fifteen

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Seoyeon stand neben mir und drückte das bereits dritte Glas Champagner in meine Hand. Das mein Kopf bereits knallrot war, bemerkte ich gar nicht. Doch eins spürte ich ganz genau.

Schweiß.
Musik.
Licht.

Diese drei Faktoren waren auch die ersten gewesen, die mich trafen. Ich wollte anfangs wieder raus, aber Seoyeon zog mich mit hinein. "Schätzchen", hatte er belustigt gesagt, "du bist meine beste Freundin. Ich werde dir schon nichts tun, wenn du besoffen bist. Ebenso wie ich."
Dieser Scherz war überflüssig gewesen, da er jetzt die ganze Zeit an mir klebte. Wieso hatte ich aber auch so einen kurzen Rock angezogen?
Vielleicht nur, weil es eine typische Party war, auf der so gut wie jeder abgeschleppt wurde. "Hey Süße, du bist dran", raunte Seoyeon mir ins Ohr. Er war schon längst nicht mehr mein bester Freund, sondern hatte eher die Rolle eines Liebhabers angenommen. Aber der Alkohol zerstörte so viele Zellen in meinem Hirn, dass ich selbst das als normal empfand. Vor uns stand ein Tisch. In der Mitte eine silberne Stange, die in den Laserstrahlen und lila Licht angenehm glitzerte. Vorsichtig stieg ich auf den Tisch, damit die hohen Absätze unter mir nicht wegknickten. Als ich oben stand und meinen Rock ein Stück nach unten zog, pfiff jemand. Es war schon wieder Seoyeon. "Süße, lass uns doch heute so wie wir zusammen her sind auch nach Hause gehen", lallte er und sah mich mit lüsternem Blick an. So benebelt wie ich war lachte ich nur kurz und strich eine Strähne hinter mein Ohr, ehe ich die Stange vor mir als Tanzpartner nahm. Doch da wusste ich nicht, wer mich die ganze Zeit schon beobachtete...

Seufzend beobachtete ich das Mädchen auf dem Tisch. Wieso machte sie das nur? Irgendein ekliger, alter Kerl könnte sonst was mit ihr anstellen, aber nein. Sie tanzte trotzdem.
"Wollen Sie etwas zu trinken haben?", fragte ein Mann hinter der Theke, an der ich mich mit den Armen abstützte. Die Kapuze des Hoodies hing tief in meinem Gesicht, damit niemand mich erkannte. "Nein, danke", lehnte ich mit verstellter Stimme ab und beobachtete sie dann weiterhin. Plötzlich griff ihr Freund nach ihrem Hintern und mir wurde es zu viel. Man musste sie wegschaffen.
Mit schnellen Schritten lief ich durch die Menschenmenge zu dem Tisch und legte ein paar Scheine auf den Tisch, ehe ich kurz zu ihr aufsah. "Die ganze Nacht", grollte ich. Erst sah sie verwirrt aus, hüpfte dann aber lächelnd zu mir und stieg ungeschickt vom Tisch. Ich konnte dabei kaum hinsehen, so wacklig war sie auf den Beinen. Also griff ich schnell nach ihrem Rücken, hielt sie dicht an mich und trug sie aus dem Club. Die frische Luft tat gut, der Gegensatz zu diesem stickigen, grellen Ding hinter mir war riesig. Es war zwar alles erleuchtet, aber die Straßenlaternen standen mit weitem Abstand. Seufzend trug ich sie also den weiten Weg zu mir. Wieso tat ich das? Warum wollte ich sie unbedingt beschützen? Wieso verdammt, dieses Mädchen ist fast erwachsen!
Egal. Als sie den Kopf zu mir drehte verstand ich, dass sie tiefer ins Glas gesehen hatte, als ich dachte. Augenrollend lief ich weiter. "Wiee heift'n duuuu?", fragte sie und tippte grinsend gegen meine Brust. "Unwichtig", antwortete ich knapp und schob sie wieder näher an mich. Irgendwie war der Weg bis jetzt schneller vergegangen. Wahrscheinlich, weil ich fast rannte. Wohl oder übel musste ich sie mit in mein Zimmer nehmen. Na super. Auf dem Boden schlafen, dachte ich mir und knurrte leise. Sie konnte mir solchen Ärger einbrocken!
Als wir dann endlich in dem Dorm kamen, hielt ich ihren Mund so lange zu, bis wir in meinem Zimmer waren. Die Wände waren zwar nicht die Dicksten, aber wenn sie etwas sagen würde, wäre es nicht so laut. Sanft legte ich das Mädchen auf mein Bett, zog ihr die alten, verschwitzten Sachen aus und gab ihr meine Klamotten. Eine graue Jogginghose und ein schwarzes, viel zu großes Shirt. Scheiß drauf.
Ich wollte ihr gerade die Tasche wegnehmen und neben das Bett stellen, als sie die Augen öffnete und mich am Kragen zu ihr zog. Angewiedert verzog ich das Gesicht und patschte ihre Hände weg. Traurig sah sie mich an. "Mach das, wenn du nüchtern bist", sagte ich streng und holte noch ein Glas und Tabletten, die ich auf den niedrigen Nachttisch stellte, auf den ich auch ihr Handy legte. Danach nahm ich meine Bettdecke, einen Schlafsack und baute mir ein provisorisches Bett. Morgen Früh musste ich zum Dreh, aber bis dahin würde sie schon längst bemerkt haben, dass sie nicht zu Hause war. Unruhig schlief ich letzendlich auch ein und schlug im Schlaf ausversehen mit dem Kopf gegen meinen Schrank.

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