8.

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Über die Monitore kann ich beobachten wie Mason eintritt und nun im Flur steht. Er wirkt auf alles gefasst, dennoch merkt man dass er sich im Bau nicht so gut auskennt.

Sich im Bau auskennen ist sowieso unmöglich. Man weiß zwar wie er aufgebaut ist, aber die Ziele wechseln immer ihre Plätze. Besser gesagt Nelson befestigt die aufklappenden Zielscheiben immer woanders.

Er wandert erstaunlich gefasst und vorbereitet durch den Bau. Genauso wie ich erschießt er jedes Ziel innerhalb drei Sekunden.

Nelson nickt anerkennend, auch wenn Mason es gerade nicht sehen kann. Unbemerkt nage ich schon die ganze Zeit auf meiner Unterlippe, weshalb sie nun aufgeplatzt ist und ich Blut schmecken kann.

Nein, er könnte nie im Leben meinen Rekord brechen. Nicht beim ersten Mal. Völlig ohne Vorbereitung.

Er ist zwar sehr schnell, aber mich kann er nicht toppen. Dennoch wiege ich mich vorerst lieber nicht in Sicherheit. Wer weiß.

Dann ist alles Ruckzuck vorbei. Er kommt raus, läuft auf uns zu und wartet darauf, dass Nelson seine Zeit verkündet.

                             "11.3"

Erleichterte atme ich aus. Er ist nicht schneller als ich. Meinen Rekord konnte der Adonis nicht brechen. Ich liege zwar nur knapp vorne mit 9.9, aber knapp vorbei ist auch daneben.

Mason wirkt missmutig und mahlt mit seinen Kiefer. Mit dieser jawline könnte man Holz zerschneiden.

Mit einem eingebildeten Lächeln grinse ich ihm ins Gesicht.

"Tja, du brauchst noch etwas Übung Großer", sage ich, während ich ihm auf die Schulter tätschle," mich hast du nicht übertrumpft."

"Noch nicht", entgegnet er mit hochgezogenen Augenbrauen. Dann läuft er einfach ins Haus. Die Sache ist er wirkt ja nicht einmal beleidigt. Nur gleichgültig.

Dann ist sie eben besser als ich. Na und? Denkt er sich wahrscheinlich, aber ich merke, dass er mit sich unzufrieden ist und es besser machen will. So ging es mir früher auch manchmal. Ich wollte meinen Vater immer stolz machen.

Mason wird nicht aufgeben das weiß ich, aber er sollte sich nicht so viele Gedanken darüber machen. Er ist ja schon besser als die meisten anderen hier.

Ich wende mich einfach wieder Nelson zu, um die nächste Trainingseinheit zu bestreiten.

***

Meine Trainingsklamotten habe ich gegen ein langes weißes luftiges Kleid ausgetauscht und lese auf der Wiese ein Buch.

Sofie's Welt.

So heißt es. Es geht um Philosophie und auch um die Geschichte der Philosophie. An manchen Stellen ist das Buch sehr spannend. An anderen eher langweilig. Das Buch ist ein aber eben ein Klassiker.

Langsam geht die Sonne unter, so dass der Himmel sich Lila färbt. Wie ich diesen Anblick liebe.

Morgen ist der Überfall und wenn alles gut geht werde ich mit an Bord sein. Geplant habe ich schon alles, jetzt muss ich nur noch auf das Glück zählen.

Und die Dummheit mancher Wachen.

Bis dahin genieße ich die frische Luft und die philosophische Geschichte von Jostein Gaarder.

Wo Mason gerade ist weiß ich nicht. Nach einer Weile ist mir langweilig geworden, also beschließe ich Mason aufzusuchen.

Eventuell ist er auf seinem Zimmer. Das ist im Kellerabteil der Villa. Wobei Keller kann man es nicht nennen. Es ist halt unter der Erde, aber dort ist es trotzdem fantastisch eingerichtet. Ich mache mich also auf den Weg dorthin.

Unten laufen mir ein paar Bediensteten entgegen, aber sobald sie mich entdecken schlage sie ihre Augen zu Boden. Bloß nicht die Tochter vom Big Boss anschauen. Nicht das sie uns noch versteinert.

Vor seiner Zimmertür angekommen schlage ich ein paar Mal kräftig dagegen. Als nach dem 15 Schlag immernoch nichts kommt, beschließe ich wo anders nachzuschauen.

Vielleicht trainiert er gerade. Doch auch im Trainingsraum ist es bis auf ein paar vereinzelte Wachen absolut leer.

Vielleicht in der Küche. Na gut es gibt zwei. Einmal für die höher gestellten, wo ich mich meist aufhalte. Die ist ziemlich offen und direkt an der Terasse, die zum riesigen Gärten mündet. Die Andere ist für alle Angestellten in dem unteren Geschoss.

Das wo ich normalerweise bin ist näher also schaue ich dort zu erst einmal nach. Leer. Bis auf Alessandro, der an einer Theke lehnt und mir einfach nur zunickt. Das ist die Begrüßung die sich alle hier geben.

Auf der Suche nach Mason schlage ich nun den Weg zur anderen Küche ein. Die Luft in den Gängen nahe der Küche ist stickiger und riecht nach Gewürzen und Bier. Von weitem ist das Lachen von Menschen zu hören. Größtenteils Männer, aber auch Frauen sind mit von der Partie.

Vor der Tür schleichen sich langsam Zweifel ein. Alle dort sind so eine Einigkeit, eine Gruppe. Alle dort drinnen haben mächtig Spaß und ich werde einfach reinstürzen.

Kaum das ich die Tür öffne verstummen die Stimmen. Alle schauen mich mit großen Augen an. Manche schauen auch runter, um mir nicht ins Gesicht blicken zu müssen.

Ich gehöre nicht dazu.

Mason sitzt in der Mitte der Männer und Frauen. Bis eben hat er mich gelacht. Jetzt blickt er mich bloß fragend an. Neben ihm sitz ein Mädchen.

Ich will stark klingen. Ich bin geübt darin meine Stimme schneidend klingen zu lassen, doch als ich meinen Mund öffne um etwas zu sagen kommt nur ein Röcheln heraus.

Ich bin eine Fremde für sie alle. Ich habe keinen einzigen Freund hier.

Vielleicht ja Mason, aber bei dem habe ich es mir auch schon früh versaut. Ich habe mich auf ihn gestürzt und sein Gesicht zerkratzt.

Schnell drehe ich mich um und verschwinde. Erst denke ich keine Schritte hinter mir zu hören, aber nach einiger Zeit nehme ich doch welche wahr.

Mason, denke ich. Vielleicht habe ich es nicht komplett versaut. Mein Auftritt vorhin war ja schon extrem peinlich.

Ich drehe mich um, aber nicht Mason ist das sondern irgendein Typ, den ich nicht kenne.

Mafia PrincessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt