Kapitel 12:

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Drei Wochen sind schon vergangen – glaube ich jedenfalls - seitdem ich hier bin. Es ist viel in den letzten Tagen passiert und ich habe mich im Training ziemlich gebessert. Ich fühle mich schon wie ein Naturtalent im Ausweichen und mit Pistolen umgehen kann ich jetzt auch, aber ich habe da noch so meine Probleme mit dem Zuschlagen und Messerwerfen.

Die Beziehung zu mir und dem Winter Soldier ist wie seit dem ersten Tag so wie immer und er redet weiterhin überhaupt nicht viel. Alexander Pierce hat sich seit fast zwei Wochen nicht mehr blicken gelassen und ich habe keinen blassen Schimmer, wo er sein könnte. Und jedes verdammte Mal, wenn ich in den Fluren an Rumlow vorbei gehe, grinst dieser mich so an, was mich ziemlich nervt. Aber immerhin zickt er nicht mehr so rum, wie in den ersten Tagen.

Es ist noch zu früh, als ich aufwache, aber einschlafen kann ich nicht mehr. Also stehe ich auf und mache meine morgendliche Routine: Duschen, Zähne putzen, Uniform anziehen und mein Zimmer verlassen. In der Trainingshalle ist natürlich niemand, denn das Training beginnt erst in einer Stunde. Da ich weiß, dass ich mit einigen Dingen Probleme habe, nehme ich mir diese vor, bevor der Winter Soldier kommt.

Ich weiß nicht, ob ich ihn damit nerve, dass ich einige Sachen langsamer lerne, aber er seufzt oder verdreht auch nie seine Augen, wenn ich etwas falsch gemacht habe. Er gibt mir immer wieder eine Chance mich zu bessern und ich muss sagen, als mein persönlicher Coach ist der Beste, den man sich vorstellen kann, auch wenn man nichts als seinen Namen von ihm weiß. Ich boxe etwas auf dem Boxsack und versuche wieder, mein verdammtes, rechtes Bein nach hinten zu versetzen und meine Arme nie zu senken. Aber mir fällt das nie so richtig auf, wenn ich es tue. Dafür brauch ich meinen Trainer.

Nach etwa zwanzig Minuten ohne Pause und aufgewärmt, beginne ich langsam zu schwitzen, aber lasse es hinter mich ergehen und boxe weiter. Plötzlich spüre ich eine warme Hand an meiner rechten und eine eiskalte Hand an meiner linken Taille. Die Hände setzen sich fest wie eine Zecke an mich fest und drücken meinen Oberkörper zusammen, sodass ich meinen Bauch einziehe.

„Dein Körper soll versteift bleiben und deine Arme etwas höher, damit dein Gegner mehr Schmerzen abbekommt und du weniger Kraft verbrauchst."

Nach diesem Satz versuche ich meine Erschrockenheit zu verstecken. Ich drehe mich um und mustere den Winter Soldier. Sein Kopf war so nahe wie noch nie an meinem und er starrt mir genau in die Augen. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich weiß nicht, wie lange wir uns anstarren, aber dann unterbricht er unseren Augenkontakt und lässt stattdessen seine Hände von meiner Taille los. Dann geht er zu den Computern und stellt schonmal die Glaszelle für mich ein.

Ich kam völlig aus der Konzentration und ich habe tausend Gründe dafür. Erstens, dass er mich angefasst hat, was er noch nie getan hat. Zweitens, dass unsere Köpfe ziemlich nahe waren und drittens, dass es der längste Satz war, den er zu mir gesagt hat. Viertens, er sieht verdammt gut aus.

„Konstruktion biologischer Welt wird ergänzt."

Ich versuche weiterzuboxen, aber da ich weiß, dass meine Füße und Arme wieder nicht in der richtigen Position sind, gebe ich es schnell wieder auf.

„Feinde hinzufügen."

„Schwierigkeitsgrad auf 'Sehr schwer' eingestuft."

In den vergangen drei Wochen habe ich mit „Normal" und „Schwer" geübt, aber noch nie mit „Sehr schwer". Ich bin mir nicht mal sicher, ob es überhaupt ein „Leicht" gibt.

Als ich in die Glaszelle einschreite und sich die Luke hinter mir schließt, stehe ich in mitten in einer zertrümmerten Stadt. Hochhäuser, deren Dächer und viele Etagen einfach verschwunden sind, Autos, die brennen und quer über der Straße liegen, der Geruch von verbranntem Fleisch und die Leichen. So viele Leichen überall so weit das Auge reicht. Wieso hat er mir keine Waffe gegeben? Sonst tat er es in den letzten Besuchen dieser Zelle immer, aber jetzt? Immer noch liebt er es mich leiden zu sehen und ich glaube so langsam wird es zu seinem Hobby.

Ich gehe langsam voran und schaue jede paar Sekunden nach hinten. Mit jedem Schritt bekomme ich mehr Angst und weiß nicht, wo meine Feinde sind. Ich bin mir aber sicher, dass sie mich bereits beobachten. Als ich einen Hydra Soldaten tot auf dem Boden sehen liege, nehme ich seine Waffen: zwei Bomben, ein stumpfes Messer, eine Pistole, die noch einige Kugeln hat und ein Schwert, das ich mir in meine Rückenscheide lege. Als ich weitergehe und eine Ampel entdecke, die immer wieder nur das rote andeutet, seufze ich laut auf.

Plötzlich explodieren mehrere Bomben vor und hinter mir und ich suche mir so schnell ich kann Schutz hinter einem umgekippten Auto. Dann kommen von weitem feindliche Soldaten – vielleicht zwanzig Stück oder mehr, aber definitiv zu viele für mich. Als ich deren Logo auf der Brust entdecke, kommt es mir etwas bekannt vor. Es sieht wie ein Adler aus und mit jedem Schritt, den sie tun, wird das Logo deutlicher. Ich nehme die Pistole in der Hand, entsichere sie und schieße die Soldaten in der ersten Reihe ab und so entdecken sie mich.

„Unterstützung hinzufügen."

Unterstützung? Denkt der Winter Soldier wirklich, ich brauche Unterstützung? Als sich hinter mir etwa zehn Soldaten in Hydra-Uniformen bilden und zu mir geselle, entsteht ein Blutbad zwischen den Feinden und Hydra. Viele der feindliche Soldaten sterben, aber leider auch einige von mir, sodass ich sie schnell zähle und meine Finger nur noch sechs zeigten. Als ich Schüsse aus einer anderen Richtung höre, sehe ich, dass im Gebäude vor uns feindliche Soldaten vom Dach aus auf uns schießen. Scharfschützen. Aber sie müssen damit rechnen, dass da auch zurückgeschossen wird.

Als die Soldaten auf den Straßen beseitigt sind, laufe ich hinter das Auto hervor und renne so schnell ich kann die wenigen Meter über die Straße zum Eingang des Gebäudes, wobei meine Soldaten mir helfen.

„Gebäude stürmen, los!", schreie ich sie an, lasse sie vor und schaue, ob uns jemand gefolgt ist.

„Aufs Dach und Feinde ausschalten!", schreit einer der Soldaten.

Als wir in ein vermodertes Treppenhaus gelangen und dieses schnell hochrennen, werden wir wieder unter Beschuss genommen. Als wir fast ganz oben ankommen, verlieren zwei Soldaten ihr Leben, wobei sich die anderen Soldaten gegen die Mauer lehnen und so weiter hochrannen. Ich schieße ich einigen Soldaten in den Kopf und folge den anderen dann.

Als wir oben ankommen, töteen wir alle restlichen Feinde wobei die letzten meiner Soldaten selbst getötet worden sind und ich wieder alleine bin. Ich glaube, dass das geplant war. Ich sehe von hier aus nicht viel, da es nur ein Gebäude ist und kein Hochhaus. Als ich zur Kante des Daches laufe, entdecke ich unten auf den Straßen Autos, lange Lastwagen mit der Verzeichnung, dass sie Sprengstoff liefern und alle wieder mit diesem Adler-Logo. Es zerbricht mir fast den Kopf, dass ich es von irgendwoher kenne, aber nicht draufkomme, von wo. Vor, hinter und neben den Fortbewegungsmitteln marschieren über drei Dutzend feindliche Soldaten nebeneinander und durcheinander vorbei. Die Autos und die Lastwagen fahren so langsam, vielleicht auf 10 PS, dass ich zum Nachdenken komme und schnellstens eine Idee brauche, um diese Mission zu beenden. Wenn sie mich entdecken, bin ich geliefert, denn der Winter Soldier würde mir bestimmt keine Unterstützung mehr geben.

Als ich die Bombe entdecke, die um meine Taille hängt, nehme ich diese heraus, stelle sie scharf und schmeiße sie gegen einen Lastwagen mit Sprengstoff. Drei Sekunden später entsteht die größte Explosion, die ich je gesehen habe. Der Druck ist so groß, dass vor allem ich, zehn Meter über der Straße, nach hinten geschleudert werde. Die Flammen steigen soweit hoch in die Höhe, sodass ich noch weiter weg von der Kante wegrennen muss, damit ich nicht gegrillt werde. Als schwarzer Rauch langsam nach der Explosion aufsteigt und ich nach einer Weile zur Kante schlendere, entdecke ich die explodierten Wagen und die verbrannten Laichen, die vermischt mit deren Blut und Innereien auf der Straße liegen.

Dann stehe ich nicht mehr auf dem Dach des Gebäude, sondern wieder in der Glaszelle im Nirgendwo.

„Gut.", lobt der Winter Solider mich.

Es ist das erste Mal, dass er das tat – oder gesagt hat. Heute ist wohl ein sehr seltsamer Tag, dass es so viel Neues von ihm zu sehen gibt. Aber als sich sein Mundwinkel zu einem winzig kleinem Lächeln formt, lächele ich etwas zurück. Aber dann verschwindet es.

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