Kapitel 11:

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Am nächsten Morgen mache ich mich wieder fertig, um das Training mit dem Winter Soldier weiterzuführen. Heute lehrt er mir mit Pistolen umzugehen. Als ich dann meinen ersten Schuss wagen soll, deutet er auf die Zielscheibe hin. Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt schaffe. Am besten ist es noch auf die Mitte des Kopfes oder Oberkörper zu zielen, aber ich habe so ein schlechtes Gefühl bei der ganzen Sache. Er steht hinter mir und verschränkt wieder seine Arme dabei, wobei der Metallarm auf knirscht; er wartet, dass ich loslege.

Als sich mein rechter Zeigefinger langsam auf den Abdrücker lege, atme ich kurz ein und wieder aus, bis ich ziele und schieße. Der erste Schuss ist ein glatter Reinfall: ich habe den Unterarm getroffen. Ohne auf ihn zu schauen versuche ich es sofort noch einmal. So schnell gebe ich nicht auf. Das zweite Mal treffe ich das Knie und ich seufze erniedrigt auf. Ich werde schon etwas wütend, aber ich lasse nicht locker. Ohne zu zielen, drücke ich ab und es ergibt sich ein Loch in der Mauer.

„Konzentriere dich!", sagt er laut.

Ich lockere die Pistole in meiner Hand und lade sie nach. Dann schüttele ich meine Hände locker und atme erneut ein und wieder aus. Dabei versuche ich meine Gedanken zu sortieren. Komm schon, Skye.

Wieder ziele ich und spüre so ein mulmiges Gefühl in meinem Bauch, dass ich wieder danebenschieße. Doch nach meinen Schuss (zu meiner Verwunderung) sehe ich, dass ich genau in die Mitte des Oberkörpers geschossen habe. Ich habe es keinen einen Millimeter verfehlt.

Ich schaue zum Winter Soldier nach hinten, aber er starrt weiterhin auf mein Ziel. Sein Blick verrät nichts (aber auch gar nichts) und ich schieße ein weiteres Mal und wieder treffe ich die Mitte. Dann kneife ich ein Auge zusammen und suche ein neues Ziel. Ich hebe meine Hände langsam nach oben und versuche mein Zittern einzustellen, damit ich diesen Schuss nicht versage, wie die ersten drei. Ich habe sowieso nur noch einen Schuss in der Pistole übrig und diesen will ich nutzen, um ihm zu zeigen, dass ich das Zeug dazu habe ein guter Assassin zu werden – wie er.

Als ich abdrücke, fliegt die Kugel mitten durch die Mitte des Kopfes und ich lächele triumphierend auf. Als ich mich umdrehe, nickt er nur, ohne irgendein Gefühl im Gesicht zu zeigen und reißt mir stattdessen die Pistole aus der Hand. Dann gibt er mir eine andere und geht zu den Computern und öffnet per Knopfdruck die Luke der Glaszelle.

„Töte alle.", sagt er.

Ungern steige ich in die Glaszelle ein und nachdem sich die Luke hinter mir schließt, und der weibliche Computer wieder die Konstruktion meiner neuen Welt aufsagt, lande ich in einer Gasse, einer herabgeregnete Gegend. Es ist dunkel, schwül und es roch widerlich. Ich bin von drei Seiten umgeben von Hochhäusern und in nächster Nähe erblicke ich Mülltonnen und Container, was den Gestank erklärt.

„Feine hinzufügen."

Ich starre um mich herum und erblicke Männer, die ich nicht kenne. Einige stehen auf der Etage über mir und starren zu mir herunter, einige sind vor meiner Nase.

„Schwierigkeitsgrad auf ‚Normal' eingestuft."

Ich schließe meine Augen und denke über das Training mit dem Winter Soldier. Sechs Schüsse. Sechs Feinde. Und nur eine Chance.

Und dann schießen sie alle auf mich ein. Dem Mann vor meiner Nase schieße ich in die Brust, laufe auf ihn zu, halte ihn zum Schutz vor mir und schieße auf das Hochhaus zwei Etagen über mir zwei weitere Feinde in den Kopf, welche sofort umfallen. Etwas gerade aus, weiter rechts von mir, steht noch jemand, der gerade damit beschäftigt ist, seine Waffe zu laden. Ich lasse den Mann vor mir fallen und strecke meine rechte Hand zum Schießen bereit, als ich am Handgelenk gestreift werde und ich augenblicklich einen brennenden Schmerz spüre. Ich schreie etwas auf und versuche, den Schmerz zu vergessen, doch es klappt nur schwer. Dann laufe ich auf die andere Seite und decke mich hinter einem Container. Dabei schieße ich den Mann ab, dem ich den Schmerz zu verdanken habe und wenige Millisekunden später den anderen neben ihm. Ich habe jetzt fünf Menschen in fünf Schüsse getötet und es fehlt jetzt nur noch einer.

Es wird augenblicklich still, sodass das Lauteste, was ich hören kann, mein eigener Atem ist. Plötzlich höre ich ein Piepsen neben mir und, als ich nach unten schaue, erblicke ich eine Granate. Ich weite meine Augen so weit aus, wie es geht.

Der letzte Mann, welcher oben auf der Terrasse steht, schaut zu mir nach unten und ich würde zu gerne wissen, wie er wirklich aussieht, aber die Maske verhindert das.

Ich springe über den Container hinweg und klettere schnell die Leiter hoch, als hinter mir der gesamte Container und ein Stück des Gebäudes durch die Explosion zusammenfällt und ich die Hitze des Feuers auf meinem Rücken spüre. Als ich oben ankomme, erblicke ich den Mann, der keine Pistole bei sich hat, was ein Grund ist, dass er nicht auf mich schießt. Aber leider hat er viele Messer bei sich und schießt alle einer nach dem anderen zu mir. Dann kommen mir die Tricks wieder in den Sinn, die mir der Winter Soldier gegeben hat, als wir das Ausweichen geübt haben. Ihm auszuweichen und ihn dabei zu nähern ist schwer, aber ich weiß, dass das irgendwann mal kommen wird. Ich ducke mich und rutsche über den harten Boden, was etwas schmerzt. Als ich etwas zu nahe an meinem Feind bin, drückt er mich mit gegen das Gelände, wobei ich ihn zu fassen bekomme und wir beide vier Meter nach unten zu Boden falle und wir wieder in der Gasse stehen. Es schmerzt, aber ich vergesse diesen Schmerz, da er genau auf mir liegt und versucht das Messer in mein Gesicht zu stechen. Ich halte seine Hand so fest ich kann und es ist der Kampf, der entscheidet, wer der Stärkere von uns beiden ist.

Als mir jedoch klar wird, dass er gewinnen wird, drehe ich meinen Kopf auf die rechte Seite, sodass das Messer neben meinen Hals auf den Boden knirscht. So nehme ich die Gelegenheit, schlage ihm mit meinem Ellenbogen ins Gesicht, sodass er von mir runter geht, laufe auf meine Pistole zu und schieße ihm in den Kopf.

Sein Blick ruht auf mir und, als ich das Loch in seinem Stirnlappen entdecke und es zu bluten beginnt, fällt er auf die Knie und schließlich auf sein Gesicht. Tot. Ich habe alle sechs Feinde mit sechs Schüssen erledigt. Als die Welt rund um mich herum verschwindet und ich den Winter Soldier erblicke, sagt er nichts. Er verlässt die Halle und lässt mich alleine zurück.

Ist er stolz auf mich?

The Assassin: OblivionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt