Chapter 6

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POV Jessica Erde

Im Motel stank es.
Angewidert rümpfte Jessica die Nase und sah sich neugierig um.
Der Mann, der sie empfangen hatte führte sie eine Treppe hinauf.
Sie schritten durch einen langen, leeren Flur bis sie zu einer großen Tür kamen und der Mann sie alleine ließ.

,, Wir benutzen das Telefonen, klauen das Auto und sind weg.", Erklärte ihr Vater, während er die Tür hinter sich schloss.
,, Glaubst du wir können diesem Mann nicht trauen?", Fragte Jessica, während sie sich eine Skulptur anschaute, die auf dem Regal, wie eine Trophäe stand.
Ihr Vater lachte finster auf: ,, Ich glaube dieser Mann holt gerade sein Gewehr um uns abzuknallen."

Die Art, wie ihr Vater dies sagte: kalt, emotionslos
ließ es Jessica kalt den Rücken herunterlaufen und sie sah sich in der Wohnung nach nützlichen Sachen um, um sich abzulenken.

Sie packte gerade eine Decke in ihren Rucksack, als sie die Stimme ihres Vaters ertönen hörte.

,, Jack? Wo zur Hölle bist du?....
Gestern, 17 Uhr ...
Können wir untertauchen? ....
Sprich langsamer, ich versteh dich nicht!...
Jack? JACK?"

Ihr Vater verstummte und Jessica vernahm nur noch ein aufgebrachtes seufzen.
Zitternd hielt sich Jessica die Hand vor den Mund und hörte ihr bebendes Herz, das gegen ihren Brustkorb schlug,
Sie waren verloren...

Langsam öffnete sie den Kühlschrank und packte ein paar Snacks die sie dort fand, ebenfalls in den Rucksack.

,, Hey !", Hörte Sie plötztlich die aufgebrachte Stimme ihres Vaters und sprintete ins Wohnzimmer, wo er sich befand.
Von Hinten konnte sie erkennen, wie ihr Vater die Hände in die Luft hielt.
Der Mann, der sie empfangen hatte stand in der offenen Eingangstür und zielte mit einem Gewehr auf ihn.
,, Verräter.", Schrie dieser aufgebracht und mit zitternden Fingern setzte er dunkle, tödliche Kugeln in den Abzug.

,, Wir haben nichts gemacht!", Entfuhr es Ihr, ihre Stimme war ein einziger schriller Ton und die Angst wuchs von Sekunde zu Sekunde in ihrem Inneren.
Bei dem Klang ihrer Stimme, wirbelte ihr Vater zu ihr herum und stellte sich einen Schritt vor sie.

,, Bei drei werde ich mich auf ihn stürzen.
Du kletterst aus dem Fenster und fährst das Auto vor.", Flüsterte ihr Vater ihr zu und steckte ihr einen  Autoschlüssel in die Jackentasche.
Adrenalin durchriss Jessas Adern.
,, Was ist wenn er auf dich schießt?!", Zischte Jessica leise und hatte das Gefühl, ihr Herz würde gleich aus ihrer Brust springen.
Kurz herrschte Stille, bis ihr Vater sich schluckend zu ihr umdrehte und ihr fest in die Augen sah.
,, Dann fährst du. Zur Küste, nach Mexico."
,, Aber.."
,, Du Fährst."
Jessica sah ihren Vater mit geweiteten Augen an.
,, Versprich es mir.", Verlangte ihr Vater leise und sah prüfend nach vorne, doch da der Mann immer noch dabei war zitternd das Gewehr nachzuladen, hörte er sie gar nicht.
Kurz fragte sich Jessica, ob er so etwas jemals schon in der Hand gehalten hatte.

Jessica würde niemals ohne ihren Vater fahren, doch zu diskutieren brachte nichts.
,, Okay."
,, Dann los.", Ihr Vater sprang und packte den Mann von vorne, um ihm einmal fest ins Gesicht zu schlagen.

Kurz blieb Jessica stehen und starrte ungläubig  auf das Geschehnis, bis sie sich zusammenriss  und zum Fenster sprintete.
Zitternd öffnete sie es und sprang.
Sie sprang einfach.
Ohne darüber nachzudenken.

Der Aufprall war hart und kurz sah sie alles verschwommen, doch wie kontrolliert konnte sie sich aufrappeln und sah sich Orientierungslos um.

Auto, Auto, Auto!
...
Dort.

In der Einfahrt war ein schwarzer Opel geparkt, worauf Jessica zulief und nebenbei den Autoschlüssel aus ihrer Jackentasche kramte.
In diesem Moment ertönte ein ohrenbetäubender Schuss.
Verzweifelt warf Jessica den Kopf zum offenen Fenster und versuchte vergeblich etwas zu erkennen.
Sie konnte ihren Vater jetzt nicht im Stich lassen.

Ihre Ohren piepsten und am Rande ihres Blickfeldes tauchten weiße Flecken auf, als Jessica den Autoschlüssel anstarrte und sich daran versuchte zu erinnern, auf welchen Knopf sie nochmal drücken musste.
Alles überschlug sich in ihrem Kopf.

Irgendwann drückte sie dann einfach auf einen Knopf, der ihr richtig zu erscheinen schien und das Auto gab ein zufriedenes Geräusch von sich.

Hinter sich hörte Jessica plötzlich Glas zerbrechen und erkannte erschrocken, das der Mann mit dem Gewehr in der Hand gerade durch das Fenster geworfen wurde und hart, ein paar Meter weiter auf dem Steinboden landete.
Sie hoffte inständig er würde bewusstlos sein, doch er wand sich schreiend und fuchtelte mit dem Gewehr rum.

Schell stieg Jessica ins Auto und startete wie automatisch den Motor.
Und jetzt?
Verzweifelt zuckten ihre Augen durch das Auto in der Hoffnung nach eine Lösung.
Überfordert schlug sie gegen das Lenkrad und biss die Zähne zusammen.
Jetzt bloß nicht aufgeben...

Fest entschlossen umfasste sie das Lenkrad und drückte auf das Gaspedal.
Das Auto schoss nach vorne und Jessica hatte für eine Sekunde Angst, sie würde durch die Frontscheibe fliegen.

Erleichtert trat sie vom Pedal und rutschte von der Fahrerseite weg, als sie ihren Vater im Rückspiegel erkannte.
Er humpelte auf das Auto zu und seine Augen waren schmerzerfüllt zusammen gezogen.
Blut rann sein Bein hinunter...
Er wurde angeschossen.

Es fühlte sich an, als hätte eine schwarze, kalte Hand Jessicas Herz umschlossen und wollte es heraus reißen.
Sie stieg aus und lief auf ihren Vater zu.
,, Wir müssen ins Krankenhaus!", Schrie sie verzweifelt und ihr Vater stützte sich schwer gegen sie.
Mit aller Kraft führte sie ihn zum Auto und betete, ihre Beine würden nicht nachgeben.
,, Nein ..", Brachte ihr Vater schmerzerfüllt vor.
,, Wir fahren zu Jack. Er weiß Bescheid."
Jack war der Bruder ihrer Mutter und für eine Sekunde erlaubte sich Jessica die Hoffnung, ihre Mutter würde auch dort sein.

Doch dann öffnete ihr Vater die Fahrertür und stützt sich dabei so stark auf Jessica, dass sie dachte ihr Rückgrat würde brechen.
Ihr Vater kämpfte sich ins Auto und schnell stieg auch Jessica auf der anderen Seite ein.

,, Sicher dass du fahren kannst?"
Ihr Vater nahm das Lenkrad in die Hand und schaffte es sogar, ihr Zuzuzwinkern.
,, Ich muss wohl."

Die Fahrt war schnell, verzweifelt, voller Schmerzen und jede Sekunde hatte Jessica Angst, ihr Vater würde ohnmächtig werden.

Also bevorzugte sie es, ihn jede Minute, die sie diese unbeleuchtete und viel zu enge Landstraße entlang rasten, zu fragen, ob es Ihm noch gut ging.
Jedes Mal nickte er nur ernst, doch nach einiger Zeit schien er sie gar nicht mehr wahr zu nehmen.
Zwischen all den Schmerzen, starrte er einfach nach vorne und kämpfte Sekunde um Sekunde.

Finster musste sich Jessica eingestehen, dass das Adrenalin in seinem Blut das einzige war, was ihn zur Zeit am Leben hielt.

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