machen.", er atmete tief durch, bevor er fort fuhr, "Freddie ist depressiv.".

Kürbisköpfe || KürbisTumor FF Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt